Weber: Abschaffung der Straßenbeiträge nicht mehr aufzuhalten

Experten bei Anhörung im Landtag mit klarem Votum

Bei der Expertenanhörung im Landtag

Die Expertenanhörung am vergangenen Donnerstag im Hessischen Landtag zur Abschaffung der Straßenbeiträge zeigte dringenden Handlungsbedarf. Nahezu 100 % der Anzuhörenden – Verbände, Bürgermeister und Bürgerinitiativen – plädierten für die Abschaffung der ungerechten Beiträge und forderten vom Land einen finanziellen Ausgleich für die Kommunen und gleiche Lebensverhältnisse in ganz Hessen, wie es die Hessische Verfassung im neuen Artikel 26d vorsieht.

Konsens war: Die Gesetzesentwürfe von SPD und der LINKEN seien gut geeignet, um das Dauerstreitthema Nr. 1 in hessischen Kommunen endlich aus der Welt zu schaffen. Die Möglichkeit „Wiederkehrende Beiträge“ einzuführen, wurde von den Bürgermeistern und Experten als rechtsunsicher und sehr aufwendig charakterisiert. Die Bürgerinitiativen stellten mehrere Beispiele vor, wo vierstellige wiederkehrende Beiträge jährlich fällig werden, in drei Fällen seien sogar fünfstellige jährlich Beiträge errechnet worden. Weiterhin wurde klargestellt, dass eine Kommune bei Inanspruchnahme der Fördermittel für die Einführung wiederkehrender Beiträge, sich für acht Jahre auf diese Beitragserhebung festlegen müsse.

„Ich habe in der Anhörung keinen Bürgermeister, keinen Vertreter der Verbände und keinen Experten gehört, der die aktuelle Regelung zu den Straßenbeiträgen nicht deutlich kritisiert hat. Alle anwesenden Bürgermeister haben die Landesregierung aufgefordert, einen Schlussstrich bei den Strassenbeiträgen zu ziehen und diese in Hessen endgültig und kurzfristig abzuschaffen. Die sogenannten „Wiederkehrenden Gebühren“, welche von Teilen der CDU befürwortet werden, wurden als rechtlich problematisch, extrem teuer und aufwendig dargestellt. In vielen Kommunen mit ungleich großen Ortsteilen gab es deutliche Unterschiede bei den Kosten pro qm Grundstück. Besonders hat mich der Redebeitrag von Herrn Schelzke, Geschäftsführer vom Hessischen Städte und Gemeindebund (HSGB) erstaunt. Herr Schelzke sprach von dramatischen Situationen in den Kommunen vor Ort und dass die „lokale Demokratie“ ernsthaft in Gefahr gerät, wenn das Problem mit den Strassenbeiträgen nicht gelöst wird“, sagt Joachim Weber von der IG Sachsenhausen aus Eichenzell, der die Bürgerinitiativen aus dem Landkreis Fulda bei der Anhörung im Landtag vertreten hat. Das große Interesse in der Bevölkerung zeigte sich an der sehr hohen Zahl der Besucher, deshalb hatte die Landtagsverwaltung sogar für eine Direktübertragung ins Foyer gesorgt. Ein Novum für das hessische Parlament – zahlreiche Redebeiträge wurden mit Applaus bedacht. Hessenweit haben sich in den letzten Wochen weitere Bürgerinitiativen gegründet. Die Bürger sind nicht länger bereit, Straßenbeiträge zu zahlen, und fordern von ihren Bürgermeistern und den vielen ehrenamtlich tätigen Gemeindevertretern, die Strassenbeiträge komplett abzuschaffen. Zudem pochen Beitragspflichtige nunmehr fast immer auf ihr Recht, auf 20-jährige Ratenzahlung zu derzeit 0,12 % Zinsen.

