Umsiedlung Firma Weider – Farnung: Es kursieren fachlich falsche Aussagen

Offener Brief - Dipl.-Ing. Marco Farnung

Symbolbild

Eichenzell. In der öffentlichen Diskussion um die Umsiedlung der Firma Weider und der dort – nach Ansicht von Dipl.-Ing. Marco Farnung – kursierenden fachlich falschen Aussagen, hat der Diplomingenieur nun einen offenen Brief verfasst, um die Thematik aus einer anderen Perspektive darzustellen.

Verehrte Mitbürger/innen der Gemeinde Eichenzell, seit Wochen gibt es in unserer Gemeinde nur noch ein Thema: die Brecheranlage des Unternehmers Weider. Auch ich habe die Vielzahl an Zeitungsberichten und Leserbriefen gelesen. Und dies auch unter dem Vorbehalt, dass ich mir, wie die meisten Bürger aus Eichenzell, vor allem wünsche, dass meine Frau, meine beiden Kinder und ich selber, ohne Schadstoffbelastung und unnötigem Lärm aufwachsen und lange gesund bleiben.

Ich denke, mit diesem Wunsch, stehe ich nicht allein. Viele Bekannte und Freunde, die meinen beruflichen Hintergrund kennen, sind in den letzten Tagen auf mich zugekommen und haben gefragt, ob dies mit der geplanten Anlage wirklich so schlimm sei, wie in den Medien teilweise beschrieben. Mein persönlicher Wendepunkt in dieser Thematik, kam mit dem öffentlichen Brief aus „Ärztlicher Sicht“ einer Fachärztin. Als ich den Brief gelesen Hatte, dachte ich zunächst: dieser Brief ist fachlich derart falsch, den hätte auch meine 15-jährige Tochter schreiben können. Entscheidend war aber für mich, dass mit diesem Brief bewiesen war, dass die gesamte Diskussion nicht mehr sachlich läuft, sondern nur noch auf emotionaler Ebene geführt wird. Jetzt hatte sich eine Person mit akademischer Ausbildung öffentlich geäußert, dabei aus meiner Sicht, jegliche wissenschaftliche Vorgehensweise außer Acht gelassen, um alleine Angst unter den Bewohnern zu erzeugen. Meine Entscheidung war gefallen, die Thematik einmal unter fachlichen Gesichtspunkten zu beleuchten.

Zunächst einmal möchte ich mich Ihnen aber vorstellen. Mein Name ist Marco Farnung; ich bin in dieser Thematik zunächst einmal Bürger von Eichenzell. Ich bin aber auch Inhaber eines Ingenieurbüros für Arbeitsschutz und ausgewiesener Experte in diesem Thema. Davor war ich viele Jahre Gutachter in der Altlastensanierung und habe täglich Abbruch- und Bodensanierungsarbeiten geplant und geleitet, Boden und Bauschutt beprobt und eingestuft. Daher sind mir die Themen „Arbeitsschutz“ und „Emissionsschutz“ sehr geläufig. Und aus dieser fachlichen Sicht, möchte ich gerne einmal ein paar Punkte des Briefes der Ärztin hinterfragen. Bereits die Einleitung ist nicht korrekt. So wird beispielsweise geschrieben, dass „der Anteil an geplantem Schuttvolumen, dem Anteil an Z2-Materialien, dem Anteil an Stäuben und wiederum dem Anteil an giftbelasteten Stäuben…“ als Fakten bekannt sind. Fakten sind ja zunächst einmal Tatsachen, also per Definition des Strafgesetzbuches „Zustände oder Vorgänge aus Gegenwart und Vergangenheit, die dem Beweis zugänglich sind.“ Bezüglich den Aussagen zu Schuttvolumen und Anteil an Z2 Material, kann man sich hier noch streiten; dass aber bereits zum jetzigen Zeitpunkt bewiesen ist, wie hoch der Anteil an giftbelasteten Stäuben ist, ist falsch und fällt für mich unter die Kategorie „Panikmache“.

