Brantner attackiert vor Schuldenpaket-Abstimmung Söder und Merz

Bundeshaushalt

Grünen-Chefin Franziska Brantner hat vor der am Dienstag stattfindenden Abstimmung im Bundestag über die drei Grundgesetzänderungen zur Schuldenaufnahme CDU-Chef Friedrich Merz und CSU-Chef Markus Söder angegriffen. "Es ging uns nicht um Befindlichkeiten, sondern um unser Land. Aber offensichtlich hatte Markus Söder als Spitzenpopulist eine andere Kinderstube als ich. Ich erinnere daran, dass er noch im Januar 2022 zur Einschätzung kam, Putin sei kein Feind Europas. Was für ein Irrläufer deutscher Politik", sagte Brantner den Zeitungen der Mediengruppe Bayern.

Friedrich Merz warf sie beunruhigendes Verhalten vor. "Man kann zwei Annahmen treffen: Entweder hat Friedrich Merz wirklich geglaubt, man könne mit einem Zauberstab unsere Verteidigung und Infrastruktur auf Vordermann bringen, ohne massive zusätzliche Mittel. Dann wäre seine Analysefähigkeit mangelhaft. Oder er wusste es monatelang besser, hat es aber aus wahltaktischen Gründen bekämpft, um Kanzler zu werden. Beides ist irritierend und beunruhigend." Brantner gab sich dennoch zuversichtlich, dass die Grünen am Dienstag geschlossen abstimmen werden. "Unsere Fraktion ist sehr positiv gestimmt, denn wir konnten unsere zentralen Punkte durchsetzen: finanzielle Solidität, Hilfe für die Ukraine, einen erweiterten, modernen Sicherheitsbegriff und Klimaschutz."

Die Grünen würden laut Brantner genau darüber wachen, wie das Geld aus dem Klima- und Transformationsfonds durch die "Kleiko" ausgeben werde. "Es waren CDU, CSU und SPD, die in der Groko Klimaneutralität 2045 beschlossen haben - dann aber nichts dafür getan haben. Wir werden nun genau hinsehen, ob die Kleiko sich auch wieder in Ausreden flüchtet. An mangelndem Geld für Klimaschutz wird es jedenfalls nicht scheitern."

SPD rechnet mit Fortschritt über Jahrzehnte durch neues Finanzpaket

Die SPD traut dem neuen milliardenschweren Finanzpaket zu, über Jahrzehnte einen Fortschritt für Deutschland zu bringen. "Das Paket ist ein kraftvoller Anschub für Deutschland und Europa, es hat das Potenzial, unser Land für die nächsten Jahre, vielleicht Jahrzehnte nach vorne zu bringen", sagte SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese der "Rheinischen Post". "Bereits im Wahlkampf vor Ort habe ich immer wieder betont, dass das starre Festhalten an der Schuldenbremse den großen Herausforderungen, die vor uns liegen, nicht gerecht wird." Denn die Lösungen müssten so groß sein wie die Aufgaben. "Gut, dass nun auch andere zu dieser Einsicht gekommen sind. Unser Land muss aufgrund der sicherheitspolitischen Lage breit in Sicherheit und Infrastruktur investieren", so Wiese weiter.

SPD-Chefhaushälter Dennis Rohde pocht derweil auf eine zielgenaue und zügige Verwendung der Milliardenmittel aus dem neuen Finanzpaket. "Die Reform der Schuldenbremse ist kein politischer Selbstzweck der Parteien, wir wollen damit dringend notwendige Investitionen in unsere Infrastruktur und den Klimaschutz verwirklichen und gleichzeitig unsere Verteidigungsfähigkeit entscheidend ausbauen", sagte Rohde der "Rheinischen Post". "Unsere Aufgabe wird sein, dass wir das Geld schnell und zielgenau auf die Straße bringen. Das wird eine nationale Kraftanstrengung", so der SPD-Politiker. "Die politische Mitte hat einen sehr guten Kompromiss gefunden, den ich so vor einigen Wochen nicht für möglich gehalten habe. Alle sollten sich nun ihrer Verantwortung für unser Land am Dienstag bewusst sein."

Grünen-Chefhaushälter Sven-Christian Kindler zeigte sich unterdessen vor seinem Ausscheiden aus dem Bundestag zufrieden mit der Einigung auf das milliardenschwere Finanzpaket. "Ich freue mich, dass ich in der Schlussrunde meines Mandats in den Verhandlungen mit meinen Fraktionschefinnen diese Grundgesetzänderungen noch maßgeblich verbessern konnte", sagte Kindler der "Rheinischen Post". "Wir haben zusätzliche Investitionen in Infrastruktur und Klimaschutz durchgesetzt und teure Wahlgeschenke verhindert. Wir haben Investitionen für die Klimaneutralität 2045 im Grundgesetz verankert und viel Geld für die Zukunft unserer Kinder und Enkel abgesichert", so der Grünen-Politiker. Außerdem stärke man Frieden, Sicherheit und Verteidigung. Nicht nur bei der Bundeswehr, sondern auch bei der Cybersicherheit, im Zivilschutz und der Unterstützung der Ukraine. "Ich habe 16 Jahre im Bundestag die starre Schuldenbremse kritisiert." Er gehe "fest davon aus, dass der Bundestag und Bundesrat die vereinbarten Grundgesetzänderungen beschließen werden", so Kindler.

Grimm warnt vor politischer Unsicherheit durch Grundgesetzänderung

Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm kritisiert die geplanten Milliarden-Investitionen in den Klimaschutz und die Grundgesetzänderung zur Klimaneutralität scharf. "Deutschland braucht Strukturreformen, keine zusätzlichen Subventionen", sagte Grimm den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. "Wir haben mit dem Emissionshandel eine funktionsfähige Architektur für den Klimaschutz. Diese sollten wir stärken." Andere zusätzliche Maßnahmen würden nicht mehr Klimaschutz bringen, sagte die Wirtschaftswissenschaftlerin, "sondern verhindert letztlich, dass eine Neuorientierung in der Energie- und Klimapolitik stattfinden wird und die Energiewende kosteneffizient vorangetrieben wird". Grimm hob hervor: "Für den Standort ist das nicht gut."

Zugleich sieht die Wirtschaftsweise das Risiko, dass durch das Festschreiben der Klimaneutralität im Grundgesetz "nun von der Seitenlinie über Klagen beim Bundesverfassungsgericht" eine Klima-Strategie der neuen Regierung "ständig infrage gestellt werden könnte". Das steigere nur die "politische Unsicherheit".

Die Spitzen von Union, SPD und Grünen hatten sich Ende vergangener Woche auf ein hunderte Milliarden Euro schweres Finanzpaket für Verteidigung und Infrastruktur geeinigt. Bei den Verhandlungen erreichten die Grünen, dass 100 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen in den Klima- und Transformationsfonds (KTF) fließen sollen. Aus dem KTF wird insbesondere der klimafreundliche Umbau der deutschen Wirtschaft gefördert, aber auch weitere Klimaschutzmaßnahmen. Am Dienstag soll die Grundgesetzänderung im Bundestag beschlossen werden. +++


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