„Besonders wichtig in meiner Stellungnahme war mir, die verantwortlichen Landespolitiker darauf hinzuweisen, dass selbst wenn man an den Strassenbeiträgen festhält, kurzfristig die handwerklichen Fehler im Gesetz beseitigt werden müssen. Dazu zählen die Möglichkeit, dass „Negativ Zinsen“ bei Ratenzahlung über 20 Jahre entstehen können sowie die Anrechnung von staatlichen Fördermitteln auch für den Anteil der Anlieger. Weiterer Änderungsbedarf besteht beim Ausbau der Straßen, die Kriterien entsprechend der Straßenbaunorm RSTO12 festzuschreiben, damit überteuerte Ausbauten, wie bei der Straße Sachsenhausen in Eichenzell, verhindert werden. Der Straßenbauexperte Prof. Dr. Beckedahl hatte in einem Gutachten bestätigt, dass der Ausbau ca. 225% zu aufwendig durchgeführt wurde. Das hat die Anlieger hart getroffen. Aus meiner Sicht ist die Abschaffung der Straßenbeiträge in Hessen nicht mehr aufzuhalten. Wer weiterhin daran festhält, geht nur unnötige Umwege und ignoriert den Bürgerwillen“, so Weber abschließend.

CDU: Bislang keine gravierenden Ungerechtigkeiten

Der innenpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Alexander Bauer erklärte zur Anhörung: „Wir haben bei den Straßenbeiträgen bereits im Sommer des vergangenen Jahres eine praktikable Lösung im Interesse der Grundstücksbesitzer, der Mieter und der Kommunen gefunden. Im Sinne der Anwohnerinnen und Anwohner, die von hohen Beitragsrechnungen betroffen sind, haben wir nachgesteuert: Ratenzahlung ist jetzt in jedem Fall möglich, die Raten können auf 20 Jahre bei niedrigen Zinsen gestreckt werden. Die Erhaltung der kommunalen Straßen und die Beitragserhebung sind ureigene Aufgaben der Kommunen und integraler Bestandteil der Kommunalen Selbstverwaltung. Die Ausgestaltung unterliegt der Entscheidungskompetenz der politischen Mandatsträger vor Ort. Zu dieser Entscheidungsfreiheit gehört aber auch die Möglichkeit selbst zu entscheiden, mit welchen Mitteln die Straßen saniert werden sollen. Die Kommunen können selbst entscheiden, ob sie die Straßenbeiträge beibehalten, abschaffen oder wiederkehrende Beiträge einführen. Um die Grundstücksbesitzer vor hohen Einmalbelastungen zu schützen, sind wiederkehrende Straßenausbaubeiträge eine gute Alternative. Diese Beitragsvariante ermöglicht eine faire Verteilung der Abgabenlast auf viele Schultern und viele Jahre. Um die Umstellung zu unterstützen, haben wir die Definition der Abrechnungsbezirke vereinfacht. Außerdem fördern wir Kommunen, die von einmaligen auf wiederkehrende Straßenbeiträge wechseln, pauschal mit 20.000 Euro pro Abrechnungsgebiet. Bei wiederkehrenden Straßenausbaubeiträgen können Grundstücksbesitzer, die bisher bereits Beiträge gezahlt haben, bis zu 20 Jahre von weiteren Zahlungen verschont werden.

In der Stellungnahme zur Anhörung hat der Hessische Städte- und Gemeindebund herausgestellt, dass „das System der Erhebung von Straßenbeiträgen in Hessen bislang zu keinen gravierenden Ungerechtigkeiten geführt“ hat. Der Kommunalverband ist weiter der Auffassung, dass die gänzliche Abschaffung der Möglichkeit der Straßenbeitragserhebung ein Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung und Finanzierungshoheit darstelle und nicht gerechtfertigt sei. Den Gesetzentwurf der SPD kommentierte der Städte- und Gemeindebund als „derzeit nicht ausreichend gegenfinanziert und auch nicht interessengerecht ausgestaltet“. Auch der SPD Bürgermeister in Kassel, Herr Geselle, hat sich unlängst gegen die Abschaffung der Straßenbeiträge ausgesprochen und fordert entgegen seiner sozialdemokratischen Kollegen die Beibehaltung der Beiträge. Die Finanzausstattung der Kommunen durch das Land Hessen hat sich nachweislich verbessert. Der Kommunale Finanzausgleich weist 2018 die Rekordhöhe von rund 5 Milliarden Euro auf. Mit dem Kommunalen Schutzschirm unterstützen wir die 100 konsolidierungsbedürftigsten Kommunen bei der Entschuldung mit über 3 Milliarden Euro. Dazu kommt die bundesweit einmalige HESSENKASSE, mit der kommunale Kassenkredite in Höhe von rund 5 Milliarden Euro abgelöst werden. Außerdem helfen Land und Bund den hessischen Kommunen mit über 2 Milliarden Euro bei der Realisierung wichtiger Investitionen.“ +++