Es ist nämlich nicht möglich, Rückschlüsse von einer Einstufung gem. LAGA (hier: Z2) – auf die Schädlichkeit von Emissionen zu beziehen. Eine Einstufung nach LAGA, ist Abfallrecht; für Emissionen bzw. Immissionen, gibt es das Emissionsschutzrecht sowie das Arbeitsschutzrecht. Es handelt sind hierbei um völlig unterschiedliche Themengebiete. Ein Beispiel hierzu: Immer wieder wird im Zusammenhang mit dem ggf. aufzubereitenden Bauschutz, der Begriff Z2 verwendet. Dies ist eine Einstufung nach der Länderarbeitsgemeinsacht Abfall; kurz LAGA. In Hessen aber, dies wurde in der bisherigen Diskussion völlig vernachlässigt, erfolgt die Einstufung nach dem Merkblatt „Entsorgung von Bauabfällen“. In diesem Merkblatt finden Sie in der Tabelle 3, Seite 31 Zuordnungswerte zur Einstufung von Bauschutt in die unterschiedlichen Kategorien. Wenn Sie sich diese Tabelle anschauen, fällt auf, dass nur für die Kategorie Z0 Werte aufgegeben sind. Es sind lediglich Werte für das sogenannte „Eluat“ aufgegeben. Ein Eluat ist, vereinfach ausgedrückt, eine Bodenprobe in Wasser aufgelöst. Hier will man analytisch bestimmen, welche Schadstoffe sich wie stark im Wasser lösen. Und dies zeigt auch gleich, welche Absichten man hier mit einer Einstufung hat. Bauschutt wird i. d. R. als Verfüllmaterial oder als Unterbau benutzt; das Verfüllmaterial wird dann i. d. R. noch durch z. B. eine Dichtungsschicht oder eine Rekultivierungsschicht bedeckt. Mit der Bestimmung von Schadstoffen im Eluat, geht es alleine um die Abschätzung, welche Schadstoffe durch Niederschlagswasser ausgewaschen werden können und ggf. ins Grundwasser geraten. Eine Abschätzung von Schadstoffgehalten in der Luft aufgrund einer Einstufung nach LAGA bzw. Merkblatt, ist daher, entschuldigen Sie bitte den Ausdruck, „fachlicher Blödsinn“.

Im Verlauf des Briefes wird Z2 dann mit „der am höchsten schadstoffbelasteten Stufe in der Aufbereitung“ beschrieben, die anschließend, in eine umweltsichere Sonderdeponie verbracht werden muss.“ Ich habe mich gefragt, warum schreibt eine Ärztin, mit akademischen Grad, fachlich so ungenau, zumal dies doch in Zeiten von Google, Wikipedia und Co. genau nachzulesen ist? Ich möchte keine Mutmaßungen an dieser Stelle treffen, aber es wäre Niemandem zu verdenken, wenn der Eindruck offen ausgesprochen wird, dass die Meinung der Ärztin, beeinflusst wurde. Denn richtig ist, und wie auch durch die LAGA beschrieben, dass „die Zuordnungswerte Z 2 [ ], die Obergrenze für den Einbau von Bodenmaterial in technischen Bauwerken, mit definierten technischen Sicherungsmaßnahmen dar[stellen].“ Heißt also für den Laien: Z2-Boden bzw. Z2-Bauschutt, darf offen in technischen Bauwerken (z. B. Lärm- und Sichtschutzwälle sowie Straßendämme) eingebaut werden und muss nicht deponiert werden. Beim offenen Einbau, müssen allerdings definierte technischen Sicherungsmaßnahmen beachtet werden. Hier geht es im Wesentlichen um die Sickerwässer, wie zuvor bereits erläutert.

Ich habe auch die Stellungnahme des TÜV zu den erwartenden Staubemissionen durch den Betrieb der Anlage gelesen. Das Gutachten ist für einen Menschen ohne fachlichen Hintergrund durchaus schwer zu lesen; allerdings fallen auch klare Aussagen, wie „Im Wohngebiet ist die Ermittlung der Immissionsvorbelastung [ ] nicht erforderlich, da die Zusatzbelastung [durch den Betrieb der Anlage] irrelevant ist.“ Auch am Beispiel von Blei, wurde dies, durch die Gutachterin, gut ausgearbeitet und verständlich beschrieben, dass vorrausichtlich lediglich 1,72 % des nach TA Luft erlaubten Jahresmittelwertes von 100 µg/m2 x Tag erreicht wird und dieser Wert damit noch unterhalb der irrelevanten Zusatzbelastung liegt. Jetzt werden Kritiker sagen, dass es sich hier ja um ein Gutachten handelt, was alleine auf Prognosen beruht oder, dass im Gutachten, nicht die richtigen Mengen an Bauschutt, die aufbereitet werden sollen, hinzugezogen wurden. Zu den Prognosen möchte ich sagen, dass derzeit alle Beteiligten beider Seiten, sich auf Prognosen stützen. Auf Seiten des Unternehmers bzw. der Gemeinde, handelt es sich jedoch um Prognosen von Fachleuten, die in Ihre Prognosen u. a. ihr fachliches Know-how und ihre Erfahrungswerte aus der täglichen Arbeit, mit einfließen lassen.

