Umfrage zum Home-Schooling in Fulda

Kommunikation eines der größten Probleme

Eltern, Schüler und Lehrer konnten in der Zeit vom 10.05.2020 bis 18.06.2020 online und postalisch an der Umfrage zum Home-Schooling in Fulda teilnehmen. Ziel der Umfrage war es, einen Überblick über die aktuelle Situation der betroffenen Haushalte zu bekommen. Es wurden insgesamt 36 Fragen, unterteilt in 6 Fragegruppen, gestellt, wobei die genaue Anzahl Fragen sich zwischen den einzelnen Teilnehmergruppen (Eltern/Lehrer/Schüler) unterschieden hat. Zusätzlich wurde den Eltern die Möglichkeit gegeben, gleichzeitig Angaben für bis zu 5 Kinder anzugeben, sodass entsprechende Fragen bis zu 5 Antworten zuließen.

Die Abschlussfragen wurden allen Teilnehmern gestellt. Es gab zwei Freitextantworten über den positiven Aspekt und auch Verbesserungsmöglichkeiten beim Home-Schooling. Eine Frage befasste sich mit dem Informationsstand der jeweiligen Gruppe, hier waren die Antwortmöglichkeiten, je nach Teilnehmergruppe, unterschiedlich. Abgeschlossen wurde die Umfrage schließlich mit der Frage, ob der Präsenzunterricht wieder beginnen sollte. Die Umfrage war online verfügbar und konnte mit jedem beliebigen Webbrowser ausgefüllt werden. Zusätzlich hatten wir die Möglichkeit genutzt, die Umfrage als “Papierformat” zu exportieren. Diese wurde von den Schulen den Eltern zur Verfügung gestellt – einige Schulen haben diese auch für die Eltern ausgedruckt – sodass ebenfalls teilgenommen werden konnte, wenn kein brauchbarer Zugang ins Internet bestand. Die Umfrage wurde anonym durchgeführt. Selbst die Speicherung der IP-Adressen im Zugriffsprotokoll des Webservers wurde anonymisiert. Es gab keine Zugangsbeschränkungen, sodass jeder mit einem Internetzugang teilnehmen konnte, so der Stadtelternbeirat Fulda in seiner Erläuterung.

Teilnehmer

Da die Umfrage für jedermann im Internet zugänglich war, bestand natürlich die Möglichkeit, diese durch Falscheingaben zu manipulieren. Aufgrund der Offenheit und Anonymität der Umfrage lässt sich dies nicht vollständig ausschließen – es konnte jedoch eine Prüfung der Datensätze auf Validität stattfinden. So kann man zum Beispiel anhand der Schulform in Kombination mit der Jahrgangsstufe fehlerhafte Eingaben eliminieren, weil es äußerst selten einen Grundschüler in der 10. Klasse, genauso wenig wie einen Gymnasiasten in der 1. Klasse geben wird. Von den 3235 vollständigen Antworten wurden durch diese Prüfungen 29 Antworten aussortiert.

Situation der Schüler

Von der Gruppe der Schüler nahmen 809 Schüler/-innen aller Schulformen an der Umfrage teil. Während der Zeit des Homeschoolings haben die Schüler den Kontakt zu den Lehrkräften als regelmäßig empfunden. Für den Großteil bestand die Möglichkeit, sich zu jeder Zeit an ihren Lehrer zu wenden. Die Aufgaben, die ihnen in den Hauptfächern gestellt wurden, waren im Gegensatz zum Präsenzunterricht mit Mehraufwand verbunden, wohingegen es sich in den Nebenfächern etwa die Waage hielt. Das häusliche Lernumfeld wurde von den Schülern von mittelmäßig bis sehr gut bewertet. Hier kommt es auch stark darauf an, in wie weit die Schüler Unterstützung im Elternhaus erfahren. Einsendungen von Arbeitsaufträgen wurden von Schulen und Lehrern unterschiedlich gehandhabt, es zeigte sich ein breites Spektrum von nicht möglich über freiwillig bis zu verpflichtend notwendig. Eine Rückmeldung der Lehrer war für die Schüler immens wichtig, überwiegend erhielten sie diese auch. Die Schüler sind im Hinblick auf die Rückkehr zum Präsenzunterricht eher unentschlossen, was sicherlich auch mit dem Informationsfluss zusammenhängt. Seitens der Schule und Schulhomepage fühlen sich Schüler schlecht bis gut informiert, seitens der Eltern, Medien und sonstiges ist es gut bis sehr gut.

