Sport trifft Weltklasse. Mitten in Fulda

Jonathan Groth

Grünwettersbach, diese Punkte müssen wir holen, wenn wir in die Playoffs wollen. Erst recht, wenn man deren Aufstellung sieht … Wirklich? So mancher hatte den Sieg fest eingeplant unter den Zuschauern in der Hubtex Arena. Und darüber hinaus. Die Punkte fischte sich der TTC RhönSprudel Fulda-Maberzell auch beim 3:2-Sieg. Doch es war eng. Sehr eng. Spannung wurde zum Selbstläufer. Dramatik kam um die Ecke und spitzte sich zu. Weltklasse-Ballwechsel zauberten die Spieler beider Mannschaften herbei. Kommen Sie doch einfach mit und erleben den Abend noch einmal im Stimmungsbad der Gefühle.

Gewohnt launig, fast ein wenig jovial präsentiert sich Michael Hodes bei seiner Anmoderation. Stets gibt er - im Gegensatz zu anderen - einem das Gefühl, sich nicht so wichtig zu nehmen. Angenehm sind Stimmung und Atmosphäre. Erst recht, wenn sich der Fanclub „RhönSprudel Power“ bemerkbar macht. Erstmals. Übrigens tritt Grünwettersbach ohne den Portugiesen Tiago Apolonia an, der, ebenso wie Ruwen Filus, beim WTTC Contender in London im Einsatz war.

Im Eröffnungseinzel trifft Jonathan Groth, Rückkehrer aus Dänemark, auf Tobias Hippler. Groth besticht durch sein Service - so, als wolle er den Ball beschwören. Und macht den ersten Punkt. Doch Hippler kontert trocken. Als würde Groth eine Anfeuerung benötigen, greift der Fanclub ins Geschehen ein. Die Worte gehen ins Mark. 8:5 für Groth im Ersten. 9:6. Trocken und resolut beendet er den ersten Durchgang. 11:7. Erste Beifallsstürme gibt es, als Groth mit bekannt offensiver und mutiger Ausrichtung den Zweiten beginnt. Doch Hippler bleibt dran. Jonathan Groth aber zeigt durch seine Präsenz und Interpretation des Spiels, dass er in Fulda angekommen ist. 8:2 und 9:3 liegt er im Zweiten vorn. Was ihn so stark macht: In vielen Situationen lässt er sich einfach nicht von der Platte drängen. Beim 10:5 hat er fünf Satzbälle. Auch mit 11:7 fischt er sich diesen Satz.

Im Dritten geht der Schuss nach hinten los. Hippler geht mit 5:3 in Front. Er ballt die Faust. Jetzt kommt Groth. Er dreht den Zwischenstand. 7:5. 8:5. Wieder hat er beim 10:5 fünf Satzbälle. Doch jetzt - auch das noch. Hippler kommt heran. Punkt für Punkt. Auch die „hey, hey, hey-Anfeuerungsrufe des Fanclubs nützen nichts. Dass es im Tischtennis ganz schnell geht - jetzt spürt man es. 10:10 steht es plötzlich. Beim 11:10 hat Hippler, der sechs Punkte in Folge gemacht hat, gar Satzball. Groth gleicht aus. Doch jetzt lässt er sich von der Platte zurückdrängen. Hippler schnappt sich den Dritten. Mit 13:11.

Im Vierten macht der Däne alles klar. Ein famoser Ballwechsel zum 4:2 ebnet ihm den Weg. Selbstverständnis macht sich breit bei Groths Auftreten. 5:2. Hippler indessen bleibt couragiert. Die kleine Abordnung aus Grünwettersbach erhebt sich. 7:7. Trotz allem. 8:7 für Groth. Entschlossen ist er jetzt, wo es zur Entscheidung geht. 10:7 - drei Matchbälle. Hippler wehrt sich weiter. 9:10. Und wieder kommt der Fanclub. Als hätte er kein Zuhause. Doch Groth kramt eine Vorhand herbei. 11:9. Er gewinnt 3:1. Und 1:0 für Fulda-Maberzell steht es.

Einzel Nummer zwei an diesem frühen Abend entwickelt sich zu einem kleinen Drama. Das Duell zwischen Fanbo Meng und dem Japaner Shinozuka ist eines zweier Linkshänder. Fanbo erwischt keinen guten Start im Ersten. 0:4. 1:6. 2:6. Ein bisschen Pech. Ein bisschen fehlende Körpersprache. Ein bisschen Position an der Platte. 3:7. 4:9. Fanbo hadert. Beim 10:4 hat Shinozuka sechs Satzbälle. Fanbo bleibt mutig. Bis auf 8:10 kommt er heran. Der Fanclub steht. Time-Out Grünwettersbach. Und 11:8 für den Japaner. Der Erste ist futsch aus Fanbos Sicht.