Meine persönliche Prognose zu den erwartenden Staubbelastungen, beruht auf meiner Erfahrung als Arbeits- und Sicherheitskoordinator in einem Sanierungsvorhaben, was mit 10 Jahren Planungsarbeit, 10 Jahren Bauzeit und Kosten von mehr als 80 Millionen Euro, seiner Zeit zu den Top 3 der größten, laufenden Sanierungsvorhaben in Deutschland zählte. Es ging in diesem Vorhaben um die Sanierung von privaten Grundstücken mit hochgradig mit Arsen, Blei und Dioxinen verunreinigten Böden, bis in eine Tiefe von bis zu 7 Metern. Während alles um die Wohnhäuser herum abgebrochen wurde, blieben nur die Häuser auf sogenannten Unterfangungen stehen. Mein Gutachten zu den zu erwartenden Staubbelastungen für den Beschäftigten in der Baugrube, wie auch den Anwohnern in den Häusern, umfasste mehr als 100 Seiten und war später auch eine Grundlage für meine Bestellung als öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Arbeitsschutz im Hoch- und Tiefbau. Damit Sie, verehrte Leser, verstehen, was für Schutzmaßnahmen für die damalige Sanierung durchgeführt wurden: Im ersten Bauabschnitt wurde das Wohnhaus in der Baugrube vollständig mit Plane eingehaust: ähnlich der Verhüllung des Reichstages durch Christo. In den folgenden 4 Abschnitten, wurde darauf verzichtet, weil man festgestellt hatte, dass trotz Jahrhundertsommer und dem Aushub und Verladung von 1000 to Boden pro Tag, unmittelbar auf dem Grundstück, die Staubbelastungen lange nicht so schlimm waren, wie erwartet. Zur Ermittlung der Staubbelastungen, wurden Bergerhof-Gefäße, Diffraktometer und High-Volumen Sampler verwendet und damit umfangreiche Daten gesammelt. Warum waren die Staubbelastungen deutlich geringer als erwartet? Das liegt einfach daran, dass die Bewertung von Staubbelastungen im Vorfeld extrem schwierig ist und es viele Einflussfaktoren gibt, wie z. B. die höchstmögliche Verdünnung durch die Atmosphäre.

Bei Stäuben gibt es ein wesentliches Problem: Stäube können unmittelbar an der Entstehungsstelle – nur quantitativ ermittelt werden, nicht aber qualitativ. Heißt, Sie können durch z. B. ein Diffraktometer messen, wie hoch die Staubbelastung in einem Moment ist. Sie können aber nicht sagen, in welcher Konzentration der Staub mit Schadstoffen, wie Arsen oder Blei beaufschlagt ist. Dies kann nur durch ein Labor analytisch erfolgen. Eine Vorgehensweise für Fachleute besteht darin, dass sogenannte „Bergerhoff-Gefäße“ aufgestellt werden (diese ähneln einem Einmach-Glas), worin sich über einen bestimmten Zeitraum, Staub niederschlägt, der im Labor dann analytisch u. a. auf Menge, Zustand und Schadstoffe, untersucht wird. Dies heißt also, dass man erst Tage später einen Wert über eine Schadstoffbelastung des Staubes bekommt. Ich wiederhole also: Zum heutigen Zeitpunkt davon zu sprechen, dass bekannt wäre, welche Belastungen vorhanden sind, entbehrt jeglicher fachlichen Grundlage. Im weiteren Verlauf des Briefes, werden dann verschiedene Stoffe und deren Gefährlichkeitsmerkmale aufgelistet. Dies liest sich für Kritiker erst einmal gut; fachlich nicht versierte Bewohner, bekommen beim ersten Lesen, erst einmal Angst. Da fällt mir spontan das Sprichwort von Paracelcus ein: „Alle Dinge sind Gift, und nichts ist ohne Gift; allein die Dosis macht, dass ein Ding kein Gift sei.“ Und dieses Sprichwort ist Ihnen, verehrte Leser, sicherlich schon an einigen Beispielen begegnet. Ein gutes Beispiel ist sicherlich der Einsatz von Botox, einem der stärksten Gifte überhaupt. Stars und Sternchen spritzen es sich unter die Haut. Sterben daran tun diese Menschen nicht. Warum? Alleine die Dosis macht es eben. Und genauso ist es auch bei den zitierten Gefahrstoffen. Wie hoch ist aber nun die Dosis, denen die Bewohner ausgesetzt werden könnten? Rückschlüsse durch die abfalltechnische Einstufung, können ja, wie erläutert, nicht gezogen werden. Rechnerisch ist es möglich, aber schwierig und man könnte daraus sicherlich eine wissenschaftliche Arbeit machen, die alle Beteiligten aber nicht weiterbringen wird.

