Wolfgang Böhmer sieht Schäuble-Äußerung kritisch

Auch die Auswirkungen der Krise abwägen

Wolfgang Schäuble (CDU)
Wolfgang Schäuble (CDU)

Sachsen-Anhalts ehemaliger Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) sieht die jüngsten Äußerungen von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) zum Vorrang des Lebens kritisch. „Ich halte Schäubles Satz nicht für falsch“, sagte Böhmer, der in Wittenberg jahrzehntelang Chefarzt für Gynäkologie war, den Zeitungen des „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. Aber er relativiere die von der Bundesregierung getroffenen Maßnahmen.

Damit müsse man vorsichtig sein. Die Maßnahmen seien „verhältnismäßig, notwendig und richtig“, so der CDU-Politiker weiter. „Ohne Konsequenz und Härte geht es nicht. Wer das nicht versteht, der muss sich mal damit beschäftigen, wie früher mit solchen Pandemien umgegangen wurde“, sagte Böhmer. Zu Zeiten Martin Luthers seien Türen und Fenster von Pestkranken zugemauert worden. Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sagte, Schäubles Feststellung sei „zwar wahr“, doch sie sei „heute nicht hilfreich, weil der Eindruck entsteht, als wären wir schon zu weit gegangen“. Dabei gehe es darum, „für die Disziplin der Bevölkerung zu kämpfen“, sagte Lauterbach den Zeitungen weiter. Schäuble hatte im „Tagesspiegel“ darauf hingewiesen, dass der Schutz von Leben nicht über allen anderen Grundrechten stehe.

„Wenn ich höre, alles andere habe vor dem Schutz von Leben zurückzutreten, dann muss ich sagen: Das ist in dieser Absolutheit nicht richtig“, so Schäuble. Wenn es überhaupt einen absoluten Wert im Grundgesetz gebe, dann sei das die in Artikel eins festgeschriebene „Würde des Menschen“, die dort als „unantastbar“ erklärt werde. Überdies müsse man „auch die gewaltigen ökonomischen, sozialen, psychologischen und sonstigen Auswirkungen“ der Krise „abwägen“, so der Bundestagspräsident weiter. „Zwei Jahre lang einfach alles stillzulegen, auch das hätte fürchterliche Folgen“, sagte Schäuble. +++