Situation der Eltern

Von der Gruppe der Eltern nahmen 2119 an der Umfrage teil, untergliedert in 281 Väter, dem gegenüber 1788 Mütter, sowie 50 Sonstige (z.B. Grosseltern). Die meisten Eltern, 1069, haben ein Kind auf Fuldaer Schulen, 860 zwei Kinder, 170 drei Kinder, 19 vier Kinder und ein Elternpaar hat 1 fünf Kinder gleichzeitig an Fuldas Schulen. Die Verteilung der Schulform entspricht den üblichen Erwartungen, ausgehend von Beteiligungen an Elternarbeit, meist besucht ist die Grundschule, gefolgt vom Gymnasium und der Realschule. Die Mehrzahl, 1816, lebt mit Partner im Haushalt, nur 230 Alleinerziehende haben die Umfrage beantwortet. Beim überwiegenden Teil besteht zu Hause der Zugang zu digitalen Medien. Von den Teilnehmern sind 1709 berufstätig und nur ein geringer Anteil davon kann im Homeoffice arbeiten. So besteht bei 843 aufgrund der Tätigkeit gar nicht die Möglichkeit, bei 462 ist es nur teilweise im Wechsel mit Präsenz möglich, 278 können vollständig im Homeoffice arbeiten und bei 87 Eltern bietet der Arbeitgeber diese Möglichkeit gar nicht an. Hauptverantwortlich für das Homeschooling ist zumeist auch der/die Befragte selbst, 1347 übernehmen diese Tätigkeit, bei 323 sind beide ungefähr gleich viel im Einsatz während bei 116 hauptsächlich der andere Elternteil zuständig ist. Einen Anspruch auf Notbetreuung haben nur 541 Eltern, die überwiegende Mehrheit von 1040hat keinen Anspruch auf diese, obgleich zum Zeitpunkt der Umfrage der Anspruch auf Notbetreuung bereits auf weitere Elterngruppen erweitert gewesen war.

Als kleinen Vergleich: Es waren 1872 Eltern mit Kindern in den Jahrgangsstufen 1 bis 6, von denen hatten 515 Eltern Anspruch auf einen Notbetreuungsplatz. Setzt man dies in Relation, so erkennt man eine eindeutige Doppelbelastung der Eltern durch das Homeschooling. So hatten von den 2119 Eltern mit Kindern in den Jahrgangsstufen 1 bis 9 1709 Eltern die Doppelbelastung der Arbeit und des Homeschoolings. Die Freitexteingaben der Eltern unterstreichen diesen Eindruck deutlich. Positiv wurde seitens der Eltern hervorgehoben, dass manche Lehrer anriefen, um sich nach den Kindern zu erkundigen und wie diese mit den Aufgaben zurecht kämen. Auch das Feedback einzelner Lehrer nahmen die Eltern positiv wahr. Vereinzelt brachten z.B. Grundschullehrer Aufgaben zu den Kindern und holten die bereits erledigten zur Durchsicht ab. Struktur der Aufgaben in Wochenplänen als auch die gestiegene Selbstständigkeit der Kinder wurden hier erwähnt. Besonders häufig berichteten die Eltern von der sehr guten Kooperation mit den Elternbeiräten. Negativ wurde genannt, dass es oft zuviele Aufgaben gab und häufig keine Struktur erkennbar war sowie Zeitvorgaben zur Erledigung der Aufgaben fehlten.

Ebenfalls häufig bemängelt wurde der Informationsfluss zwischen Lehrern und Schülern – es ist keine einheitliche Form seitens der Lehrer erkennbar. Jede Schule, oft sogar jeder Lehrer einer Schule, handhabt es anders. Dies kann sehr wohl mit der kurzfristigen Information seitens des Hessischen Kultusministeriums (HKM) für die Lehrer zu tun haben. Es zeigt sich auch in der Art und Weise der Kommunikation durch die Lehrer, dass hier dringender Bedarf besteht, zentrale Vorgaben durch das HKM zu erlassen. Ebenso ist eine zentrale, leicht zugängliche, und klar strukturierte Kommunikationsplattform für die Schulen, in Einbindung digitaler Medien wie Videokonferenzen ein zentraler Wunsch. Das HKM steht hier vor einer immensen Herausforderung, nicht zuletzt mit der notwendigen, für die Lehrer verpflichtenden, Fortbildung im Umgang mit diesen Medien. Der Kontakt der Lehrer zu den Schülern via Videokonferenz sollte häufiger und regelmäßig genutzt werden, da dies ein wichtiger Motivator für die Schüler sind. Weniger Kontakt bedeutet oftmals Demotivation und Frust für die Schüler. Auch hier werden bereits benachteiligte Familien abgehängt. Familien mussten sich, gerade bei mehreren Kindern auf verschiedenen Schulen, digitale Endgeräte anschaffen, bei einigen war dies gar nicht möglich. So ist eine Ausstattung mit digitalen Endgeräten seitens der Schule ein weiterer Wunsch der Eltern.