Ich für meinen Teil, nehme den Arbeitsschutz mal zur Hilfe. Z2-Boden (ich kann leider nur auf Boden zurückgreifen) darf eine Konzentration von bis zu 700 mg/kg an Blei haben. Dies entspricht 0,0007 mg Blei pro mg Staub. In Deutschland liegt nun der aktuelle Staubgrenzwert für den einatembaren Staub, (E-Staub) bei 10 mg/m³. Bei Einhaltung dieses Grenzwertes und der Annahme, dass der Staub zu 100% mit Blei kontaminiert ist, würde die Konzentration in der Atemluft 0,007 mg/m³ betragen. Im günstigsten Fall, kann man nun diesen Wert mit einem Grenzwert vergleichen. Im Arbeitsschutz gibt es derzeit keinen Arbeitsplatzgrenzwert (AGW-Wert) für Blei. Bis zum Inkrafttreten der neuen Gefahrstoffverordnung im Jahre 2005, war für Blei und seine Verbindungen, in der alten TRGS 900, ein gesetzlich verbindlicher Grenzwert von 0,1 mg/m³ im E-Staub als Maximale Arbeitsplatzkonzentration (MAK) festgelegt. Verglichen mit diesem Grenzwert, heißt dies also: Mitarbeiter, die direkt neben der Anlage arbeiten würden, müssten aufgrund des Schadstoffes Blei, keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen erwarten, selbst unter der Überschätzung, dass der Staub zu 100% mit Blei verunreinigt ist. Warum nehme ich den Arbeitsschutz zur Hilfe? Weil der Mitarbeiter evtl. direkt neben der Anlage steht und damit mindestens 300 – 400 m weniger Puffer hat, als Bewohner des besagten Wohngebietes. Aus dieser dargestellten Argumentation heraus, halte ich es für unseriös, wenn eine Ärztin über Dinge redet, die sie aus fachlicher Sicht noch nie bewertet hat. In einem Leserbrief wurde geschrieben, dass die Ärztin „die Auswirkungen von Giften und Lärm auf den Körper kennt und jeden Tag damit in Berührung kommt.“ Dazu meine Frage: Woher soll sie diese Auswirkungen kennen? Zunächst einmal ist die Ärztin keine Durchgangsärztin der Berufsgenossenschaft. Wenn es Statistiken gibt und Zusammenhänge zwischen Staubbelastungen und Krankheiten belegt werden, dann bei den Berufsgenossenschaften. Die Ärztin ist lt. eigenem Briefkopf, eine Fachärztin für Anästhesie und Allgemeinmedizin, d. h. Privatpersonen suchen Ihre Praxis i. W. auf. Und deshalb, gehe ich erstmal davon aus, dass in ihrer Praxis keine Statistiken darüber geführt werden, wie oft Menschen mit Vergiftungserscheinungen ihre Praxis aufsuchen und ob diese Vergiftungserscheinungen durch die inhalative Aufnahme von Blei-belasteten Stäuben entstanden sind.

