Überraschung in Eichenzell – Haushaltsentwurf des Bürgermeisters durchgefallen

Bürgermeister Rothmund: Brauchen dringend einen geschlossenen Haushalt

Eine Überraschung gab es in Eichenzell: Bürgerliste, SPD und FDP haben den Haushaltsentwurf von Eichenzells Bürgermeister Rothmund (CDU) abgelehnt. Eine große Überraschung für die CDU – zumal Peter Seuffert (CDU) den Haushaltsentwurf in der Debatte gelobt hat. Er sei solide innovativ, zukunftsgerichtet und würde auf Steuererhöhung verzichten. Die Gemeinde wolle 9 Millionen Euro investieren, ohne neue Schulden aufzunehmen.

Weber (BL): Haushalt auf Kante genäht

Der Chef der Bürgerliste (BL) Joachim Weber, einer der Kritiker, sagte, der Haushalt sei auf Kante genäht. Trotz Corona plant der Bürgermeister ein Einnahmeplus von 10 Prozent gegenüber dem Vorjahr ein. Dies sei nach Weber ein Blindflug. Bürgermeister Rothmund habe die großen Linien seines Entwurfs nicht mit den Fraktionen abgestimmt, sondern diesen den Fraktionen einfach so „hingeklatscht“. „Das zeigt fehlenden politischen Respekt“, sagt Joachim Weber. Und weiter: „Wir erwarten, dass man sich bei einem solch ambitionierten Haushalt mit den Fraktionen im Vorfeld abstimmt. Insbesondere vor dem Hintergrund der angespannten pandemischen Lage, in der wir aktuell leben. Wir sollten ohne politische Spielchen an einem Strang ziehen. Das Gegenteil ist der Fall. Kommuniziert wird wohl eher mit der eigenen Partei.“ Für den Vorsitzenden der Bürgerliste werde Smart City immer mehr zu einer Dunstglocke, unter dieser sich dichter Nebel sammelt, ohne dass ein Sturm diesen wegbläst. Je mehr man aber Dinge hinterfrage, umso mehr greife man ins Leere. Ein Einzelgespräch, um Punkte zu hinterfragen, sei dem Teamleiter untersagt geblieben. „Gut, dann brauchen wir auch so ein Team nicht, wenn es nur unter Aufsicht mit Anderen reden darf“, so Weber. Und weiter: „Der Anschluss von Smart City an die Bürger ist völlig verlorengegangen. Wir schweben auf der Wolke Smart City, reisen nach Helsinki, nach Barcelona, nach Hamburg, erstellen kaum brauchbare Umfragen, bauen Smart Laternen im Industriegebiet […] Bei einfachen Fragen zu einzelnen Punkten bekommt man aber ellenlange, unbrauchbare Erklärungen. Die Kollegen aus dem Smart City-Team dürfen nicht antworten, man könnte ja was politisch nicht Korrektes sagen. Stattdessen bekommen wir unbrauchbare Worthülsen. So geht Smart City nicht.“

Köhler (SPD): Investitionsvolumen von neun Millionen Euro zu hoch

Große strukturelle Probleme im Haushalt sieht auch der Vorsitzende der SPD-Fraktion im Eichenzeller Gemeindeparlament Lutz Köhler. Die Einnahmen für die Gewerbe- und Umsatzsteuer seien zu optimistisch; das Investitionsvolumen von neun Millionen Euro zu hoch. Für die Quartiersgarage könne die SPD kein Geld bewilligen, wenn nicht klar sei, was gebaut werde. Dies sei jedoch nicht der Grund für die Ablehnung des Haushaltes, verdeutlich Köhler, sondern, dass die Zahlungen an Fulda Petersberg und Künzell für das interkommunale Gewerbegebiet nur ausgesetzt sei. Bei einer Aussetzung könne das Geld später noch gefordert werden. „Dafür haben wir aber keine Rückstellungen gebildet“, betont Köhler.

Schad (FDP): Bürgermeister mit seiner Verwaltung in der Pflicht

„Wir teilen die von Bürgerliste und SPD eingebrachten Bedenken zum Planentwurf“, so Claus-Dieter Schad von der FDP. Die zu einzelnen Positionen geäußerte Kritik waren mehr als nur geeignet, den Haushaltsentwurf abzulehnen. Dabei geht es um keine Priorisierung einzelner Kritikpunkte, die Summe an Einwänden musste zwingend zu diesem Votum führen.“ Schad bemängelte vor allem, dass sich die Ärzteversorgung nicht im Plan wiederfindet. Und das, obwohl die letzten Hausarztpraxen auf der Kippe stünden. Die Gemeinde müsse nach Schad Geld für ein kommunales MVZ bereitstellen. Ein Fehler sei auch, dass die Gemeinde keine Vorsorge für die wachsende Inflation treffe. Es braucht jetzt schnelles Handeln, um den Haushalt in eine genehmigungsfähige Form zu bringen. Hier ist zunächst der Bürgermeister mit seiner Verwaltung in der Pflicht. Das Gesprächsangebot von Bürgerliste, SPD und FDP steht und wurde auch schon in der Sitzung öffentlich ausgesprochen. „Die Gemeindevertretung, der Haupt- und Finanzausschuss und die Fraktionsvorsitzenden können sich (falls vom Bürgermeister gewünscht) jederzeit und sehr rasch und auch zwischen den Jahren zu einer erneuten Haushaltsberatung zusammenfinden“, so Schad. „Allein die von der Bürgerliste thematisierte Tatsache, dass ein Investitionsprojekt (Quartiersgarage) mit 600.000 Euro disponiert war, von dem niemand mehr Kenntnis hat, ob es überhaupt kommen kann, ist ein schwerwiegender Mangel. Und auch die von der SPD-Fraktion völlig zurecht kritisierte Tatsache, dass für erhebliche Zahlungsrisiken aus dem Vertrag zum interkommunalen Gewerbegebiet in einer Größenordnung von mindestens einer halben Million Euro keine Rückstellungen gebildet wurden, ist für sich genommen schon ein Ablehnungsgrund.“

