Ökonomen haben den Vorschlag von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) zu einer Reform der Schuldenbremse unterschiedlich bewertet. "Die Befürworter einer solchen Reform haben nicht den Investitionsbegriff des Haushaltsrechts im Kopf, sondern Subventionen alter Industrien für die Transformation zur Klimaneutralität", sagte der frühere Vorsitzende der Wirtschaftsweisen, Lars Feld, der "Rheinischen Post". "Eine Subvention wird aber nicht zur Investition, indem man sie umtauft. Und hier liegt der Denkfehler", kritisierte der Berater von Finanzminister Christian Lindner (FDP).
Anders sieht es der Wirtschaftswissenschaftler Rüdiger Bachmann, der an der US-Universität Notre Dame in Indiana lehrt. "Eine Reform wäre ökonomisch dringend notwendig", sagte er. Denn die aktuelle Schuldenbremse, so Bachmann, würde weder Marktsignale zur Schuldentragfähigkeit noch eine adäquate makroökonomische Stabilisierungspolitik erlauben. "Man sollte die Klimatransformation auch mit Schulden finanzieren, weil es sich ja um ein langfristiges Projekt handelt", sagte Bachmann mit Bezug auf die Klimainvestitionen. Beide Ökonomen stimmen darin überein, dass trotz des Urteils des Bundesverfassungsgerichts eine Transformation der Wirtschaft weiterhin möglich sei. "Die Transformation zur Klimaneutralität ist nicht gefährdet, wenn man die Klimapolitik vom Kopf auf die Füße stellt und durch die CO2-Bepreisung Kohlendioxid-Emissionen verteuert", sagte der Freiburger Ökonom Feld. Dies müsse allerdings begleitet sein von einer internationalen Vereinbarung mit Mindestpreisen für CO2 und einem sozialen Ausgleich. Zustimmung erhielt er von seinem Kollegen Bachmann. "Hier braucht es nur politischen Willen, ökonomisch ist der CO2-Preis ohnehin effizienter", sagte der Wirtschaftsprofessor. Im Interview mit den ARD-Tagesthemen hatte Robert Habeck (Grüne) die Schuldenbremse als "zu wenig intelligent" bezeichnet. So unterscheide sie nicht nach laufenden Ausgaben und Investitionen, die sich erst nach Jahren oder Jahrzehnten rechneten. Das scheine ihm wenig klug, sagte der Grünen-Politiker.
Miersch ruft Union zur Unterstützung von Sondervermögen auf
Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Matthias Miersch hat die Ampel-Parteien und die Union aufgerufen, sich nach dem einschneidenden Bundesverfassungsgerichtsurteil zum Haushalt auf eine Absicherung von Zukunftsinvestitionen im Grundgesetz zu einigen. "Alle Parteien müssen jetzt Verantwortung für unser Land und unsere Zukunft übernehmen: Neben der Aussetzung der Schuldenbremse sollten wir auch über weitere Instrumente reden", sagte Miersch dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland". Wenn es keine Mehrheiten für eine Modernisierung der Schuldenregeln gebe - für eine entsprechende Zweidrittelmehrheit im Bundestag zur Grundgesetzänderung braucht die Ampel die Union - wäre seiner Ansicht nach auch "ein verfassungskonformer Zukunftsfonds" denkbar. "Mit diesem könnten wir unsere Infrastruktur modernisieren und unser Klima sozialgerecht schützen - analog zum Sondervermögen Bundeswehr, mit dem wir unsere Verteidigungsfähigkeiten fit für die Zukunft machen", sagte Miersch. Dieses Sondervermögen wurde mit Unterstützung der Union im Grundgesetz verankert. Miersch sagte, es habe nichts mit Generationengerechtigkeit zu tun, den Nachkommen eine brachliegende Wirtschaft, marode Infrastruktur und ein überhitztes Klima zu hinterlassen. "Der Rotstift allein löst keines unserer Probleme."
