Wingenfeld: „In Sachen SuedLink weiter gegen das ‚ob‘ antreten“

Fulda. Fuldas Energieversorger erleidet nach 100 Jahren existenzielle Millionenverluste. fuldainfo fragte den OB-Kandidaten Dr. Heiko Wingenfeld, der von Dezember 2006 bis zum 1.1.2013 Mitglied des Aufsichtsrats der ÜWAG AG war und seit der Fusion von ÜWAG und GWV, Mitglied des Aufsichtsrats der RhönEnergie ist, zu tagesaktuellen Fragen der regionalen Energiepolitik.

Auf unsere Frage, ob er selbst noch realistische Chancen sieht, die Stromtrasse abwehren zu können, sagte Wingenfeld: „In meiner Funktion als Erster Kreisbeigeordneter und als OB-Kandidat, vertrete ich die Auffassung, dass es eine realistische Chance gibt, zu verhindern, dass die Stromtrasse SuedLink durch den Landkreis Fulda gebaut wird. Ich unterstütze voll und ganz die Resolution des Fuldaer Kreistags vom 15. Oktober 2014, die nahezu wortgleich von der Fuldaer Stadtverordnetenversammlung übernommen wurde. In dieser wurde einstimmig beschlossen, dass die Bundesnetzagentur dazu aufgefordert wird, den Nachweis zu erbringen, dass die Stromtrasse SuedLink tatsächlich erforderlich ist. Diesen Nachweis sehen wir bisher als nicht erbracht an. Es zeigt sich immer klarer, dass die Entscheidungen auf Bundesebene, auf deren Basis SuedLink gebaut werden soll, übereilt und ohne fundierte Datengrundlage, getroffen wurden. Deshalb ist ein aktueller Nachweis der Notwendigkeit der Trasse zwingend erforderlich. Sollte die Trasse tatsächlich erforderlich sein, verlangen wir, dass alternative Trassenführungen, bspw. durch Sachsen-Anhalt und Thüringen, ernsthaft geprüft werden. Auch dies ist bisher nicht geschehen. TenneT hat aus meiner Sicht, von Anfang an, die Thüringer Variante mit dem Argument verworfen, dass die Strecke über Thüringen 60 km länger sei. Dies ist jedoch in keiner Weise akzeptabel, weil nicht nur die Streckenlänge, sondern auch die entsprechenden Raumhindernisse und Siedlungen, in die Bewertung mit einbezogen werden müssen. Nur für den Fall, dass es nach einer objektiven und transparenten Prüfung, ein Trassenverlauf durch den Landkreis Fulda alternativlos sein sollte, wäre eine möglichst weitreichende Erdverkabelung einzufordern. In den vergangenen Wochen ist es erfreulicherweise gelungen, den Hessischen Ministerpräsidenten Bouffier als Unterstützer,unserer kritischen Haltung, zu gewinnen. Außerdem ist es sehr ermutigend, dass die Bundesnetzagentur die von TenneT eingereichten Unterlagen als sehr mangelhaft eingestuft hat. Offensichtlich wird auch von Seiten der Bundesnetzagentur die Auffassung vertreten, dass TenneT alternative Trassen nicht hinreichend geprüft hat. Ein weiterer Grund, die Position gegen SuedLink aufrechtzuerhalten, liegt darin, dass der Landkreis Fulda, nicht allein steht. Mittlerweile setzen sich 18 Landkreise gemeinsam gegen das von TenneT betriebene Verfahren zur Wehr. Dabei hat sich eine Vielzahl der Landkreise erfreulicherweise darauf verständigt, sich auch juristisch gemeinsam im Verfahren zu wappnen. Vor diesem Hintergrund werbe ich dafür, in Sachen SuedLink weiter gegen das ‚ob‘ anzutreten und sich nicht auf das ‚wie‘ zu beschränken.“

Zum Windpark Borkum II erklärte Wingenfeld, dass er nach wie vor zu der im Jahr 2008 getroffenen Entscheidung stehe, dass sich die damalige ÜWAG gemeinsam mit anderen kommunalen Energieversorgern an dem Offshore-Windpark Borkum II beteiligt. „Die damalige Grundidee, für die Beteiligung an Borkum II sowie an den Kraftwerken in Lünen und Hamm-Uentrop, lag darin, dass die Zukunft der kommunalen Energieversorger darin gesehen wurde, bereits in den ersten Abschnitt der Wertschöpfungskette, d.h. die Erzeugung von Energie einzusteigen und sich damit vom Oligopol, der wenigen großen Energiekonzern, unabhängiger zu machen. Aus der damaligen Perspektive betrachtet, war diese Strategie richtig, plausibel und nachvollziehbar. Die Strategie sollte auch gerade dazu dienen, das Unternehmen als regionalen Energieversorger, im harten Konkurrenzkampf mit international agierenden Konzernen, zukunftsfähig zu machen. Da es bis dato kaum Offshore-Anlagen in Deutschland gab, war sicherlich allen Beteiligten klar, dass sich Verzögerungen nicht gänzlich ausschließen lassen. Die Notwendigkeit, neue Stromtrassen in der heute diskutierten Dimension zu bauen, war in 2008 noch nicht absehbar. Hier hat sich die Situation erst drei Jahre später – nach der Energiewende 2011 – grundlegend geändert“, so Wingenfeld weiter.

Zu der Frage, ob die Politiker der Verbandsversammlung genehmigt hätten, dass der im Mai ausscheidende Sprecher der Geschäftsführung auch nach seinem Rücktritt, eine Pension von ca. 100.000 Euro jährlich zusätzlich seiner Rente erhalten soll, sagte der OB-Kanidat: „Ich kann hier lediglich festhalten, dass, der für die Festlegung der Bezüge zuständige Aufsichtsrat, stets durch externe, unabhängige Beratung, darauf geachtet hat, dass nur branchenübliche Vergütungen geleistet werden. Die von Ihnen in den Raum gestellte Summe, kann ich in dieser Höhe ausdrücklich nicht bestätigen. Da Herr Bury noch bis zum 31. Mai 2015 im Amt sein wird, besteht derzeit sicher kein Anlass, seine Gesamtleistung zu beurteilen. Ich danke allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der RhönEnergie, die derzeit dazu beitragen, dass sich das Unternehmen erfolgreich auf die geänderten energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen einstellt.“ +++ fuldainfo