Bürgermeister Rothmund (CDU): Wir brauchen dringend einen geschlossenen Haushalt

Eichenzells Bürgermeister Johannes Rothmund (CDU) äußerte sich gegenüber fuldainfo.de, dass es während der Generalabrechnung eine Ablehnung gegeben habe, die zur Verwunderung in der Verwaltung geführt habe. „In der Folge steht jetzt die Einbringung eines neuen Haushaltes, der uns durch den Zeitablauf bei größeren Investitionen behindert“, so Bürgermeister Rothmund. Er hoffe, dass die Kommunikation, die eingefordert wurde, dann auch gepflegt werde. „Das Ganze muss in beide Richtungen fließen“, so der Bürgermeister. Sonst sei Kommunikation schlicht nicht zielführend. Wie uns Rothmund weiter berichtete, habe er sich seit bereits über einem Jahr darum bemüht, in den Fraktionen Rede und Antwort sowie für Gespräche zu stehen. Dass er außer der CDU-Fraktion von keiner weiteren Fraktion eingeladen worden sei, bedauert das Eichenzeller Gemeindeoberhaupt sehr. Auf die Frage, wie es denn jetzt nun weitergehe, entgegnete Rothmund: „In den nächsten Tagen wird es eine Abstimmung geben und dann wird man sich zusammensetzen und versuchen, einen neuen Haushaltsentwurf neu aufzustellen. Wir haben große Projekte vor der Brust, die auch fristgebunden sind. Gerade bei den Radwegen kommen wir jetzt schon in die Bredouille. Wir brauchen nun zügig einen geschlossenen Haushalt, sonst wird es für viele Projekte schwierig. Auch der Stopp von Baumaßnahmen wäre dann möglich. Die Kritik könne er nur begrenzt nachvollziehen.

Schäfer (CWE): Beim Projekt Quartiersgarage liegt den Gemeindevertretern weder ein Bauplan noch eine Kostenermittlung vor

Laut dem Vorsitzenden der CWE-Fraktion im Eichenzeller Gemeindeparlament Alfons Schäfer ist das Zahlenwerk gewagt. Nach ihm sollte die Gemeinde mehr sparen. Als lobenswert erachtetet es Schäfer, wie die Gemeinde den täglichen Herausforderungen vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie begegnet sei. Im Interesse der Eichenzeller Bürgerinnen und Bürger sei viel gemeistert worden (Kitas, Bürgerbüro). Ebenso positiv äußerte sich der CWE-Fraktionsvorsitzende zu der Bezuschussung eines Soccer Feldes im Ortsteil Löschenrod, das Kindern und Jugendlichen des Ortsteiles sowie aus anderen Ortsteilen für deren sportliche Betätigung zur Verfügung gestellt wurde. „Das große Zukunftsthema ‚Smart City‘ mit Digitalisierung, bietet uns die Chance, zur zukünftigen Gestaltung. Es ist zu hoffen, dass in den nächsten Jahren Projekte umgesetzt werden können, um die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger von Eichenzell in folgenden Bereichen zu steigern: Energie und Wirtschaft, Gesundheit und Pflege, medizinische Versorgung, Wohnen und Leben, Nahmobilität und Radwegeausbau.“ Schäfer weiter: „Negative Aspekte waren das gewagte, positive Zahlenwerk der Einnahmen durch Steuern und Abgaben von Mehreinnahmen gegenüber 2021 von 2,2 Millionen Euro und vor allen Dingen der daraus entstehende voraussichtliche Überschuss von 524.000 Euro. Ebenso hat man nicht einkalkuliert, dass wir im Jahr 2021 Corona-bedingt einen Zuschuss vom Land erhalten haben. Es stehen aber im Haushalt allein 9,7 Millionen Euro für Investitionen. Weiterhin knapp 15,5 Millionen Euro für Personalkosten, Kreis und Schulumlagen, die mit Mindereinnahmen nicht bewältigt werden können und daher eine Korrektur durchgeführt werden muss. Im Investitionsplan sind einige Positionen, die schon seit Jahren enthalten waren, gestrichen worden. Es wurden aber auch Gelder für das Projekt der Quartiersgarage eingestellt, hier den Gemeindevertretern weder ein Bauplan noch eine Kostenermittlung vorliegt. Eine geplante Erhöhung der Gewerbesteuer war nicht mehr das Thema, da auf massiven Widerstand aller Fraktionen eine Erhöhung durch den Gemeindevorstand zurückgenommen wurde. Die CWE hat sich der Abstimmung enthalten während BL, FDP und SPD das Zahlenwerk ablehnten. +++ nh/ja