Berlin. Entgegen öffentlicher Äußerungen von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hält die Bundesregierung offenbar an umstrittenen privaten Schiedsgerichten fest. In einem informellen sogenannten Non-Paper von Anfang April, über das die "Zeit" berichtet, wirbt die Bundesregierung gemeinsam mit Österreichern, Finnen, Franzosen und Niederländern für den Erhalt privater Schiedsgerichte in der EU. Vor solchen Schiedsgerichten können ausländische Investoren Staaten auf Schadenersatz verklagen.
Sie arbeiten meist auf der Grundlage von internationalen Abkommen, ihre Entscheidungen sind jedoch zunehmend umstritten auch deswegen hatte der Wirtschaftsminister in der Vergangenheit öffentlich dafür geworben, sie in neueren Handelsverträgen durch einen internationalen Gerichtshof zu ersetzen. In dem Papier plädieren die fünf Regierungen nun jedoch dafür, dass alle EU-Mitgliedsstaaten untereinander ein neues Schutzabkommen abschließen, durch das Investoren auch in innereuropäischen Streitfällen weiter auf die privaten Schiedsrichter zurückgreifen können, die auf der Liste des Permanent Court of Arbitration in Den Haag stehen, schreibt die Zeitung weiter.
Der neue Vorstoß konterkariere nicht nur die offizielle Linie, die das Ende dieser privaten Schiedsgerichtsbarkeit propagiere, er untergrabe auch die Politik der EU-Kommission. Denn die fordere zwar in internationalen Abkommen Schiedsgerichte, will ihnen aber bei Konflikten innerhalb der EU die Zuständigkeit entziehen. "Es ist ein Skandal: Ob in TTIP, Ceta oder nun auch innerhalb der EU immer wieder drängt die Bundesregierung auf Sonderrechte für ausländische Investoren", sagte Peter Fuchs von Powershift, einer Organisation, die die gegenwärtige globale Handelspolitik kritisch beobachtet. Fuchs fordert die sofortige, ersatzlose Kündigung dieser Verträge. Genau dafür hatte auch die EU-Kommission in den vergangenen Monaten bei den Regierungen geworben. +++ fuldainfo

Die Demokratie - und damit auch die unabhängige Justiz - werden immer weiter abgeschafft. Es geht nur noch um den Willen der großen Konzerne. Europa befindet sich auf einer Talfahrt, in dem es immer mehr demokratische Regeln über Bord wirft, und Deutschland macht eifrig mit.
Allein die Tatsache, dass sich die USA aufgrund ihrer NSA-Aktivitäten einen unfairen Verhandlungsvorteil bei den Freihandelsabkommen (TTIP, TISA, ...) verschafft, wäre schon Grund genug, diese Verhandlungen erst mal auf Eis zu legen. Darüberhinaus sollte bekannt sein, dass die USA die meisten der internationalen Arbeits-, Umwelt- und Arbeitsschutzabkommen bis heute nicht ratifiziert hat, diese also offensichtlich zur Disposition stehen würden. Ganz abgesehen von nicht harmonisierbaren Regulierungsansätzen, z.B. bei chemischen Stoffen, zwischen der EU und den USA!
Auch Lammert hatte Recht mit seiner ablehnenden Haltung! Und die Kanzlerin liegt mit ihrem Pro-TTIP-Kurs wieder mal daneben!
Verkehrte Welt?
http://youtu.be/op
Und im übrigen: nach der Wahl ist vor der Wahl:
http://youtu.be/0zSclA_zqK4
Und was sagen unsere Bundestagsabgeordneten dazu?
http://youtu.be/QGOx8I0COYg
PS: 1. Was die angebliche neue Transparenz anbelangt, hat die zuständige EU-Kommissarin Malmström im letzten Jahr folgendes erklärt: Bisher hat die EU nur einige ihrer eigenen Verhandlungsangebote ins Internet gestellt, nicht aber die Angebote der Amerikaner und gemeinsame Texte, die den Stand der Gespräche zusammenfassen (Dank an Greenpeace!).
Und die Bundestagsabgeordneten dürfen mittlerweile mit unzumutbaren Einschränkungen die Texte im Wirtschaftsministerium einsehen. Und jetzt kommt heraus: die EU-Kommission vernebelt den Verhandlungsstand bei kritischen Punkten wie z.B. den Schiedsgerichten zum Investorenschutz!
Ein (T)Tip an die MdBs: Fragt doch mal beim BND nach! Oder lest jetzt die geheimen Auszüge in der SZ. Noch Fragen?
2. Was die SPD und Gabriel anbelangt, so eiern diese bei dem Thema TTIP etc. herum. Seehofer hat die Schiedsgerichte zum Investorenschutz unter Vorbehalt gestellt: "nicht tragbar". Das hätte ich so von Gabriel erwartet! Stattdessen: mal uneingeschränkt dafür, mal rote Linien, mal keine privaten Schiedsgerichte; mal Handelsgerichtshöfe ... was gilt denn jetzt? Für oder gegen Paralleljustiz? Für oder gegen eine undemokratische regulatorische Kooperation? Für oder gegen das bewährte, verbraucherfreundliche Vorsorgeprinzip?
3. Deutschland ist auch ohne TTIP Exportweltmeister geworden!
4 Wer traut den Europäern zu, ein konsistentes, die europäischen Interessen berücksichtigendes, verbindliches Vertragswerk auszuhandeln, wo doch bisher offensichtlich nicht einmal konsistente und verbindliche EU-interne Regelungen z.B. in der Flüchtlingsfrage, bei der Staatsveschuldungsfrage, geschweige denn eine europäische Verfassung zustandegekommen sind?