Türkei steuert auf Stichwahl zu – Vorwürfe von Wahlfälschung

AKP "taktische Manöver" bei der Stimmenauszählung vorgeworfen

Türkei

Nach der Präsidentschaftswahl in der Türkei steuert das Land auf eine Stichwahl zwischen Amtsinhaber Recep Tayyip Erdogan und Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu zu. Obwohl Kilicdaroglu in den meisten Umfragen mehr oder weniger klar vorne gelegen hatte, kam er bis zum späten Sonntagabend beim Auszählungsstand von 96 Prozent der Stimmen nach offiziellen Angaben „nur“ auf 44,9 Prozent, Erdogan war mit 49,4 Prozent vorn.

Der Drittplatzierte Sinan Ogan erreichte 5,3 Prozent, und unter anderem er erhob noch am Wahlabend den Vorwurf von Wahlfälschung: „Wir haben gehört, dass bei der Stimmenauszählung im Ausland einige Manipulationen vorgenommen werden“, twitterte Ogan und forderte den Wahlvorstand auf, „sofort die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen und sicherzustellen, dass die Stimmenauszählung zügig durchgeführt wird“. Würde es beim bisherigen Ergebnis bleiben und kein Kandidat über 50 Prozent kommen, gäbe es am 28. Mai eine Stichwahl. Die Opposition warf Erdogan und seiner Regierungspartei AKP „taktische Manöver“ bei der Stimmenauszählung vor, die zwar womöglich legal, aber irreführend wären: Die Bürgermeister von Istanbul und Ankara teilten in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit, die AKP lege absichtlich Einspruch gegen die Ergebnisse in Hochburgen der Opposition ein, wodurch das Ergebnis zunächst besonders Erdogan-freundlich ausfalle.

Bei der parallel durchgeführten Parlamentswahl kam die nationalkonservative AKP beim Auszählungsstand von 90 Prozent auf rund 36 Prozent und damit knapp sieben Punkte weniger als vor fünf Jahren. Die sozialdemokratische CHP legte gut zwei Zähler zu auf rund 25 Prozent. Zusammen mit der ultranationalistischen MHP, die wohl nur einen knappen Prozentpunkt von 11 auf 10 Prozent verloren hat, könnte die AKP bei diesem Ergebnis wohl weiter die Regierungsmehrheit im Parlament stellen. +++