Über 100.000 Zuschauer bei den diesjährigen Bad Hersfelder Festspielen

"Luther" und „Titanic“ erreichten fast 100-prozentige Auslastung

Bad Hersfeld. Mehr als 100.000 Zuschauer besuchten in diesem Sommer die Bad Hersfelder Festspiele, die heute Abend mit einer großen Abschluss-Gala von Helen Schneider zu Ende gehen. Damit haben die Festspiele unter der Intendanz von Dieter Wedel die 100.000-Gäste-Marke geknackt. Das gab es zuletzt vor 16 Jahren. Erstmals in der Geschichte der Festspiele waren sowohl das Schauspiel als auch das Musical vier Monate vor der Premiere ausverkauft. Festspiel-Intendant Dieter Wedel: „In diesem Jahr haben die Festspiele noch einmal an Bedeutung und überregionaler Wahrnehmung gewonnen, wir haben einen kräftigen Sprung nach oben gemacht. Dass wir beim Schauspiel schon lange vor der Premiere ausverkauft waren, liegt sicherlich am Thema Luther, aber auch an dem Vertrauen in die Qualität der Aufführungen, das uns die Zuschauer mittlerweile entgegenbringen.“ Es sei gelungen, mit anspruchsvollen Produktionen ein volles Haus zu haben. Die Festspiele seien keine „Vergnügungsbude“, man müsse sich über Qualität definieren.

Mit „Martin Luther – Der Anschlag“, „Titanic“, „Hexenjagd“ und „My Fair Lady“, waren vier Großproduktionen in der historischen Stiftsruine mit 1.325 Plätzen während der Festspiele zu sehen. „Martin Luther – Der Anschlag“, „Titanic“ und „My Fair Lady“, waren mit fast 100 Prozent überwältigend ausgelastet. 29.587 Zuschauer kamen zu „Martin Luther – Der Anschlag“, das entspricht einer Auslastung von fast 100 Prozent. Insgesamt gab es 23 Aufführungen, darunter fünf Zusatzvorstellungen. Dieter Wedel hat das Stück unter Verwendung der Luther-Dramen von John Osborn und John von Düffel sowie Motiven und Texten von August Strindberg, Stefan Zweig und G.B. Shaw und Original-Texten von Martin Luther geschrieben und inszeniert. Ein Stück, das auch hinter den Kulissen Rekorde bricht: 32 Schauspieler, 68 Kleindarsteller, 186 Kostüme, Filmeinspieler auf zwei neuen LED-Wänden, ein aufwendiges Bühnenbild mit Hub-Technik.

Der Regisseur engagierte ein wunderbares Ensemble aus renommierten Theater- und Filmschauspielern. Dabei haben ihn namhafte Theater-Intendanten unterstützt. So hatte Christian Nickel, er verkörperte den Reformator Luther und den „Wutbürger“, seine Freigabe für Bad Hersfeld von Herbert Föttinger erhalten, dem Künstlerischen Leiter des Theaters in der Josefstadt in Wien. Maximilian Pulst, er spielte den jungen Luther, bekam seine Freigabe von Uwe Eric Laufenberg, dem Intendanten des Hessischen Staatstheaters Wiesbaden und Marcel Heuperman, er war als Ulrich von Hutten auf der Bühne zu sehen, von Martin Kušej, dem Intendanten des Residenztheaters München. Christian Nickel, Maximilian Pulst, Janina Stopper, Robert Joseph Bartl, Claude Oliver Rudolph, Corinna Pohlmann, Marcel Heuperman, Rudolf Krause, Hans Diehl, Elisabeth Lanz, Erol Sander, Uwe Dag Berlin, Tilo Keiner, Christian Schmidt, Bettina Hauenschild und viele mehr, begeisterten das Publikum. In den Filmeinspielern waren erstmals die prominenten Fernseh-Moderatoren Mareile Höppner (ARD/BRISANT) und Jan Hofer (Chefsprecher der TAGESSCHAU/ARD) engagiert. Die Medienresonanz zu „Martin Luther – Der Anschlag“, war deutschlandweit riesig, es gab fast nur positive Kritiken. Die 22 Vorstellungen (darunter vier Zusatzvorstellungen) des Musicals „Titanic“ waren mit einer Auslastung von fast 99 Prozent durchgehend ausverkauft. Über 28.000 Besucher sahen die aufwendige Inszenierung. Auch hier spielte ein Ensemble, das deutlich größer war als die der vorherigen Musicalproduktionen der Bad Hersfelder Festspiele. 37 Darstellerinnen und Darsteller traten in detailgetreu gestalteten und gefertigten Kostümen und einem Bühnenbild aus großen und schweren Stahlkonstruktionen auf. Auch das Orchester wurde vergrößert. Christoph Wohlleben dirigierte 25 Musiker. Für seine und die Leistung des Orchesters erhielt er den Hersfeld-Preis der Kritik in diesem Jahr.

