TTC RhönSprudel Fulda-Maberzell - Superlative lagen in der Luft - doch es bleiben nur zwei Punkte

Es war ein Nachmittag, der berührte. Der jeden mitnahm. Der unter die Haut ging. In die Herzen eindrang. Der anzündete. Famos, mitreißend und begeisternd war es, wie das Doppel Fanbo Meng und Dima Ovtcharov auftrat und jeden erreichte in der Hubtex Arena, bei der Entscheidung mitzufiebern. Dabeizusein. So, als wollten sie - stellvertretend für den TTC RhönSprudel Fulda-Maberzell - sagen: Kommt doch mit, wir machen das schon. Und das Publikum erwiderte: Wir sind dabei auf eurer Reise. Bei aller Freude sollte man aber nicht vergessen: der 3:2-Heimsieg gegen den SV Post Mühlhausen brachte zwei Punkte in der Tischtennis-Bundesliga. Er war Grundvoraussetzung, um das Spitzenquartett und damit die Playoff-Plätze nicht aus den Augen zu verlieren.

Es war so ein Tag, an dem Wünschen mal eben doch geholfen hat. Im Foyer der Hubtex Arena waren - imaginär gesehen - Körbchen platziert. Man konnte wählen: Sieg für Mühlhausen, 3:0 für Maberzell oder 3:2 für Maberzell. Eigentlich war es ja egal, nur in einem Fall gab es keine Diskussion: Aus Sicht des Fuldaer Teams kam nur ein Sieg infrage. Basta. Und von der Vorstellungswelt in das Scheinwerferlicht der Halle. Zeitig schon ist die bestens gefüllt. Ausverkauft. Thüringer Fans sind eifrig dabei. Und stimmgewaltig. Während des gesamten Matches. Ihr Team hat zuletzt dreimal in Folge mit 2:3 verloren. Natürlich möchten sie die x-te Wende miterleben - oder liegt es an der Unbedingtheit eines Sieges des gastgebenden TTC? Bald schon betritt Michael Hodes die Bühne - und alleine seine Anmoderation lohnt sich, ein Heimspiel des TTC zu besuchen. „In nur zwei Tagen heißt es, zurück in die Spur des Erfolges zu kommen - oder aber alles zu verpacken.“ Punkt. Besser hätte man die Lage für seinen TTC nicht benennen können vor dem Pokalspiel am Montagabend gegen Grenzau; auch in der Hubtex Arena. „Dem Druck Stand zu halten“, schiebt er noch nach. „Und damit das funktioniert, haben wir die richtige Verstärkung“. Er wendet sich dem Fanclub zu, an den seine Worte gerichtet sind. Denn TTC RhönSprudel Fulda-Maberzell ohne RhönSprudel Power - das geht nicht. „Ich hoffe“, wirft Hodes mit feuriger Stimme nach, „dass ihr es schafft, dass ein Funke der Begeisterung überspringt“.

Schon das Eröffnungseinzel wird zum Krimi. Nichts für schwache Nerven, wie man so schön sagt. Jonathan Groth prallt auf den hoch aufgeschossenen Ovidiu Ionescu. Es wird ein Schlagabtausch in fünf Sätzen. Der Däne Groth präsentiert sich körperlich frischer und gesünder als zuletzt - und er schlägt eine aggressive und offensive Linie ein, die ihn am Ende belohnt. Erfreuliche Folge ist, dass er den Ersten klar für sich entscheidet, nur vier Punkte seines Gegners, dem anfangs zu viele Fehler unterlaufen - allerdings meist erzwungene - zu. Groth reißt mit seiner Vorgehensweise das Geschehen an sich, er spielt das Ding zunächst „von oben runter“. Im Zweiten wird‘s enger. Der Fanclub sondert „Jona-Sprechchöre“ ab. Groth ist auf schnelle Punkte aus, lange findet Ionescu nicht in die Spur. 7:5 und 9:7 führt der Däne, der spürt, dass er Ionescu nicht die Initiative überlassen darf. Doch Groth bringt auch den Zweiten heim. Beim 10:8 hat er zwei Satzbälle. 11:9 heißt es am Ende.

