ver.di Hessen kritisiert Qualität in hessischen Kitas

Wiesbaden. Für ver.di Hessen greift die von CDU und Grünen in Aussicht gestellte teilweise Abschaffung der Elternbeiträge in hessischen Kindertagesstätten zu kurz. Außerdem belastet der überraschende Vorstoß der Landesregierung, den sechsstündigen Kita-Besuch ab dem dritten Lebensjahr beitragsfrei zu stellen, die Kommunen, da sie die Mehrkosten der fehlenden Elternbeiträge aufgrund der zu Grunde liegenden Finanzierungssystematik teilweise auffangen müssen. Zudem geht die Regelung zur Gebührenfreiheit an der Betreuungsrealität hessischer Familien vorbei, die durchschnittlich siebeneinhalb Stunden Betreuungszeit in Anspruch nehmen und sich eine qualitativ hochwertige Betreuung für ihre Kleinsten wünschen.

Für uns folgt die Initiative der schwarz-grünen Landesregierung einer falschen politischen Prioritätensetzung im frühkindlichen Bildungsbereich, sagt Gerhard Abendschein, Landesfachbereichsleiter Gemeinden bei ver.di Hessen. Denn, so Abendschein weiter, so lange die Rahmenbedingungen und die Qualität in hessischen Kitas noch nicht stimmen, können sich auch die hessischen Eltern nur bedingt über eine anteilige Gebührenbefreiung freuen.

ver.di schwebt hingegen eine Finanzierungsstrategie vor, welche in einem Dreiklang die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten, die Betreuungsqualität und die Belastungen der Eltern gemeinsam in den Blick nimmt. Denn, wie die Bertelsmann-Stiftung kürzlich feststellte, Hessen ist nach wie vor Schlusslicht im westdeutschen Vergleich beim Betreuungsschlüssel für Kinder unter drei Jahren (1 zu 3,8) sowie bei älteren (1 zu 9,6). Außerdem differiert die Betreuungsqualität innerhalb Hessens deutlich und weist ein starkes Ost-Süd-Gefälle auf, da in Darmstadt für U3-Kinder mit 3,1 der in der Studie vorgeschlagene pädagogisch angemessene Betreuungsschlüssel fast erreicht wird, wo hingegen Fulda mit 4,5 betreuten U3-Kindern pro Fachkraft dieses Ziel deutlich verfehlt. Nach den Berechnungen der Stiftung fehlen in Hessen zudem 7.400 Fachkräfte, um einen kindgerechten Personalschlüssel überhaupt umsetzen zu können.

ver.di Hessen schlägt daher zunächst eine umfassende Reform des Hessischen Kinderförderungsgesetzes (HessKiföG) vor. Folgendes muss hierbei u. a. leitend sein:

– Deutliche Erhöhung aller kindbezogenen Förderpauschalen auf mindestens 70% der Gesamtbetriebskosten.
– Vereinfachung der derzeitigen Berechnungssystematik und perspektivisch eine Rückkehr zur gruppenbezogenen Förderung.
– Realistische Pauschalierung der Ausfallzeiten bei 25%.
– Berücksichtigung mittelbarer pädagogischer Tätigkeiten mit 50%.
– Eine volle Leitungsfreistellung je 40 Kindern unter drei Jahren respektive 80 Kindern über drei Jahren und weitere über eine Vollzeitstelle hinausreichende Freistellungsanteile für stellv. Leitungen, die ab 40 Plätzen zudem verpflichtend zu bestellen sind.
– Keine Anrechnung von JahrespraktikantInnen auf den Fachkraftschlüssel.

Wir brauchen in Hessen eine Qualitäts- und Qualifizierungsoffensive für Kindertagesstätten, welche die Rahmenbedingungen verbessert, die Kommunen bei der Kinderbetreuung finanziell entlastet und in nachvollziehbaren Schritten die Elternbeiträge für Ganztagesplätze abschafft, fasst Gerhard Abendschein die ver.di Position zusammen. +++