Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) rät nach Sicherheitsvorfällen in der Luftwaffenkaserne Köln-Wahn und dem Nato-Stützpunkt Geilenkirchen zu erhöhter Aufmerksamkeit. „Wir haben an beiden Orten schnell reagiert, Zugänge gesperrt, Kontrollen verschärft, Ermittlungsbehörden eingeschaltet und Laboruntersuchungen veranlasst. Die Vorfälle zeigen, dass wir weiterhin wachsam bleiben müssen“, sagte Pistorius dem „Spiegel“ am Mittwochabend. „Selbstverständlich überprüfen wir auch nach diesen Vorfällen unsere Absicherungspläne und passen diese bei Bedarf an. Dies ist bereits in Auftrag gegeben“, betonte der SPD-Politiker.
Derzeit gebe es keine konkreten Hinweise auf einen Zusammenhang der beiden Ereignisse in Köln-Wahn und Geilenkirchen. „Jetzt gilt es, weitere Untersuchungsergebnisse abzuwarten und besonnen zu handeln. Dabei vertrauen wir auf die bewährte Zusammenarbeit mit den zuständigen Ermittlungsbehörden“, so Pistorius. Auch Grünen-Sicherheitsexperte Konstantin von Notz mahnt zu erhöhter Wachsamkeit. „Man muss diese Verdachtsmomente maximal ernst nehmen“, sagte der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremius im Bundestag dem „Spiegel“. „Sie betten sich ein in eine tägliche Gefährdungslage von Drohnenüberflügen von Kasernengelände, über Mordpläne gegen Manager und die Festnahme von Sabotageverdächtigen durch den Generalbundesanwalt.“ Im Raum stehe „eine konkrete Gefährdung von Leib und Leben“ der Soldaten.
Die CDU-Verteidigungspolitikerin Serap Güler sieht das Verteidigungsministerium in der Pflicht, offene Fragen zu klären: „Das Ministerium muss jetzt umgehend aufklären, wie es einem Außenstehenden gelingen konnte, auf eigentlich gut geschützte Bundeswehrkasernen eindringen zu können“, sagte sie dem „Spiegel“. „Gleichzeitig ist es der Bundeswehr hoch anzurechnen, dass die Vorfälle früh erkannt wurden“, so Güler.
SPD und Grüne für besseren Schutz kritischer Infrastruktur
Angesichts eines möglichen Sabotageaktes unter anderem an einer Trinkwasseranlage in der Bundeswehr-Kaserne in Köln-Wahn fordert die SPD eine Stärkung des Schutzes der kritischen Infrastruktur. Auch die Grünen plädieren für mehr Eigenschutz bei der Bundeswehr. Fraktionsvize Dirk Wiese sagte der „Rheinischen Post“: „Die mutmaßlichen Angriffe auf zwei Bundeswehr-Standorte belegen eindrücklich, dass unser Land heute schon Ziel hybrider Kriegsführung ist. Umso wichtiger ist es, den Schutz der kritischen Infrastruktur in unserem Land weiter auszubauen.“
Mit Blick auf die Sicherheit von Kasernen betonte Wiese weiter, zunächst müssten die Ergebnisse der Untersuchung durch die Bundeswehr abgewartet werden. „Danach wird zu entscheiden sein, ob der Schutz der Standorte und weiterer Bereiche kritischer Infrastruktur noch weiter hochgefahren werden muss.“ Der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestages, Konstantin von Notz (Grüne) hat nach den Anschlägen auf die Bundeswehrkaserne in Köln-Wahn und den Nato-Stützpunkt Geilenkirchen konkret Russland als Urheber der Sabotageakte in Verdacht. Das sei eine „konkrete Arbeitsthese“, sagte Deutschlands oberster parlamentarischer Geheimdienstkontrolleur dem TV-Sender „Welt“ am Mittwoch. „Es steht natürlich der Verdacht im Raum, dass es sich hier um eine russische Sabotage-Aktion handeln könnte.“ Man müsse zwar die Ermittlungen abwarten, mahnte von Notz, aber „in der Vergangenheit sind russische Sabotageverdächtige vom Generalbundesanwalt festgenommen worden, in Deutschland und auch in anderen europäischen Ländern. Insofern ist das eine konkrete Arbeitsthese.“
Mit Köln-Wahn wurde der Stützpunkt der Luftbereitschaft als Anschlagsziel ausgewählt, über den der Gefangenenaustausch mit Russland abgewickelt wurde. Geilenkirchen ist ein Nato-Standort für die Luftaufklärung, auch für Osteuropa. Ob diese Anschlagsziele also von Russland aus symbolischen Gründen ausgewählt wurden, wollte von Notz nicht direkt kommentieren, sagte aber: „Das könnte man vermuten. Und auch das ist ein Baustein, der die These stärkt, dass man es hier mit eventuell einer russischen Sabotageaktionen zu tun hat. Trotzdem: Aus Seriositätsgründen muss man die Ermittlungen abwarten. Dass so etwas im Bereich des Möglichen liegt und dass Russland sozusagen auch die Skrupellosigkeit mitbringt, solche Aktionen durchzuführen, daran sollte niemand heutzutage zweifeln.“
Nun müsse es darum gehen, „dass die Soldatinnen und Soldaten auf Bundeswehrgelände sicher sein müssen und dass der Eigenschutz für die Bundeswehr von immanenter Bedeutung ist – und die muss gewährleistet werden“, so von Notz. „Und das wird zu besprechen sein, auch parlamentarisch in den nächsten Wochen. Was man tun kann, um hier den Schutz der Soldatinnen und Soldaten effektiv zu erhöhen.“
Faber hält Putin für möglichen Drahtzieher der Kasernen-Sabotagen
Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Marcus Faber (FDP), verdächtigt Russlands Präsidenten Wladimir Putin, hinter den möglichen Sabotagefällen bei zwei Bundeswehr-Kasernen in Nordrhein-Westfalen zu stecken. Zu „Bild“ sagte Faber: „Aufgrund der zeitlichen Nähe der Vorfälle in den beiden Kasernen kann man vermuten, dass ein feindlicher Akteur hier bei uns seine Sabotage-Fähigkeiten demonstrieren will. Der Akteur, der gerade das größte Interesse daran hat, ist Putin.“ Ob dieser Verdacht sich bestätige, „müssen aber die weiteren Ermittlungen ergeben“, sagte der Verteidigungsexperte. Sowohl der Bundeswehr-Standort Köln-Wahn als auch der Nato-Stützpunkt in Geilenkirchen wurden am Mittwoch Ziel von Sabotage-Aktivitäten. +++