
Für einen erfolgreichen Kampf gegen Rechtsextremismus und Rechtspopulismus muss die schwarz-rote Regierungskoalition in Berlin nach Ansicht des rheinland-pfälzischen CDU-Landeschefs Gordon Schnieder geräuschloser arbeiten. "Nur mit guter und verlässlicher Politik können wir der AfD ihren Nährboden entziehen", sagte er dem "Tagesspiegel". "Die öffentliche Zankerei muss ein Ende haben."
In der Umsetzung des Koalitionsvertrags dürfe "nicht jedes Thema nochmals von den Fraktionen infrage gestellt werden", so Schnieder. Dies mache das Vertrauen kaputt, das die Wähler in die regierungstragenden Parteien haben müssten. Das Ringen um einen Kompromiss gehöre zur Demokratie, "Streit auf offener Bühne aber schadet uns immens". Der CDU-Spitzenkandidat für die rheinland-pfälzische Landtagswahl im März wünscht sich zudem "Verlässlichkeit von der Bundesregierung". Wer geringere Stromsteuern für alle ankündige, dürfe am Ende nicht günstigere Energie für wenige beschließen - "sonst werde ich unglaubwürdig".
Schnieder rief seine Partei auf, in die Diskussion mit enttäuschten Wählern zu gehen. Sie sollte "aber ihnen auch klarmachen, dass unsere Wahlkampfversprechen weder gelogen noch geheuchelt waren". Vielleicht habe die CDU, "zu wenig die Selbstverständlichkeit betont, dass unser Programm mit weniger als 50 Prozent der Parlamentssitze nicht eins zu eins umsetzbar ist". Eine Koalition müsse "Kompromisse erarbeiten, die das Land trotzdem nach vorn bringen. So ist die Bundesrepublik groß geworden".
Abgeordnete arbeiten an einem neuen Anlauf für AfD-Verbot
Mehrere Bundestagsabgeordnete arbeiten parteiübergreifend an neuen Initiativen für ein AfD-Verbotsverfahren. "Ich setze mich seit Jahren für die Einleitung eines Verfahrens zur Feststellung der Verfassungswidrigkeit der AfD gemäß Artikel 21 des Grundgesetzes ein", sagte die SPD-Politikerin Carmen Wegge der "Rheinischen Post". "Der nächste Schritt sollte nun darin bestehen, unabhängig und mit höchster juristischer Sorgfalt Belege zu sammeln und die Erfolgsaussichten eines Antrags prüfen zu lassen."
Wegge erklärte, dass ein konkreter Zeitpunkt noch nicht feststehe, "da zunächst die rechtliche Substanz und Solidität der Beweisgrundlage entscheidend sind". Man trete aber "dafür ein, dass diese Prüfung zügig, gründlich und im Schulterschluss aller demokratischen Kräfte erfolgt", sagte sie. "Denn der Schutz unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung duldet keinen Aufschub."
Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Fraktion, Irene Mihalic, erläuterte, man habe "den anderen demokratischen Fraktionen Anfang September einen Weg vorgeschlagen, wie wir die Vorbereitung eines möglichen Antrags zur Überprüfung eines AfD-Verbots auf die Schiene setzen können". Trotz der noch abwartenden Haltung der Union wünsche man sich immer noch, "diesen gemeinsamen Weg mit den demokratischen Fraktionen gehen zu können", so Mihalic.
"Die AfD ist nicht nur deshalb gefährlich, weil sie in ihrer Programmatik eine Art Gegenerzählung zum Grundgesetz darstellt. Besonders besorgniserregend ist auch ihre Nähe zu autokratischen Staaten wie China und Russland", sagte die Grünen-Politikerin. "Wir müssen davon ausgehen, dass die AfD ein trojanisches Pferd Putins ist und als solches in den Parlamenten von Bund und Ländern ein erhebliches Sicherheitsrisiko darstellt."
Der Bundestagsabgeordnete der SSW-Minderheitenpartei, Stefan Seidler, sieht die Christdemokraten in der Verantwortung. "Solange sich die Union nicht mehr auf uns zubewegt, wird es schwierig, eine Mehrheit für einen solchen Antrag im Parlament zu bekommen. Aber wir arbeiten daran", sagte Seidler.
"Ein AfD-Verbotsverfahren muss sofort angegangen werden. Die Zeit drängt. Wenn wir es jetzt nicht machen, kommen wir immer näher an einen Wahltermin", mahnte der SSW-Politiker. "Dann sind wir wieder im Wahlkampf und es wird deutlich schwieriger. Vor der Bundestagswahl im Februar haben wir erlebt, was da passieren kann: Da werden etwa Berichte des Bundesverfassungsschutzes plötzlich zurückgehalten, obwohl die eigentlich schon fertig in der Schublade liegen."
Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind nach Artikel 21 des Grundgesetzes verfassungswidrig. Über die Frage der Verfassungswidrigkeit entscheidet das Bundesverfassungsgericht. +++
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