Der Zweite wird zum Nervenkitzel. Ganz Fulda steht jetzt hinter Fanbo Meng - so hat man den Eindruck. Hochklassige Ballwechsel nehmen jetzt Platz in der Hubtex Arena. Stimmung in der Hütte. Fanbo gerät in Rückstand. 4:7. 4:8. Aber er kämpft verbissen. Und er bleibt dran. 6:9 jetzt. Beim 9:9 ist er wieder im Geschäft. Und wie. Fulda steht auf. Im Herzen. 10:9 - Fanbo hat Satzball. Aber 10:10. Und wieder hat Shinozuka das bessere Ende. 12:10 im Zweiten. Doch Fanbo Meng weiß, woher er kommt. Er verwöhnt Fulda. Den Dritten hält er offen. 4:6. Und Time-Out Fulda. Von 7:7 über 8:8. Fanbo geht in Führung. Und dann, halten Sie sich fest: Mit einem begeisternden Ballwechsel holt sich der Fuldaer zwei Satzbälle. Gleich den ersten nutzt er. Und verkürzt auf 1:2 nach Sätzen.

Im Vierten geraten die Zuschauer aus dem Häuschen. Ein bedeutender Abend kündigt sich an. Nein, nichts falsch gemacht, hierher zu kommen in die Hubtex Arena. Auch wenn der Japaner von einem 2:2 bis auf 8:4 wegzieht. Fanbo schleicht sich heran. Bis auf 7:8. Doch dann ein Ball, der von der Netzkante ins Aus geht - 7:9. Noch einmal kommt Fanbo - 8:9, sein Mut zu einer trockenen Rückhand, die er nur blockt, wird belohnt. Doch beim 10:8 hat Shinozuka zwei Matchbälle. Der erste sitzt. Er siegt 3:1. Und im Gesamten steht es 1:1.

Jetzt aber kommt Dima. Und mit ihm zieht das ein: Ovtcharov ist wie immer fokussiert. Wild und geil auf die Punkte. Schaut man ihm in die Augen, sieht man das. Dieses Feuer, das nie erlischt. Er macht sein Ding - und besiegt den jungen Damian Floro in Dreien. Man kann die Uhr danach stellen, wann Dima die Punkte braucht - und sie auch macht. Seine Taktik umstellen muss. Obwohl sein junger Gegner beherzt wirkt. Bezeichnend ist es, wie Dima in einem Ballwechsel von Defensive und Bedrängnis in die Offensive übergeht. Im Dritten hat er beim 10:3 nicht weniger als sieben Matchbälle. Das ist beeindruckend. 3:0 für Ovtcharov. 2:1 für Fulda.

Doch der Abend ist noch lange nicht beendet. Wenn der Beweis für das Etikett „Krimi“ noch nicht angetreten ist - Jonathan Groth und Hiroto Shinozuka beweisen es. Es soll ein Duell über fünf Sätze werden. Und alle, die an Nervenschwäche leiden, sollten sich demnächst überlegen, in die Hubtex Arena zu kommen. Zunächst verläuft das Ding ausgeglichen im Ersten - Groth versucht indessen immer wieder, die Initiative an sich zu reißen. Von 4:4 stellt der Däne auf 6:4 und 7:5. Dann 8:7. Die Crunchtime hat längst begonnen. 8:8. 9:9. 10:9 für Shinozuka. Satzball. Den wehrt Groth ab. 10:10. Und er holt sich seinerseits den Satzball. Doch 11:11. Und das Wichtige: Der Däne bleibt initiativ. Der Lohn: 13:11 und Satz eins.

Hört jemand die Begeisterung? Wieder zieht ein Weltklasse-Ballwechsel alle in den Bann. Es sind Situationen, die das Herz berühren. Und sich freien Eintritt in die Seele verschaffen. Man spürt es an der Stille in der Halle, die nur von Jubelstürmen unterbrochen wird. Bestenfalls für Groth. Shinozuka aber geht in Führung. Mit 9:6. Groth verkürzt. Aber beim 10:7 hat der Japaner drei Satzbälle. Und schnappt sich den Zweiten. 1:1 nach Sätzen.

