Zeitung: Bundesregierung kürzt Ein-Euro-Job-Programm für Flüchtlinge

Statt 300 Millionen pro Jahr nur noch 60 Millionen Euro

Berlin. Für Flüchtlinge in Deutschland werden nun wohl doch keine 100.000 Ein-Euro-Jobs zur Verfügung gestellt. Die Bundesregierung hat das im August 2016 angelaufene, entsprechende Programm für Asylbewerber, die lange auf eine Asylentscheidung warten müssen, deutlich verkleinert, berichtet die „Süddeutschen Zeitung“ unter Berufung auf ein Schreiben des Bundesarbeitsministeriums an die zuständigen Ministerien der 16 Bundesländer.

Demnach werden für das Programm von 2018 an statt 300 Millionen pro Jahr nur noch 60 Millionen Euro veranschlagt. Die übrigen 240 Millionen Euro sollen von 2018 an „zur Verstärkung des Verwaltungskostenbudgets“ der Jobcenter eingesetzt werden, teilte der zuständige Staatssekretär Thorben Albrecht laut SZ in dem Brief mit. Ursprünglich wollte die Bundesregierung 300 Millionen pro Jahr von 2017 bis 2019 ausgeben, inklusive 2016 insgesamt knapp eine Milliarde Euro. Bis Ende März 2017 waren nach Angaben des Arbeitsministeriums jedoch erst knapp 25.000 Plätze beantragt worden. Wie viele tatsächlich besetzt sind, ist nicht bekannt. Brigitte Pothmer, arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen, sprach von einem Skandal. „Mit den 240 Millionen Euro sollen zukünftig Personalkosten, Mieten und Energierechnungen der Jobcenter bezahlt werden. Das Geld wird also zum Löcherstopfen in den Jobcentern benutzt, deren Verwaltungsetat seit Jahren unterfinanziert ist, und nicht für den gedachten Zweck, nämlich für die Flüchtlinge“, sagte die Bundestagsabgeordnete der Zeitung.

Pothmer wirft Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) vor, „alle Expertenwarnungen in den Wind geschlagen zu haben: Das Scheitern des völlig überflüssigen Programms geht voll auf ihre Kappe.“ Eine Sprecherin des Arbeitsministeriums sagte hingegen, das Programm sei „erfolgreich angelaufen“. Eine gewisse Anlaufzeit sei immer nötig. Albrecht weist in seinem Brief darauf hin: Die zusätzlichen Mittel für die Jobcenter könnten dazu beitragen, „Flüchtlinge durch Betreuung und Maßnahmen individueller, passgenauer und intensiver zu fördern“. Pothmer hält diese Aussage jedoch für wenig glaubwürdig: Die Regierung habe ja stets betont, für die Integration der Flüchtlinge seien zusätzliche Mittel im Haushalt vorhanden. Folglich dürfte bei den Jobcentern für diese Aufgabe „gar kein weiterer Bedarf bestehen“. Kritiker des Programms hatten bereits früh davor gewarnt, dass durch die beschleunigte Bearbeitung von Asylanträgen Zwischenlösungen mit Ein-Euro-Jobs für Asylbewerber gar nicht nötig seien. Genau damit begründete Staatssekretär Albrecht nun das Umwidmen der Millionen-Ausgaben: Gerade Flüchtlinge mit guter Bleibeperspektive, also die Hauptzielgruppe des Programms, „wechseln durch zügigere Asylverfahren schneller in die Grundsicherung für Arbeitssuchende“, schrieb er. Für diese Gruppe gelten Ein-Euro-Jobs jedoch als nicht geeignet. +++