Schneider fürchtet Einschnitte bei Sozialpolitik
Der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Ulrich Schneider, hat die Haushaltssperre kritisiert und den Bundestag aufgefordert, schnellstmöglich einen Haushalt ohne Einsparungen bei der Sozialpolitik zu verabschieden. "Als die Bundesregierung im Sommer ihren aktuellen Haushalt verabschiedete, war dies der schlimmste Bundeshaushalt seit Jahrzehnten für die Wohlfahrt. Es sollte gespart werden, bis es quietscht, und schwarze Null und Schuldenbremse sollten über allem stehen", sagte Schneider der "Rheinischen Post". "Die angedrohten Milliardeneinsparungen hätten den gesamten sozialen Bereich und dessen wertvolle Arbeit betroffen. Da wären schlichtweg viele Jobs und Projekte weggefallen und damit viel Hilfe für Menschen, die sie brauchen", so Schneider. "Und fast zeitgleich zur Nachricht, dass unsere Proteste Erfolg hatten und viele Kürzungen durch den Bundestag wieder zurückgenommen wurden, kam das Urteil aus Karlsr uhe und kurz darauf die Sperre der Verpflichtungsermächtigungen", beklagte Schneider. "Erneut haben insbesondere die Freiwilligendienste für das zweite Halbjahr 2024 keine Planungsgrundlage mehr." Das sei ein unerträglicher Schwebezustand, der schnellstmöglich beendet werden müsse. "Wir appellieren an den Bundestag, nun zügig einen Haushalt für 2024 zu verabschieden und dabei zu bleiben, dass das Soziale nicht kaputtgespart werden darf", sagte Schneider.
Sozialverband Deutschland gegen Sozialkürzungen
Der Sozialverband Deutschland (SoVD) hat die Bundesregierung vor einer Spaltung der Gesellschaft gewarnt, sollte sie mit Sozialkürzungen auf die Haushaltskrise reagieren. Einsparungen bei Rentnern, bei den Menschen in Grundsicherung und anderen vermeintlich Schwächeren zu fordern, bedeute "Wasser auf die Mühlen der spaltenden Elemente", sagte die SoVD-Vorstandsvorsitzende Michaela Engelmeier den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Engelmeier rief dazu auf, die Schuldenbremse auszusetzen und die Steuern für Wohlhabende zu erhöhen. "Wir brauchen mehr Einnahmen, um den Sozialetat dauerhaft stemmen zu können", sagte die SoVD-Vorsitzende. "Darum müssen wir die Schuldenbremse aussetzen und die starken Schultern müssen gerade in der aktuellen Zeit mehr tragen: Reiche, Spitzenverdienende und Unternehmen, die zuletzt fette Übergewinne gemacht haben."
Bericht: FDP gegen Verabschiedung des Haushalts für 2024
n der FDP gibt es offenbar großen Widerstand gegen das Vorhaben, den Bundeshaushalt für 2024 in der für Donnerstag angesetzten Sondersitzung des Haushaltsausschusses zu verabschieden. Das berichtet die "Bild" unter Berufung auf mit den Vorgängen vertrauten Personen in der Partei. Nach der Expertenanhörung sei klar, dass der Haushalt nicht verfassungskonform sei, hieß es. Deshalb sei eine umfassende Prüfung und Beratung nötig. Ansonsten drohe eine erneute Klage der Opposition vor dem Bundesverfassungsgericht, hieß es weiter. Das wolle man unbedingt verhindern. Wie die Zeitung weiter schreibt, dringen SPD und Grüne dagegen weiterhin auf die Verabschiedung des Haushalts durch den Haushaltsausschuss am Donnerstag. In der kommenden Woche soll dann der Bundestag offiziell grünes Licht für den Bundesetat geben.
Dröge will Schuldenbremse reformieren
Die Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Katharina Dröge, hat angesichts der unklaren Haushaltslage nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts dafür plädiert, die Schuldenbremse zu überarbeiten. "Die Schuldenbremse sollte reformiert werden, da sie ökonomisch schlecht gemacht ist", sagte Dröge dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland". "Sie bremst notwendige Investitionen in die Zukunft und ist damit in ihrer jetzigen Form eine Belastung für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Durch das Urteil aus Karlsruhe hat sich zudem gezeigt, dass sie in Krisenzeiten nicht flexibel genug ist, um Menschen und Unternehmen nachhaltig zu unterstützen." +++









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