Weihnachtsgrüße aus der Kreuzkirche

„Was braucht die Welt?“

Pfarrer Stefan Bürger in der Kreuzkirche in Fulda-Neuenberg Foto: Berit Bürger

Pfarrer Stefan Bürger predigt angesichts der Geschehnisse von Magdeburg am Heiligabend in der Kreuzkirche Fulda-Neuenberg. Der Abend ist geprägt von vielen Menschen, gespannter Aufmerksamkeit, bekannten Liedern und einem mit großen roten Kugeln geschmückten Weihnachtsbaum. Der Vorfall in Magdeburg überschattet alles wie ein dunkelgrauer Schleier. Der Heiligabend ist gewohnt, doch Pfarrer Stefan Bürger (56) überrascht in seinem 26. Dienstjahr an der Kreuzkirche, indem er von der Kanzel summt und sogar kurz singt.

Mit Stille beginnt der Abend. „Jedes Wort muss sich auch an Magdeburg messen lassen.“ Pfarrer Stefan Bürger lädt zu einem Moment der Stille ein, um der Opfer, Trauernden sowie innerlich und äußerlich Verletzten zu gedenken. Diese Stille mündet in ein mächtiges ‚Herr, erbarme dich!‘. „Seien Sie gewiss, alles, was ich sage, auch wenn ich Magdeburg nicht explizit erwähne, muss sich angesichts des Anschlags, der Kriege und der Not in der Welt messen lassen“, erklärt der Pfarrer.

Der Hausmeister Martin erhält seine Bühne. Mit der Frage „Was braucht die Welt?“ startet Pfarrer Stefan Bürger seine Ansprache. Antworten finden sich in den Verheißungen aus Jesaja und der Weihnachtsgeschichte aus dem Lukasevangelium. Bürger erzählt von Hausmeister Martin, der in einem Theater Spiegel putzt, Treppen reinigt und die Böden saugt. Seine Kolleg:innen bemerken, dass er oft eine Melodie summt. Bürger imitiert ihn von der Kanzel, zuerst summend, dann singend. Ein besonderer Weihnachtsmoment entsteht, als Theaterangestellte Martin einen Smoking bringen. Er betritt die Theaterbühne, ein Mikrofon vor sich, der sonst unscheinbare Hausmeister. Die Theaterplätze sind mit Mitarbeitenden gefüllt, die gespannt lauschen, während Martin mit tiefer Stimme aus vollem Herzen: „What the world needs now is love sweet love“ singt (Text: Hal David / Musik: Burt Bacharach). Den Zuhörenden steigen vor Ergriffenheit die Tränen in die Augen. Ein unvergesslicher Auftritt.

„Die Welt braucht nichts als Liebe.“ Bürger übersetzt die Worte und setzt sie in den Weihnachtskontext. „Maria und Josef brauchen diesen Ort der Liebe, des Ankommens, des Familienglücks. Die Hirten benötigen Licht, das Licht der Engel, den Mut, zu gehen, und einen Stern, dem sie folgen können. Die Engel haben Weihnachtsworte, Mutworte: Fürchtet euch nicht. Euch ist heute – now – der Heiland – love, sweet love – geboren“, erzählt der Pfarrer. Er erklärt nicht, er erzählt, inspiriert die Gemeinde, ihre eigene Weihnachtsfrage zu stellen: Was braucht sie und was nimmt sie mit von Jesaja, von Jesus und seiner Weihnachtsfreude für andere und sich? Der Hausmeister kehrt in den Alltag zurück, doch die Melodie des Songs bleibt ihm im Kopf, im Herzen und auf den Lippen.

Christopher Schnell greift die Melodie an der Orgel auf und lässt sie in das Weihnachtslied „Ich steh an deiner Krippen hier“ einfließen. Der Hausmeister „Martin“ wird zur Titelfigur des Weihnachtsfilms 2024 eines großen Versandhauses. Heiligabend in der Kreuzkirche, für Bürger im 26. Jahr seines Dienstes. Vieles bleibt gleich: ein volles Haus, musikalische Unterstützung des Männergesangsvereins Bergeslust. Doch gesummt und gesungen hat Bürger von der Kanzel zu Heiligabend noch nie. Bleiben den Menschen die Worte „What the world needs now is love sweet love“ in Erinnerung? Eins hat der Neuenberger Pfarrer im Gottesdienst nicht verraten: Der Hausmeister heißt bei ihm nur Martin. Er ist die Titelfigur des Weihnachtsfilms des größten Versandhauses. +++


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