Situation der Lehrer

Von der Gruppe der Lehrer nahmen 278 an der Umfrage teil. 247 von den Lehrern gaben an, Zugang zu digitalen Endgeräten zu haben. Ünterstützung seitens des Schulamtes gab es von ausreichend (57) bis überhaupt nicht (84). Hierbei ist allerdings anzumerken, dass es nicht die ureigenste Aufgabe des Schulamtes ist, Lehrkräfte zu informieren. Der bidirektinale Kontakt besteht zumeist nur zwischen Schulleitung und Schulamt. Weiter befanden die Lehrkräfte die Unterstützung seitens der Schulleitung von ausreichend (55) über gut (75) bis sehr gut (84). Die Frage nach regelmäßigem Kontakt zu den Schülern beantworteten die Lehrkräfte überwiegend positiv, 249 mit ja und 29 mit nein, dieser fand überwiegend wöchentlich statt. Diese Aussage untermauert den Bedarf seitens der Schüler und Eltern nach mehr Kontakt zu Lehrern. Seitens der Lehrkräfte fand der Kontakt zu den Schülern überwiegend per E-Mail statt, gefolgt von Telefon, Lernplattformen, Chat Messages und Videoplattformen. Lobenswert sind die Anstrenungen, digital nicht erreichbare Schüler über den postalischen Weg bzw. offline zur Abholung in der Schule, zu erreichen.
Von den befragten Lehrern sagten 204 aus, dass sie wissen, wie es den Schülern geht. Informationen seitens der Schulleitung, der Medien und Sonstigen Kanälen bewerteten die Lehrer von ok bis sehr gut.

Fazit

Betrachtet man die Aussagen der Teilnehmer der drei Gruppen – Eltern, Lehrer, Schüler – ist deutlich erkennbar, dass die Kommunikation eines der größten Probleme darstellt. Informationen werden aus verschiedenen Gremien weitergegeben, Betroffene sind zum Teil wenig oder kaum darüber in Kenntnis gesetzt. Dies hat zur Folge, dass jeder sein eigenes Programm erstellt, um mit den besten Intentionen das Ziel zu erreichen. Dennoch gehen Schüler verschiedenster Schulformen hier unter und werden abgehängt. Eltern können aufgrund der beruflichen Doppelbelastung (und der damit einhergehenden fehlenden Begleitung sowie schwierigeren Motivation ihrer Kinder) den Präsenzunterricht während des Homeschoolings nicht ersetzen. Sie können nicht Familie, Beruf und Unterricht vereinbaren ohne dabei zu versagen: Familien mit nur einem arbeitenden Elternteil sind hier leicht im Vorteil, dennoch ist die Belastung immens hoch. Privilegierte Haushalte mit maximaler digitaler Ausstattung sind gegenüber weniger privilegierten Familien im Vorteil, was bedeutet, dass die Kinder hier einer nicht aufholbaren Bildungslücke entgegensteuern, die es gilt, schnellstmöglich aufzufangen. Das Homeschooling muss insgesamt betrachtet werden, hier spielt nicht nur der fehlende Päsenzunterricht eine Rolle, auch die Belastung der Schülerinnen und Schüler. Ist das Pensum zu hoch, resigniert der Schüler und nimmt nicht mehr offensiv teil. Hier gilt es einen allgemein gültigen Mittelweg zu finden. Seitens der Eltern und der Schüler, als auch den Lehrern, besteht der Wunsch nach normalem Unterricht. Die vergangene Zeit hat gezeigt, dass kein (Heim-) Unterricht stattgefunden hat, sondern Aufgaben verteilt wurden. Es besteht der Drang nach Digitalisierung im schulischen Bereich, um eine Bildung der Schülerinnen und Schüler auch in solchen Zeiten sicherzustellen.

Wünsche für die Zukunft

Klare Lehrpläne für Unterricht auf dem digitalen Weg durch das HKM. Allgemein gültig für alle Schulformen, damit die Schulen nicht unterschiedlich agieren und alle Schülerinnen und Schüler die selben Grundvoraussetzungen haben. Digitale Ausstattung der Schülerinnen und Schüler, um die Teilnahme an virtuellem Unterricht sicherzustellen. Schulungen der Lehrkräfte, um genau dies leisten zu können. Der Bildungsauftrag an die Kinder muss wieder umgesetzt werden. Homeschooling muss, genau wie der Präsenzunterricht, zentral bearbeitet und in die Regularien mit aufgenommen werden, um auch in Zukunft die bestmögliche Ausbildung der Kinder garantieren zu können. Es braucht einen einheitlichen, zentral vom Ministerium, vorgegebenen Standard für “Homeschooling”, stark verbesserte digitale Ausstattung der Schulen und Schüler und verpflichtende Fortbildungen für alle Lehrer. +++ pm/nh

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