Doch der Kontrahent ist zäh. Er weiß, dass er an seiner Taktik schrauben muss. Und ist bemüht, an der Platte zu bleiben. Mit 4:2, 7:4 und 8:5 liegt Ionescu vorn. Groth hat seine Linie nicht halten können. Anfeuerungsrufe helfen noch einmal. Der Däne kämpft. Groth verkürzt und bleibt dran. 8:9. Und 9:10. Und er gleicht aus. 10:10. Noch besser: Groth kontert zum 11:10.Matchball. 11:11. 12:12. Spannung, sich zuspitzende Dramatik schon zur Zeit des Kaffeetrinkens. Aber nicht zu Hause, sondern in der Hubtex Arena. 13:13. Wir warten auf die Entscheidung. Da ist sie: 14:13. Vierter Satzball für Ionescu. Mit einer tiefen Vorhand weit hinter der Platte. Und jetzt 15:13 für den Mühlhausener. 1:2 nach Sätzen.

„Jetzt brauchen wir das 3:1. Sonst wird‘s eng“, sagt mein Nachbar. Groth liegt nach fokussiertem Start im Vierten 7:3 in Front, unter anderem ist eine trockene Rückhand mit kurzer Ausholbewegung dabei - doch Ionescu kämpft. Er macht fünf Punkte in Folge und geht 8:7 in Führung. Beim 10:8 hat er zwei Satzbälle. Der Fanclub feuert Groth nochmals an. Doch 8:11. Ionescu holt sich auch Durchgang Nummer vier. Der Fünfte entscheidet. Wieder sorgt der Däne für einen guten Start. 6:1. Noch fünf Punkte braucht er. Auch der 8:4-Stand ist verheißungsvoll. Doch es ist ja alles möglich im Tischtennis. Ionescu robbt sich bis auf 7:8 heran. Dann aber 9:7 für Groth. Und beim 10:7 hat er sich drei Matchbälle erarbeitet. Zwei lässt er liegen. Doch beim 9:10 landet Ionescus Rückhand im Aus. 11:9 für den Dänen, der in Fünfen siegt und seinen TTC mit 1:0 in Führung bringt.

In Einzel zwei kommt Dima. Und das verheißt Gutes. Denn wenn Dima sein Match gewinnen will, dann tut er es auch. Er ist aus hartem Holz geschnitzt, was den Siegeswillen angeht, er fällt nicht bei jedem Windstoß um. Er ist. Steffen Mengel will Dima stoppen - doch das gelingt ihm nicht. Dima gewinnt in Dreien. Spannend, aber glatt. Dima ist vollkommen bei sich. Man gewinnt den Eindruck, nichts könnte ihn aus der Ruhe bringen. Nichts. Gar nichts. 6:3 führt er im Ersten. Doch Mengel kommt. Bisweilen denkt man, die Position an der Platte sei für ihn erfunden worden. 6:6. Die Crunchtime beginnt. Und Dima kontert. 8:6. Aber Mengel will das nicht auf sich sitzen lassen. 8:8. Jetzt schlägt Dima zurück. Diese Momente sind seine Stärke. 10:8. Nochmals verkürzt Mengel. Aber, halt: 11:9 für Dima.

Furios startet Dima auch in den Zweiten. Er wird zunehmend sichrer. Mengels Fehlerquote ist jetzt zu hoch. 8:3 führt Dima schon. Der Thüringer aber zeigt, wie kantig, knorrig und aus welchem Holz er geschnitzt ist - er gleicht zum 8:8 aus. Doch Fulda hat ja Dima. Er macht die Punkte, wenn er sie braucht. 11:8 im Zweiten. Mengel bleibt auch im Dritten gefährlich. Er lässt sich einfach nicht von der Platte drängen. 5:1 führt er schon. Dima aber antwortet. 6:6. Ein furioser Ballwechsel ebnet Dima den Weg. Und es zeichnet ihn aus, dass er sich dies mit knorriger Willensstärker nicht mehr nehmen lässt. Vom 5:6 bis 10:6 macht er fünf Punkte in Folge - und hat vier Matchbälle. Den zweiten nutzt er. 11:7. 3:0 nach Sätzen. 2:0 für Maberzell.