„Ein starkes Stück, jetzt noch eindringlicher …“, befand nicht nur die Hersfelder Zeitung zur Premiere von „Hexenjagd“. Dieter Wedel hat seine Erfolgs-Inszenierung nach Arthur Miller angesichts der politischen Ereignisse des letzten Jahres überarbeitet und noch einmal aktualisiert. Das Publikum der acht Vorstellungen belohnte das Ensemble, in dem unter anderem Christian Nickel, Elisabeth Lanz, Richy Müller, Horst Janson, Brigitte Grothum und André Hennicke, zu sehen waren, Abend für Abend mit frenetischem Applaus und vielen positiven Kommentaren in den sozialen Netzwerken. Rund 8.000 Zuschauer kamen zu den Aufführungen (Auslastung: fast 76 Prozent). Das Musical „My Fair Lady“ wurde mit zwölf Vorstellungen wieder aufgenommen. Sandy Mölling, Cusch Jung, Gunther Emmerlich, Ilja Richter und das gesamte Ensemble, begeisterten mehr als 15.000 Besucher. Die Auslastung lag bei fast 98 Prozent. Traditionell wird im Hof des Schlosses Eichhof mit rund 230 Plätzen, eine Komödie gezeigt. In 24 Vorstellungen von „Die 39 Stufen“ von John Buchan und Alfred Hitchcock, amüsierten Stefan Kaminsky, Martin Semmelrogge, Markus Majowski und Sarah Timpe unter der Regie von Patrick Schimansky 5866 Zuschauer (Auslastung: 99 Prozent).

Auch die Italienische Nacht wurde von Publikum und Kritik gefeiert. Gelobt wurde vor allem Christian Schullers Konzept einer Opern-Revue, durch die Corinna Pohlmann charmant führte. Gemeinsam mit den drei Solisten Nadja Stefanoff (Sopran), Zurab Zurabishvili (Tenor), Kwang-keun Lee (Bariton), dem Hessischen Konzert- und Festspielchor und dem Orchester Virtuosi Brunenses unter der Musikalischen Leitung von Ulrich Manfred Metzger, wurden zwei einzigartige Abende für insgesamt 1.999 Besucher (rund 75 Prozent Auslastung) in der Stiftsruine aufgeführt. In 2017 schrieb und inszenierte Franziska Reichenbacher ein Märchen nach den Gebrüdern Grimm für das Theater-Zelt vor der Stiftsruine. „Das Tapfere Schneiderlein“ wurde 25 Mal (plus eine Sonderveranstaltung auf Einladung von Amazon) aufgeführt. Die Vorstellungen an Vor- und Nachmittagen sahen 3.168 Kinder und Erwachsene. Damit wurden fast 98 Prozent Auslastung erreicht. „Die Festspiele haben eine neue Dimension erreicht“, sagt Dieter Wedel. Jetzt müsse das hohe Niveau der Bad Hersfelder Festspiele gehalten und diese weiterentwickelt werden. „Die anspruchsvollen Großproduktionen in diesem Jahr, haben die Mitarbeiter der Bühnentechnik, der Schneider- und Maskenwerkstätten, der Requisite, die Kleindarsteller und die Bediensteten in der Verwaltung, an die Grenze ihrer Belastbarkeit gebracht. Sie waren buchstäblich am Anschlag“, so der Intendant weiter. „In einigen Bereichen müssen wir die Mitarbeiterzahl künftig erhöhen, um Festspiele einer solchen Größenordnung überhaupt stemmen zu können.“

