Von der Leyen will „stärkere europäische Gesundheitsunion“

Europa habe mehr zusammen geschafft als jemals zuvor

Ursula von der Leyen (CDU)
Ursula von der Leyen

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will als Reaktion auf die Corona-Pandemie die Zusammenarbeit der Europäischen Union in Gesundheitsfragen verstärken. „Wir brauchen eine stärkere europäische Gesundheitsunion“, sagte die CDU-Politikerin am Mittwoch in ihrer ersten Rede zur Lage der EU in Brüssel. „Der Zeitpunkt hierfür ist gekommen.“ In den letzten sechs Monaten hätten die europäischen Gesundheitssysteme und das Gesundheitspersonal „Wunder“ vollbracht.

Europa habe mehr zusammen geschafft als jemals zuvor. Viele Aufgaben seien allerdings erledigt worden, obwohl es keine vollständige Zuständigkeit der EU gegeben habe. Deshalb sei die Gesundheitsunion nötig. Zur Umsetzung müsse man die ersten Lehren aus der aktuellen Krise ziehen. Das „EU4Health“-Programm müsse zukunftsfähig werden. Unter anderem müsse es stärker finanziert werden. „Wir müssen unsere Krisenvorsorge und das Krisenmanagement gegenüber grenzüberschreitenden Bedrohungen verstärken“, sagte die EU-Kommissionspräsidentin. Als ersten Schritt werde man die Befugnisse der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) und des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) stärken und ausweiten.

Im Anschluss werde man eine Agentur für fortgeschrittene biomedizinische Forschung und Entwicklung gründen. „Wir benötigen strategische Lagerkapazitäten, um Engpässe in den Lieferketten zu beheben, insbesondere für Pharmazierzeugnisse“, so von der Leyen. Als dritten Schritt müsse man über die Gesundheitszuständigkeiten sprechen, fügte sie hinzu. Das sei eine „sehr dringliche Aufgabe“. Außerdem müssten auch globale Lehren aus der Krise gezogen werden. Daher wolle sie im kommenden Jahr im Rahmen des italienischen G20-Vorsitzes einen globalen Gesundheitsgipfel veranstalten, kündigte die EU-Kommissionschefin an.

Schärferes Klimaziel angekündigt

EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen hat in ihrer ersten Rede zur Lage der Europäischen Union wie erwartet eine deutliche Verschärfung der Klimaziele angekündigt. Sie schlage vor, die EU-Treibhausgasemissionen bis 2030 um „mindestens 55 Prozent“ gegenüber 1990 zu senken, sagte die CDU-Politikerin am Mittwochvormittag in Brüssel. Das bisherige offizielle Reduktionsziel lautet 40 Prozent. Sie wisse, dass das neue Ziel für einige zu viel und für andere nicht genug sei. Sie sei aber überzeugt, dass Wirtschaft und Industrie damit klarkommen würden, so von der Leyen.

Schärferes EU-Klimaziel stößt in Union auf Ablehnung

it Blick auf die geplante Verschärfung des EU-Klimaziels hat der verkehrspolitische Sprecher der CDU/CSU-Gruppe und Vorsitzende des EVP-Mittelstandskreises im Europaparlament, Jens Gieseke, Kritik an EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen geübt. „Wer 55 Prozent als CO2-Reduktionsziel lanciert, der muss mit 60 und mehr aus dem Europäischen Parlament rechnen. Diesen Überbietungswettbewerb hat Ursula von der Leyen ohne Not angestoßen“, sagte Gieseke der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Gieseke sagte: „Wir stecken mitten in der tiefsten Rezession seit Jahrzehnten, und man hat den Eindruck, einigen kann es mit der Deindustrialisierung Europas gar nicht schnell genug gehen.“ Man müsse aufpassen, dass diese Debatte nicht zum „Sargnagel der Europäischen Industrie“ werde. „Wer so leichtfertig und ohne ordentliche Folgenabschätzung Politik macht, der gefährdet den Industriestandort Europa.“ Jüngst war bekannt geworden, dass die EU-Kommission in einem neuen Kl imazielplan dafür wirbt, die Treibhausgase bis 2030 nicht nur um 40 Prozent unter den Wert von 1990 zu drücken, sondern um 55 Prozent. EU-Kommissionschefin von der Leyen, die wie Gieseke der CDU angehört, nannte die Zielmarke am Mittwoch in ihrer „Rede zur Lage der Europäischen Union“ im Europaparlament. „Ich erwarte, dass Ursula von der Leyen Arbeit, Wirtschaft, Wachstum in dieser Krise mit Priorität angeht. Ansonsten brechen uns nicht nur zigtausend Arbeitsplätze weg, sondern auch industrielles Know-how“, so Gieseke. „Wir können nicht jedes Jahr die Messlatte höher legen. Wir brauchen Planungssicherheit und Verlässlichkeit für Industrie und Mittelstand.“ Der niedersächsische Europapolitiker fordert deshalb ein „Vorgehen mit Maß und Mitte und keine CO2-Reduktion mit der Brechstange“. Die Steilvorlage aus der Kommission rufe wieder all jene auf den Plan, die schon seit Jahren fleißig das Ende des Verbrennungsmotors beschwören. „MAN, Siemens, Bosch, ZF, Daimler, nimmt eigentlich noch jemand diesen dramatischen Wegbruch von Zehntausenden Industriearbeitsplätzen zur Kenntnis?“, warnte Gieseke. +++