Vor Einzel Nummer drei stellt sich die Frage: Kann Fanbo Meng das Duell gegen Kay Stumper, einen der hoffnungsvollsten deutschen Nachwuchsspieler, wenn nicht der hoffnungsvollste überhaupt, „Wuppen“? Gelingt es ihm, die Zuschauer erneut anzuzünden und auf seinem Weg mitzunehmen wie zuletzt? Heraus kommt eine Viersatz-Niederlage aus Sicht des Fuldaers - ein Match, in dem aber in jedem Fall mehr drin war.

Im Ersten deutet Fanbo an, dass er den Sieg im Sinn hat. Sehr konzentriert, sehr feurig, aus seinen Augen quillt hervor, dass er seinen Kontrahenten „auffressen“ will. 5:1 liegt er schon vorn im Ersten - dann kommt Stumper, der zum 6:6 egalisiert. 6:7 - und man meint, Fanbo, nicht zurückfallen lassen. Doch er gleicht aus und schiebt sich auf 8:7 vor. Und 9:8. Das Publikum tobt und ist völlig aus dem Häuschen. Beim 10:8 hat Fanbo Meng zwei Satzbälle. Mutig schnappt er sich den Ersten mit 11:8. Im Zweiten bleibt er aggressiv. Und der Haifisch, der hat Zähne. 6:2 liegt er von. Die Zuschauer scheinen beseelt. Stumper aber, der Fanbo in nichts nachsteht, kommt. „Jetzt geht‘s los“, gröhlt der Thüringer Anhang. Stumper holt auf. Der Fuldaer geht allerdings mit 9:7 in Führung. Noch zwei Punkte bis zum zweiten Satz. Beim 10:8 hat Fanbo zwei Satzbälle. Aber Stumper gilbt nicht klein bei und gleicht wieder aus. 11:10 Fanbo. Satzball Nummer drei. Stumper egalisiert. 12:11 für den Fuldaer. Das Publikum rutscht hin und her. 12:12. Und 13:12 - fünfter Satzball für Fanbo Meng. Wieder gleicht Stumper aus. Was ist denn hier nur los? Bis der ehemalige Düsseldorfer beim 14:13 erstmals in Front geht. Jetzt gleicht Fanbo aus. Verrückt. Völlig verrückt. Doch jetzt 14:15 - und darauf ist Fanbos Rückhand zu kurz. 14:16.

Jetzt hat der Vergleich zwischen Fulda-Maberzell und Mühlhausen nicht nur an irrer Spannung und Dramatik im kleinsten Winkel aufgenommen - es bietet hochklassige Ballwechsel. Weltklasse eben. 2:0 für Fanbo, 2:4, 3:7 - das sind erste Stationen im Dritten. Keine Frage: Stumper ist beherzter und aggressiver geworden. Fanbo kommt bis auf 7:9 heran. Doch der Gegner schnappt sich auch den Dritten. Mit 11:7. Der Fuldaer aber schlägt zurück. Und wie. Er bringt sich mit 7:4 in Vorteil. Ehe es darauf einen „Jahrtausend-Ballwechsel“ gibt - Fanbo kontert in seinem Wohnzimmer mehrfach in schier auswegloser Situation. Da verletzt sich Stumper. Er hat sich vertreten. Medical Timeout. Nach einigen Minuten kommt er unter tosendem Beifall der Zuschauer zurück. Es hat den Eindruck, als wolle er den Vierten abschenken. 11:5 für Fanbo. 2:2 nach Sätzen. Wieder mal entscheidet der Fünfte. Stumper ist wieder bei sich. 6:6. Er schiebt sich mit 8:6 vor. Und 9:6. 10:7 - drei Matchbälle. 11:7 für Stumper, der mit 3:2 nach Sätzen gewinnt - und Mühlhausen auf 1:2 heranbringt.

