Berlin. Kurz vor dem Parteikonvent der SPD zum europäisch-kanadischen Freihandelsabkommen Ceta am Montag haben Union und Linke die Politik von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) kritisiert. Der CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Volker Kauder bemängelte Gabriels Positionierung zu dem europäisch-amerikanischen Abkommen TTIP, das dieser kürzlich als "de facto gescheitert" erklärt hatte. "Völlig inakzeptabel ist, dass der Wirtschaftsminister die Verhandlungen der EU mit den USA jetzt schon abschreibt, obwohl beide Seiten noch hart um die Durchsetzung ihrer Vorstellungen ringen", sagte Kauder der "Welt am Sonntag".
Er fügte hinzu: "Das Ergebnis kann man erst beurteilen, wenn das Gesamtpaket auf dem Tisch liegt." Kauder stellte sich klar hinter beide Abkommen. "Natürlich lohnt es sich, für TTIP und Ceta zu kämpfen. Die deutsche Wirtschaft lebt vom Export, unser Wohlstand beruht zu einem großen Teil auf Außenhandel und internationalen Investitionen", sagte er. Es gehe aber auch darum, "dass die EU gemeinsam mit den USA und Kanada auf den globalen Märkten Maßstäbe setzt für Gesundheit und Umwelt, für Verbraucher- und Arbeitsschutz". Wenn es nicht gelinge, "unsere hohen Schutzstandards festzuschreiben, dann werden die aufstrebenden asiatischen Staaten die Normen setzen und die Latte höchstwahrscheinlich niedriger hängen", sagte der Unions-Fraktionschef.
Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch warf Gabriel vor, er stehe "auf der Seite der Konzerne" und ignoriere den Protest gegen die Freihandelsabkommen. "Der SPD-Vorsitzende sollte auf der Seite der Demokratie, nicht auf der der Konzerne stehen", sagte Bartsch der "Welt am Sonntag". Er fügte hinzu: "Das außerparlamentarische Engagement von Zehntausenden zu ignorieren, hat der SPD noch nie gut getan." Dass sich "ein SPD-Vorsitzender bei der Frage von mehr privatkapitalistischer Macht versus öffentlicher Macht, was der politische Kern von TTIP und Ceta ist, auf die Seite der privatkapitalistischen Macht stellt, war bis jetzt undenkbar", sagte Bartsch. +++
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Was die TTIP-Verhandlungen betrifft wäre allein die Tatsache, dass sich die USA aufgrund ihrer NSA-Aktivitäten einen unfairen Verhandlungsvorteil bei den Freihandelsabkommen (TTIP, TISA, ...) verschafft hatte, schon Grund genug, diese Verhandlungen erst mal auf Eis zu legen. Darüberhinaus sollte bekannt sein, dass die USA die meisten der internationalen Arbeits-, Umwelt- und Arbeitsschutzabkommen bis heute nicht ratifiziert hat, diese also offensichtlich zur Disposition stehen würden. Ganz abgesehen von nicht harmonisierbaren Regulierungsansätzen, z.B. bei chemischen Stoffen, zwischen der EU und den USA!
Auch Lammert (CDU) hatte Recht mit seiner ablehnenden Haltung ebenso wie Ramsauer (CSU) bei der Verteidigung von Gabriels TTIP-Politik. Und die Kanzlerin liegt mit ihrem Pro-TTIP/CETA-Kurs wieder mal daneben! Ihre kürzliche, wenn auch bescheidene, Selbstkritik zu ihrer Flüchtlingspolitik wäre auch bei ihrer TTIP-Politik angebracht. Letzteres gilt auch für Kauder (CDU), der Gabriel bzgl. TTIP mangelnden Weitblick vorgeworfen hat. Offensichtlich fehlt der Union hier in Anbetracht ihres Schlingerkurses der Durchblick!
Ja, mittlerweile wendet sich selbst die künftige Führung der USA (Clinton, Trump) von globalen Handelsvereinbarungen wie TTIP ab!
Verkehrte Welt?
http://youtu.be/QqoSPmtOYc8
Und im übrigen: nach der Wahl ist vor der Wahl:
http://youtu.be/0zSclA_zqK4
Und was sagen unsere Bundestagsabgeordneten dazu?
http://youtu.be/QGOx8I0COYg
PS: 1. Was die angebliche Transparenz anbelangt: Bisher hat die EU nur einige ihrer eigenen Verhandlungsangebote ins Internet gestellt, nicht aber die Angebote der Amerikaner und gemeinsame Texte, die den Stand der Gespräche zusammenfassen (Dank an Greenpeace!).
Die Bundestagsabgeordneten dürfen mittlerweile - mit unzumutbaren Einschränkungen - die Texte im Wirtschaftsministerium einsehen. Und dabei kam u.a. heraus: die EU-Kommission vernebelte den Verhandlungsstand bei kritischen Punkten wie z.B. den Schiedsgerichten zum Investorenschutz!
Ein (T)Tip an die MdBs: Fragt doch mal beim BND nach! Oder lest die geheimen Auszüge in der SZ. Noch Fragen?
2. Was die SPD und Gabriel anbelangt, so eiern diese bei dem Thema TTIP etc. herum. Seehofer hat die Schiedsgerichte zum Investorenschutz unter Vorbehalt gestellt: "nicht tragbar". Das hätte ich so von Gabriel erwartet! Stattdessen: mal uneingeschränkt dafür, mal rote Linien, mal keine privaten Schiedsgerichte; mal Handelsgerichtshöfe ... was gilt denn jetzt? Für oder gegen Paralleljustiz? Für oder gegen eine undemokratische regulatorische Kooperation? Für oder gegen das bewährte, verbraucherfreundliche Vorsorgeprinzip?
3. Deutschland ist auch ohne TTIP Exportweltmeister geworden!
4 Wer traut den Europäern zu, ein konsistentes, die europäischen Interessen berücksichtigendes, verbindliches Vertragswerk auszuhandeln, wo doch bisher offensichtlich nicht einmal konsistente und verbindliche EU-interne Regelungen z.B. in der Flüchtlingsfrage, bei der Staatsveschuldungsfrage, geschweige denn eine europäische Verfassung zustandegekommen sind?
5. Und wer traut den Zusagen der Politik, wenn es um die Beteiligung der nationalen Parlamente geht? Hat doch die EU-Kommission beim Glyphosat-Thema allen die weitere Zulassung nicht befürwortenden Abstimmungen (vier!) zum Trotz die Zulassung verlängert, ohne dass z.B. die deutsche Regierung dies verhindert hätte! Und bei Ceta ist ja auch schon von einem "vorläufigen Inkrafttreten" die Rede! Demokratische Entscheidungsprozesse lassen grüßen!
Und unsere Regierung führt uns "hinter die Fichte", wenn sie sich hinter die Entscheidungen der EU versteckt, obwohl sie durchaus einschreiten könnte!
6. Solange insbesondere die europäischen Institutionen nach wie vor dem, wie selbst der in dieser Frage offensichtlich geläuterte Seehofer mittlerweile erkennt, "neoliberalen Irrweg" folgen, sollten sämtliche Aktivitäten, die diesen Irrweg weiter verfolgen, gestoppt werden!
7. Und solange der EUGH in der Frage der deutschen Mitbestimmung nicht entschieden hat, ob diese zu den EU-Regelungen passt, sollten die Errungenschaften der deutschen Arbeitnehmer, Verbraucher, Naturschützer,... nicht weiter verscherbelt werden!