Unionsfraktionschef Kauder warnt Ankara vor weiteren Provokationen

SPD-Außenpolitiker Annen rügt Erdogans Kritik an Gabriel

Volker Kauder (CDU)

Berlin. Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) hat Ankara vor weiteren Provokationen gewarnt. „Die türkische Regierung will offenbar die Beziehungen zu Deutschland aus innenpolitischen Gründen systematisch zerstören“, sagte der CDU-Politiker den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Deutschland wird hier nicht mitmachen. Doch auch für uns gibt es klare Grenzen.“ Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte Deutsche mit türkischen Wurzeln dazu aufgerufen, CDU, SPD und Grüne bei der Bundestagswahl zu boykottieren.

Kauder entgegnete, die Deutsch-Türken sollten nun erst recht zur Wahl gehen und damit ein Bekenntnis zur Demokratie abgeben. Der Fraktionsvorsitzende wörtlich: „Ich kann den Deutschen mit türkischen Wurzeln zurufen: Lassen Sie sich von niemanden von außen beeinflussen! Deutschland ist Ihr Land!“ Kauder verlangte zudem von Ankara, die Verfolgung von Deutschen zu beenden. „Die in der Türkei inhaftierten Journalisten müssen freikommen“, forderte er. Es sei gut, dass der Schriftsteller Dogan Akhanli von den spanischen Justizbehörden offenbar unter Auflagen freigelassen worden sei. „Es muss alles getan werden, dass Herr Akhanli an die Türkei nicht überstellt wird“, verlangte Kauder. „Es darf nicht noch weitere Opfer der politisch motivierten Justiz geben.“ Das Verhalten der türkischen Regierung werde dem Land langfristig nichts nutzen. „Die Buchungen für Urlaubsreisen deutscher Touristen sind bereits zurückgegangen“, sagte Kauder und bekräftigte seine Aussage, er persönlich werde derzeit in der Türkei keinen Urlaub machen. „Ich halte es auch für ausgeschlossen, dass sich die Wirtschaftsbeziehungen angesichts des politischen Klimas positiv entwickeln können“, fügte er hinzu.

SPD-Außenpolitiker Annen rügt Erdogans Kritik an Gabriel

Der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Niels Annen, hat die verbalen Angriffe des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan auf Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) scharf zurückgewiesen. „Es ist leider keine neue Taktik von Erdogan, Konflikte emotional zu führen und zu personalisieren“, sagte der SPD-Politiker dem „Handelsblatt“. Die Bundesregierung und der Außenminister setzten sich für eine starke und demokratische Türkei ein. „Wir müssen unvermindert ein Interesse an guten Beziehungen zur Türkei haben“, sagte Annen. Dazu gehöre es auch, in schwierigen Zeiten sprechfähig bleiben. „Aber niemand kann von uns erwarten zu schweigen, wenn Erdogan sein Land in eine Diktatur verwandelt und versucht, deutsche Staatsbürger für seine Politik zu instrumentalisieren.“ Im Streit über Erdogans Aufruf an türkischstämmige Deutsche zum Boykott von Union, SPD und Grünen bei der Bundestagswahl hatte der türkische Präsident Außenminister Gabriel scharf angegriffen.

Gabriel begrüßt Freilassung von Schriftsteller Akhanli

Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) hat sich erfreut über die Freilassung des türkischstämmigen deutschen Schriftstellers Dogan Akhanli in Spanien geäußert. „Ich freue mich, dass Dogan Akhanli wieder auf freiem Fuß ist“, sagte Gabriel am Sonntag. „Es wäre schlimm, wenn die Türkei auch am anderen Ende Europas erreichen könnte, dass Menschen, die ihre Stimme gegen Präsident Erdogan erheben, in Haft geraten würden.“ Er habe „vollstes Vertrauen“ in die spanische Justiz. Zuvor hatte der Anwalt des Schriftstellers mitgeteilt, dass Akhanli unter der Auflage, Madrid nicht verlassen zu dürfen, freigelassen werde. Akhanli war am Samstag in Granada auf Veranlassung der türkischen Regierung festgenommen worden. +++