Im Dritten zeigt der Däne eine bessere Körpersprache. Basierend auf seinem Service, ergreift er wieder die Initiative. Mit einem Klasse-Punktgewinn stellt er auf 7:3. Aber: Er darf dem Japaner nicht auf dessen Schläger spielen. So, dass der das Tempo mitnimmt. Noch immer 8:6 für Groth. Aber Shinozuka gleicht aus. 8:8, 9:9 und 10:10. Die Halle tobt - nein, die Zuschauer tun es. Und was macht der Fanclub? Er rastet aus. 11:10. Satzball Groth. Doch 11:11. 12:11 für den Dänen. Dann reicht es für Groth: 13:11 im Dritten.

Anfangs des Vierten gewinnt man den Eindruck: Groth läuft heiß. Doch ein Time-Out wirft ihn zurück: Von 3:1 gerät er 5:9 in Rückstand, dem Japaner glückt ein Fünf-Punkte-Run. Und er beendet den Durchgang mit 11:7. 2:2. Der Fünfte entscheidet. Spätestens jetzt merkt jeder Zuschauer, dass es ein stressiger Abend wird. Wird es ein Nervenspiel im Fünften? Welche Rolle spielt die Mentalität? 3:3. 5:5. Verdammt eng ist es. Spannung ist längst zum Selbstläufer geworden. Dramatik hängt unter der Hallendecke. Weltklasse-Ballwechsel wechseln sich ab im Minutentakt. Plötzlich 5:7. Ein Super-Ballwechsel zum 7:7. Noch ist Jonathan Groth drin. Mittendrin. Dann ein Ballwechsel, bei dem nur Staunen bleibt. Die Spucke wegbleibt. Bis Jonathan Groth vor lauter Hingabe, Kampf, Leidenschaft und Herz auf dem Hallenboden liegt. „Der Ballwechsel des Tages“, heißt es in meinem Umfeld. „Nein, des Jahres“. Egal. 7:10 aus Groths Sicht. Er holt Punkt acht. Aber 8:11. Shinozuka entscheidet den Fünfsatz-Krimi für sich. Und gewinnt auch sein zweites Einzel. 2:2 zwischen den Teams. Das Doppel entscheidet. Wer hätte das gedacht?

Und hier zeigen Dima Ovtcharov und Fanbo Meng, dass sie den Siegpunkt holen wollen für ihr Team. Die beiden ersten Sätze verlaufen eng - und das liegt auch am beherzten Auftritt der jungen Grünwettersbacher Formation Hippler/Floro, die mit ihrer mutigen Spielweise ein schickes Plätzchen in unseren Herzen erobern. Doch das Fuldaer Doppel macht klar: An uns führt kein Weg vorbei. Nervenstärke beweisen sie in beiden Durchgängen. Im Ersten steht es 9:9 - bis Ovtcharov zwei wegweisende Punkte macht. Fanbo Meng wirkt unterdessen eine Spur griffiger, Doppel liegt ihm. 8:8 heißt es auch im Zweiten. Später gar 10:10. Doch am Ende 12:10 für Meng und Dima. Der Dritte geht klar aus. Beim 10:5 hat die Fuldaer Combo fünf Matchbälle. Gleich den ersten nutzt sie. Zum 11:5. Um 20.23 Uhr ist Schluss. Nach drei Stunden 23.

Jeder Zuschauer geht zufrieden nach Hause. Spannendes hat er erlebt. Dramatisches. Weltklasse-Momente. Ganz nebenbei gibt es ein ideelles und nachträgliches Geburtstagsgeschenk für die Mengs. Trainer Qing Yu ist wenige Tage zuvor 52 geworden, sein Sohn Fanbo 25. Und der TTC RhönSprudel Fulda-Maberzell hat sich in eine vielversprechende Position gebracht in der Bundesliga. Fünfter ist er, punktgleich aber mit Borussia Düsseldorf, dem nächsten Gegner Bergneustadt (Mittwoch, 12. November) und dem Zweiten aus Düsseldorf; nur Spitzenreiter Bremen ist um zwei Punkte voraus.

Die Ergebnisse

TTC RhönSprudel Fulda-Maberzell - ASC Grünwettersbach 3:2

Jonathan Groth - Tobias Hippler 3:1 (11:7, 11:7, 11:13, 11:9)

Fanbo Meng - Hiroto Shinozuka 1:3 (8:11, 10:12, 11:8, 8:11)

Dima Ovtcharov - Damian Floro 3:0 (11:5, 11:9, 11:3)

Jonathan Groth - Hiroto Shinozaku 2:3 (13:11, 7:11, 13:11, 7:11, 8:11)

Fanbo Meng/Dima Ovtcharov - Tobias Hippler/Damian Floro 3:0 (11:9. 12:10, 11:5) +++ rl


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