Verehrte Bürger, der Zusammenhang zwischen der Exposition eines Menschen durch Schadstoffe und dem Ausbrechen einer Krankheit, ist extrem kompliziert, ebenso der Zusammenhang zwischen z. B. einem Bandscheibenvorfall und der täglichen Tätigkeit z. B. als Maurer. Denn die Vorbelastung eines Menschen, fließt ebenso in die Bewertung mit ein, wie z. B. auch der private Lebensstil. Wenn bei einem Menschen Krebs ausgebrochen ist; liegt das an seiner langjährigen Tätigkeit mit einem Gefahrstoff, wie z. B. einem Härter oder eher daran, dass er täglich 20 Zigaretten raucht. Erkennen Sie die Schwierigkeit? In 2014 gab es 75.000 Anzeigen auf Verdacht einer Berufskrankheit innerhalb der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, davon wurden knapp 17.000 anerkannt. Ich, für meinen Teil, möchte also gerne lesen, wie oft Menschen in die Praxis der Ärztin kommen und es klar bewiesen werden kann, dass der Krebs des Patienten, durch das Einatmen von Stäuben entstanden ist. Ich möchte bitte einen ähnlichen Zusammenhang aufgezeigt bekommen, wie bei einem Jungen, der mit blutverschmiertem Knie und einem Skateboard unter dem Arm in die Praxis kommt. Das gleiche im Übrigen auch beim Thema Lärm. Wie oft konnte die Ärztin eine Lärm-Schwerhörigkeit feststellen und klar sagen, dass diese – infolge einer in der Nähe stationierten technischen Anlage verursacht wurde? Ich glaube, dass wird nicht möglich sein und ich halte die fachliche Ausarbeitung des Abschnittes Lärm im offenen Brief m. E. für eine bewusste Täuschung des Lesers. Fangen wir damit an, dass die Anlage von „Montag bis Samstagnachmittag bis zu 112 Dezibel erzeugen“ wird. Dies ist bestimmt richtig. Allerdings ist nicht entscheidend, was die Anlage erzeugen wird, sondern was gegenüber der Wohnbebauung ankommen wird. Fachlich muss hier m. E. zunächst erklärt werden, dass der Schallpegel im Freien mit der Verdoppelung der Entfernung um 6 dB abnimmt. Um es mal mit einfachen Zahlen zu rechnen. Messe ich in einem Abstand von einem Meter zur Brecheranlage einen Schallpegel von 100 dB, so sind in 8 Meter Entfernung nur noch 82 dB vorhanden.

Was bedeutet ein solcher Wert nun eigentlich? Lassen Sie mich dies kurz und plakativ erläutern. Menschen, die Arbeiten, dürfen bis zu einem Schallpegel von 84,9 dB bezogen auf eine Arbeitsschicht von 8 Stunden ohne Gehörschutz arbeiten. Ab 85 dB müssen die Beschäftigten Gehörschutz benutzen. Erhöht sich dieser Wert um 3 dB, resultiert daraus eine Minimierung der Zeit um die Hälfe. Bei einem Schallpegel von 88 dB dürfen Beschäftigte also nur noch maximal 4 Stunden ohne Gehörschutz arbeiten, ohne das Gehörschäden zu erwarten sind. Bei 91 dB sind es 2 Stunden, bei 94 dB 1 Stunde…bei 109 dB sind es 2 Minuten. Heißt also, dass Menschen mit einem Presslufthammer oder einer Kettensäge, maximal 2 – 3 Minuten ohne Gehörschutz arbeiten sollten, wenn großen Wert auf das Gehör gelegt wird. Entgegen der Aussage der Ärztin, hat ein Presslufthammer übrigens deutlich mehr als 80 dB. Eine Geräuschemissionsprognose hat ergeben, dass mit einer Geräuschemission von 42 dB gegenüber der Wohnbebauung zu rechnen ist. Aber auch hier handelt es sich natürlich wieder nur um eine Prognose. Dann sollten die Kritiker vielleicht mal die zuvor dargestellte Rechnung mit der Abstandsverdoppelung prüfen. Bei einer Entfernung von ca. 500 m, kommen noch 52 dB an, ohne Berücksichtigung von einfluss-nehmenden Faktoren, wie Windrichtung, Topgrafie des Geländes, etc. Der Wert von 42 dB, wurde in Medien mit dem Hören von leiser Musik verglichen; und dieser Vergleich, wurde von Kritikern ins Lächerliche gezogen, was ich persönlich nicht nachvollziehen kann. Denn genauso ist es und genau so sollte der Fachmann es einem Laien erklären.