„Die Festspiele sind noch erfolgreicher als letztes Jahr. Über 100.000 Besucher in einer Saison und ein gewaltiges überregionales Medieninteresse, sind ein entscheidender Image- und Wirtschaftsfaktor für die Stadt Bad Hersfeld“, erklärt Bürgermeister Thomas Fehling. Es müssen alle Anstrengungen unternommen werden, die Festspiele in dieser Größenordnung in die Zukunft zu führen. Die Bad Hersfelder Festspiele sind die beste Investition für die Attraktivität und die Wirtschaftskraft der Stadt Bad Hersfeld. „Ich bin zuversichtlich, dass das Ergebnis der Studie, die wir in Auftrag gegeben haben, um die Umwegrentabilität der Festspiele zu berechnen, den hohen wirtschaftlichen Faktor des Theater-Ereignisses für die Stadt Bad Hersfeld belegen wird“, betont Thomas Fehling. Mit den Ergebnissen der wissenschaftlichen Studie der Hochschule Worms, Fachbereich Touristik und Verkehrswesen, wird in diesem Winter gerechnet. Festspiel-Intendant Dieter Wedel plädiert für ein „überparteiliches Projekt Festspiele“. „Wenigstens dabei sollten alle an einem Strang ziehen. Die nächsten Wahlen sind doch erst in fünf Jahren. Ich glaube, die Leute wissen es zu schätzen, dass im Moment mal Ruhe an der Festspielfront ist.“ Er wünscht sich einen festen Zuschuss, „dass das jährliche Gezerre um den Etat aufhört und wir Planungssicherheit haben.“ In Worms gibt es 1,5 Millionen Euro Zuschuss für zwei Wochen Spielzeit bei einem Schauspiel – „und darüber waren sich die Politiker über die Parteigrenzen hinweg einig“, so Wedel. Für Dieter Wedel ist Kultur mehr als ein Wirtschaftsfaktor oder Imagesteigerung, sie sei unabdingbar für den Zusammenhalt einer Gesellschaft. „Kultur kostet Geld, da darf man nicht nur nach dem Preis, sondern muss auch nach dem Wert fragen. Man muss sie sich leisten, sonst besteht die Gefahr, dass eine Gesellschaft die Fähigkeit verlernt, sich selbst zu definieren, kurzum ihre Mitte verliert!“

Zum zweiten Mal gab es in diesem Jahr ein Sommerfest im Park der Stiftsruine, im Grünen Foyer. In diesem Jahr kamen noch mehr Besucher aller Altersgruppen aus Bad Hersfeld und Umgebung und verbrachten mit Schauspielern und Festspielmitarbeitern einen schönen Sonntag. Mit Unterstützung von Amazon gab es erstmals Spielangebote für Kinder, die Firma Bücking versorgte die Gäste gewohnt gut und zuverlässig mit Speisen und Getränken. Bei Diskussionsrunden im Park begegneten die Besucher zum Beispiel Gästen, wie Prof. Dr. Margot Käßmann, Mathias Matussek und Prof. Dr. Heinz-Walter Große, die in einer Podiumsdiskussion mit Elisabeth Lanz und Joern Hinkel unter der Leitung von Manfred Otzelberger fragten, was Luther heute für uns bedeutet. Die beiden Konzerte in der Stiftsruine von Laith Al Deen und Max Giesinger waren bis auf den letzten Platz besetzt und ganz schnell ausverkauft. Neu in dieser Saison ist, dass die Bad Hersfelder Festspiele mit einer glanzvollen Gala abschließen. Helen Schneider and Friends feiern heute Abend (Mittwoch, 23. August/ 20:00 Uhr) mit dem Publikum die Saison 2017 in der Stiftsruine. Helen Schneider, Gunther Emmerlich, Rasmus Borkowski und Kristin Hölck, werden gemeinsam mit dem großartigen Orchester der Bad Hersfelder Festspiele unter der Leitung von Christoph Wohlleben eine Reise durch die großen Musical-Erfolge der Bad Hersfelder Festspiele antreten.

Der Gesamt-Etat der 67. Bad Hersfelder Festspiele beläuft sich auf 7,5 Millionen Euro. Dieter Wedel: „Ich danke allen Förderern. Ohne die großzügige Unterstützung der Sponsoren wären die Festspiele überhaupt nicht möglich. Ich bin sehr froh über die Förderung durch den Bund, das Land Hessen, den Landkreis Hersfeld-Rotenburg und die Stadt Bad Hersfeld. Nur durch diese Unterstützung, kann das hohe Niveau der Festspiele gehalten werden.“ Eine seriöse Geschäftsbilanz der Festspiele 2017 kann allerdings erst im Winter gezogen werden, da das Geschäftsjahr der Saison bis zum 31. Dezember 2017 läuft und viele Buchungsvorgänge noch nicht abgeschlossen sind. +++