Versinkt Fulda in Farbschmierereien?

Im Alltag fallen einem die negativen Veränderungen in Fuldas Stadtbild kaum auf. Wer jedoch bewusst Ausschau danach hält, der wird heute kaum noch ein Gebäude finden, das gänzlich frei ist von Schmierereien. Fuldas öffentlicher Raum zeigt zunehmend einen Grad der Verwahrlosung, den man sonst nur von Berlin oder anderen Großstädten kennt. Dies wirft einige Fragen auf, wie etwa worin die Ursachen dieser Zerstörungswut liegen und was dies für Fulda zu bedeuten hat, aber auch, warum die Stadt ihrer Verantwortung nicht gerecht wird, und diese Unsitte unterbindet.

Schmiererei oder Straßenkunst?

Zunächst einmal gilt es zwischen sogenannter „Straßenkunst“ und profanen Schmierereien zu unterscheiden. Oftmals ist der Unterschied nur klein, doch es lassen sich einige Kriterien aufstellen, die eine klare Abgrenzung ermöglichen. So wird Straßenkunst nicht selten tagsüber und mit Erlaubnis der Eigentümer angebracht. Sie ist meist vielfarbig und transportiert ein in sich geschlossenes Thema. Kurzum, Straßenkunst wertet die Wand auf, an der sie angebracht ist. In Fulda gibt es durchaus einige Stellen mit Graffiti, die diesen Qualitätskriterien gerecht werden.

Im Gegensatz dazu lassen sich Schmierereien in aller Regel daran erkennen, dass sie hastig und in phantasieloser Weise mit einer Farbdose angebracht werden. Mehr als eine Markierung ist es meist nicht, mit der die Täter anonym die öffentliche Aufmerksamkeit auf sich zu richten versuchen. Bei der Mehrzahl handelt es sich um unlesbare Kritzeleien, wobei manch eine Schmiererei auch eine extremistische Botschaft transportiert. Mit der möglichst großen Sichtbarkeit als Hauptmotiv beschmieren die Täter dabei wahllos alles, was ihnen die Gelegenheit vor die Farbdose stellt.

Kleine Tätergruppe, große Wirkung

Die Zahl unterschiedlicher Markierungen deutet auf eine geringe Zahl an Tätern und Tätergruppen hin, deren Durchschnittsalter kaum die 20 Jahre überschreiten dürfte. Es ist naheliegend, dass sie sich gegenseitig zu weiteren Schmierereien anstiften, was das beobachtbare Bild einer progressiv zunehmenden Verwahrlosung des öffentlichen Raumes erklärt. Obwohl es sich bei den Verantwortlichen für die Schmierereien durchaus nur um eine Handvoll Personen handeln könnte, ist der von ihnen angerichtete Schaden am Stadtbild heute bereits dennoch immens.

Den Tätern entgegen kommt der Preis, da eine Schmiererei effektiv nur wenige Euro kostet und in kaum einer Minute angebracht ist. Ihre Entfernung dagegen kostet ein Vielfaches davon, da oftmals mehrfach gestrichen werden muss, zumal sich die Farbe nicht von jedem Untergrund wieder problemlos entfernen lässt. Hinzu kommt die Frage nach dem Eigentum und damit der Verantwortung über das Beheben des Schadens. Die Stadt Fulda, Betreiber von Brief- oder Verteilerkästen, sowie Privateigentümer haben jeweils unterschiedliche Vorstellungen von der Außenwirkung einer Schmiererei, und so schreitet die visuelle Verwahrlosung stetig voran.

Aus dem Blickwinkel des Marketings lassen sich zusätzlich zwei weitere Aspekte mit Relevanz ausmachen. Zum einen kostet öffentliche Plakatwerbung circa 10-20 Euro pro Tag. Der Gegenwert einer für längere Zeit gut sichtbaren Schmiererei beläuft sich damit auf mehrere tausend Euro. Den wenigsten Tätern wird diese Summe jedoch jemals in Rechnung gestellt. Darüber hinaus erzielen Schmierereien bei Rezipienten analog zu Werbung eine psychologische Wirkung, deren Relevanz sich alleine schon an der Existenz öffentlicher Plakatwerbung ablesen lässt. Während Werbung zum Kauf animiert, so hinterlassen die Schmierereien den Eindruck einer allgemeinen Achtlosigkeit, die schließlich in Verwahrlosung kulminiert.

Täterkreise und Sozialisation

Ein aufmerksamer Gang durch die Stadt verrät, dass Schmierereien bevorzugt im Bereich der Hauptverbindungswege angebracht werden, sowie an Orten, an denen sich nachts und Wochenenden besonders viele Jugendliche und junge Erwachsene aufhalten. Zu nennen wären hierbei die Parks und Wohnheime der Stadt, insbesondere aber das Jugendkulturzentrum als Fuldas wohl bedeutendstem Epizentrum für diese Unsitte. Dessen Innenhof jedenfalls spricht Bände über literweise Farbe, die von dort aus ihren Weg an die umliegenden Brückenpfosten, Stromkästen und Wände findet.

Die Schmierereien selbst lassen sich grob in drei Kategorien einteilen. Beim ersten Typus handelt es sich um die oben erwähnten einfachen Markierungen, die sich vermutlich mit jugendlichem Überschwang oder Narzissmus erklären lassen. Ebenso bereits erwähnt wurden die zumeist linksextremistischen Parolen, wobei mitunter auch islamistische oder rechtsextremistische Motive an die Bänke und Wände der Stadt geschmiert werden. Als dritte relevante Gruppe gibt es schließlich noch Fußballfans von Eintracht Frankfurt, die mit ihren Aufklebern und areligiösen Glaubensbekenntnissen per Farbdose meinen, überall in der Stadt ihr Revier markieren zu müssen.

Was tun?

Anhand der örtlichen und thematischen Einordnung des Problems lässt sich feststellen, dass es sich um ein spezifisch subkulturelles Phänomen handelt, bei dem sich die unterschiedlich motivierten Täter gegenseitig hochschaukeln. Absehbar wird die gegenwärtige Entwicklung wohl nicht enden, bevor Fulda vollends in Schmierereien versunken ist. Da dies kaum wünschenswert ist, braucht es dringend spezifische Maßnahmen dagegen. Hierzu zählt die gezielte Ansprache potenzieller Tätergruppen, sowie das regelmäßige Entfernen neuer Schmierereien, um den Anreiz für weitere Schmierereien zu unterbinden, aber auch polizeiliche Maßnahmen zur richtigen Zeit und am richtigen Ort.

Überdies zeigte der Zufall, dass in Fulda das Anbringen von Schmierereien heute bereits im Kindergarten ansozialisert wird. So erlaubt die städtische Kindertagesstätte Sonnenblume Horas den von ihr betreuten Kindern, ihre Launen mit Kritzeleien an den Außenwänden der Tagesstätte auszuleben. Unbekannt ist, ob es sich hierbei um eine Ausnahme handelt, oder um eine Regel analog zur genderdeutschen Kommunikation in Fuldas Bildungseinrichtungen. Feststellen lässt sich jedenfalls, dass die Erlaubnis zum Kritzeln ein Sozialisationssignal aussendet, welches die Kinder später zu falschen Taten verführen könnte. Es läge im Interesse der Stadt und seiner Bürger, den dort und andernorts eingeschlagenen Pfad wieder zu korrigieren. +++ fdi/Manfred Kopf


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