Verehrte Leser, dies waren mal ein paar Fakten. Einige Leser werden mich sicherlich der Fraktion „Pro Shredder“ einstufen. Aber dem ist nicht so. Mir ist es derzeit (noch) egal, ob der Unternehmer Weider seine Anlage baut oder nicht. Aber meines Erachtens, gibt es mittlerweile zu viele Diskussionen um (öffentliche) Themen, die nicht mit der entsprechenden Sachlichkeit geführt werden. Fakten werden verschwiegen oder verdreht. Angst wird den Menschen eingejagt. Es ist m. E. sehr kritisch zu sehen, wenn eine Ärztin, die Menschen schützen soll, eine solche Stellungnahme schreibt, die fachlich so schlecht ausgearbeitet ist und offensichtlich nur den Zweck erfüllen soll, Angst zu verbreiten. Natürlich darf aber jeder seine Meinung sagen; wir leben in einer Demokratie, in der Meinungsfreiheit ein wichtiges Gut ist. Gleichzeitig ist es aber auch ein Problem, dass jeder seine Meinung kundtun darf, denn dadurch sprechen auch Menschen, die aus fachlicher Sicht eigentlich ihren Mund halten sollten. Wenn Sie, verehrte Bürger, Angst vor Staubemissionen oder Lärm haben, dann kann ich Ihnen versichern, dass Sie einen hohen Schutz für Ihre Gesundheit erreichen, wenn Sie vor Ihrer eigenen Haustür „kehren“. Kehren ist hier ein gutes Stichwort. Wussten Sie, dass Kehren auf Baustellen, mittlerweile verboten ist, weil dabei die Staubexposition bewiesenermaßen sehr hoch ist? Wer von Ihnen kehrt noch trocken die Werkstatt oder den Rohbau des neuen Anbaus? Dies ist nur ein Beispiel, aber es gibt unzählige, tägliche Gefahren, die m. E. x-mal schlimmer sind, als die zu erwartenden Gefahren durch den Shredder – dies gilt auch für das Thema Lärm. Vor einigen Wochen sah ich einen Mann, der seiner Tochter auf einem Konzert Gehörschutz aufgesetzt hatte. Ich dachte mir nur: Der Mann hat Ahnung. Lärmschwerhörigkeit ist aktuell ein großes Problem für die Unfallversicherungen; die Prognosen sind aufgrund von MP3-Player und anderen technischen Errungenschaften, düster; dies aber auch aufgrund der Unwissenheit der Menschen. Wer von Ihnen setzt beim „kurz-mal-was-schneiden an der Kreissäge, der Motorsäge, der Flex, etc., im Privatbereich Gehörschutz auf? Die Lärmschwerhörigkeit entsteht nicht erst bzw. nicht nur in der Arbeitswelt und auch nicht ausschließlich durch technische Anlagen, sondern wirklich und prägnant im privaten Bereich; auch bereits ganz früh im Zimmer unserer jugendlichen Kinder.

Die Kritiker werden meinem Brief sicherlich „zerreißen“; manche Beteiligte befinden sich leider auf einer so hohen emotionalen Welle, dass die besten Argumente nicht mehr zählen. So wird es dann kommen, dass Fakten ausgelegt werden, wie es am besten hilft, Gutachten werden nicht akzeptiert. Solange, bis vielleicht ein Gericht entscheiden wird. Meistens mit Hilfe eines ö. b. u. v. Sachverständigen, wie mich. Bis dahin – kann ich Ihnen nur empfehlen, bleiben Sie kritisch, das steht Ihnen zu. Bleiben Sie aber auch ruhig und sachlich und schauen Sie genau hin bei vermeintlichen Argumenten. Ich, für meinen Teil, habe aufgrund meiner beruflichen Erfahrung Vertrauen darin, dass in Deutschland zum Schutze der Öffentlichkeit alles reguliert ist. Sollte die Anlage stehen, hat der Unternehmer Grenzwerte zum Schutz der Öffentlichkeit einzuhalten. Dies zu überprüfen, ist ein Leichtes. Messprogramme können durchgeführt werden, Emissionen können mit Grenzwerten verglichen werden. Grenzwerte, die in wissenschaftlichen Arbeiten und auf Grundlage von Ergebnissen jahrelanger Messreihen, festgelegt wurden und dem Stand der Technik entsprechen. Sind die Emissionen an Staub oder Lärm oberhalb dieser Grenzwerte, muss der Unternehmer nachbessern. Sind die Emissionen aber unterhalb der Grenzwerte, wird sich die Aufregung buchstäblich in Luft auflösen. +++ (Marco Farnung)