Zwerglibelle ist „Libelle des Jahres 2018“

48 Arten auf der Roten Liste gefährdeter Insekten

Berlin/Essen: Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und die Gesellschaft der deutschsprachigen Odonatologen (GdO) haben die Zwerglibelle (Nehalennia speciosa) zur „Libelle des Jahres 2018“ gekürt. Der Umweltverband und die Libellenkundler geben damit zum siebten Mal in Folge die „Libelle des Jahres“  bekannt, um auf die Vielfalt der Arten und ihre Bedrohung aufmerksam zu machen. Von den 80 heimischen Libellenarten stehen neben der Zwerglibelle 48 Arten auf der Roten Liste gefährdeter Insekten.

Mit nur 26 mm Körperlänge ist die Zwerglibelle die kleinste unter den heimischen Libellen. „Die Zwerglibelle braucht unseren Schutz. Sie steht stellvertretend für eine Gruppe von Libellenarten, die extrem selten und an spezielle Lebensräume in Mooren gebunden sind“, sagte Silvia Bender, Expertin für Biodiversität beim BUND. Als Art, die in der europäischen Fauna-Flora-Habitatrichtinie aufgelistet ist, steht die Libelle des Jahres 2018 unter einem besonderen rechtlichen Schutz. Die EU-Mitgliedstaaten müssen Schutzgebiete für sie ausweisen. Dazu sagte Klaus-Jürgen Conze, Libellenkundler bei der GdO: „Die Zwerglibelle ist in der Öffentlichkeit leider weitgehend unbekannt. Dies hat aber weniger mit ihrer geringen Körpergröße zu tun, sondern liegt an ihren oft sehr begrenzten Lebensräumen, die zudem oftmals in Schutzgebieten liegen und öffentlich nicht zugänglich sind.“

Neben der natürlichen Seltenheit verschärft sich die Situation der Zwerglibelle – und ökologisch verwandten Arten – durch eine Gefährdung ihrer Lebensräume. Faktoren wie der Klimawandel und der Eintrag von Schadstoffen in die Umwelt führen zu einem immer weiteren Schrumpfen der Populationen. „Diese Libelle ist an spezielle Pflanzen und Vegetationseinheiten gebunden, die im Falle einer Überdüngung verloren gehen, da sie von nährstoffliebenden Pflanzen verdrängt werden“, erklärte die BUND-Artenexpertin Bender.

Obwohl Libellenkundler schon viel über die Lebensweise der Zwerglibelle wissen, gibt ihnen die Art noch immer Rätsel auf. Oft sind ihre Populationen auf sehr kleine Flächen begrenzt, weil die Zwerglibelle an spezielle Lebensräume gebunden ist. Obwohl die Vorkommen insgesamt nur wenige Individuen umfassen, können sie sehr stabil sein und über Jahre Bestand haben. „Es stellt sich uns immer noch die Frage, ob und wie die zierliche Art neue Standorte besiedelt“, erklärte der Libellenkundler Conze. „Auf Grundlage historischen Datenmaterials können wir den Rückgang der Zwerglibelle nachweisen. Gleichzeitig kommt es erfreulicher Weise auch heute immer noch zu Neu- oder Wiederfunden, wie ein Beispiel in Sachsen vor wenigen Jahren zeigt. Es ist für uns alle daher sehr wichtig, dass es breitere Feldforschung von Experten zum nachhaltigen Schutz der Zwerglibelle und weiterer, vergleichbarer Arten gibt.“ Der BUND fordert daher von der zukünftigen Bundesregierung, dass das bürgerschaftliche Engagement und die universitären Angebote für mehr Natur‐ und Artenkenntnis im Rahmen einer bundesweiten Initiative gestärkt und ein nationales Zentrum für Artenschutz und Monitoring eingerichtet werden. +++