Irre ist das in der Hubtex Arena. Völlig irre. Und das Beste kommt ja noch. Jonathan Groth hat es im vierten Einzel in der Hand, für die Entscheidung zu sorgen. Doch sein Kontrahent Steffen Mengel erweist sich als stabiler. Und ihm gelingen die entscheidenden Punkte. Der Thüringer siegt in Vieren. Im Ersten muss Groth, der spürt, dass er aggressiver werden muss, ständig einem Rückstand hinterherlaufen. 1:5, 6:9 - nein, das wird eher nichts - 7:10 heißen die Stationen. Bis auf 9:10 kämpft sich der Däne heran. Aber 9:11. Der Zweite endet mit demselben Ergebnis - aber für Groth. Über 6:6 gelingt ihm das 8:7. Und sogar das 10:8. Zwei Satzbälle. Der Däne ist mutiger geworden. Im Dritten wirkt er zunächst etwas in sich eingesperrt. Aber er kämpft sich heran. Von 1:6 bis auf 7:7. Dann 8:10. Noch einmal verkürzt er. Doch 11:9 für Mengel. Ist beim Dänen jetzt die Spannung raus? Beim Punkt zum 2:3 noch schnappt er sich den Ball, als wolle er sagen: So muss ich öfter spielen. Doch er gerät mit 4:9 in Rückstand. Beim 10:4 hat Mengel sechs Matchbälle. Den dritten verwandelt er zum 11:6. Mengel gewinnt 3:1 - und es steht 2:2 im Gesamten. Doch alle freuen sich aufs Doppel.

Mit gutem Grund. Denn was Dima und Fanbo dort abreißen, das elektrisiert alle - sofern sie Fans des Gastgebers sind. Auf diese Fuldaer Formation ist einfach Verlass. Schnell erobern sie Gunst und Unterstützung der Zuschauer. So, als wollten sie alle auffordern: Begleitet uns doch. Von Beginn an harmonieren sie gut im Zusammenspiel. Im Ersten rollen sie förmlich über ihre Gegner Ionescu/Stumper hinweg - mit 10:3 erspielen sie sich eine kommode Führung mit sage und schreibe sieben Satzbällen. Sie packen den Satz mit 11:6 ein. Auch im Zweiten bleiben sie bei sich. Über ein 5:2 und 8:4 ziehen sie auf 10:6 davon. Vier Satzbälle. Der zweite sitzt zum 11:7.

7:7 im Dritten - schaffen es die Fuldaer in Dreien? Nicht ganz. Über 8:8 müssen sie das 8:10 quittieren. Sie verkürzen, müssen aber das 9:11 schlucken. Um im Vierten zurückzuschlagen. 4:4, 6:6. Bis hierher. Die entscheidende Phase beginnt. Doch deren Ausgang kommt wie eine Art Selbstverständnis daher. Dima und Fanbo trumpfen auf. Über 8:6 und 9:7 setzen sie sich entscheidend auf 10:8 ab. Zwei Matchbälle. Der erste passt. Fast vier Stunden Weltklasse-Unterhaltung sind vorüber. Die Herzen der Zuschauer sind gefüllt.

Doch, nicht vergessen: Auch für diesen Sieg gibt es nur zwei Punkte. Und er war essenziell für das Abschneiden des TTC RhönSprudel Fulda-Maberzell in der laufenden Bundesliga-Saison. Jetzt ist Punktspiel-Pause bis kurz vor Weihnachten. Und da wäre auch ein Sieg gegen Werder Bremen hilfreich - denn jener gegen Mühlhausen war nur der erste Schritt. Alle tun gut daran, in der Welt der Realität zu bleiben. Auch in Fulda.

Die Spiele im Einzelnen

Jonathan Groth - Ovidiu Ionescu 3:2 (11:4, 11:9, 13:15, 8:11, 11:9)

Dima Ovtcharov - Steffen Mengel 3:0 (11:9, 11:8, 11:7)

Fanbo Meng - Kay Stumper 2:3 (11:8, 14:16, 7:11, 11:5, 7:11)

Jonathan Groth - Steffen Mengel 1:3 (9:11, 11:9, 9:11, 6:11)

Dima Ovtcharov/Fanbo Meng - Eduard Ionescu/Kay Stumper 3:1 (11:6, 11:7, 9:11, 11:8) +++ rl


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