Das Gefühl war bitter, als die Spieler des TTC RhönSprudel Fulda-Maberzell die Zugbrückenhalle an der Brexbachstraße in Höhr-Grenzhausen verließen. Mit 2:3 hatten sie das abschließende Spiel des Kalenderjahres 2025 in der höchsten deutschen Spielklasse beim TTC Zugbrücke Grenzau verloren. Im Ringen um die Playoff-Plätze haben sie nunmehr zunächst gegen die Konkurrenten im Kampf um Platz vier, Bergneustadt und Ochsenhausen, etwas abreißen lassen müssen. Gut, Bergneustadt muss in der Rückrunde nach Fulda in die Hubtex Arena reisen - Ochsenhausen um seinen Top-Spieler Togami ist indessen so leicht nicht zu knacken. Bremen, das jetzt an der Spitze liegt, Saarbrücken und Düsseldorf dürften kaum zu gefährden sein.
Dabei hatten Fulda-Maberzells Spieler doch alles gegeben und sich nichts vorzuwerfen. Ärgerlich. Bitter. Fehlendes Spielglück. Welche Vokabeln und welche Etiketten möchte man benutzen, nachdem Fanbo Meng sein Eröffnungseinzel gegen Feng Yi-Hsin (schreiben wir ihn so) mit 9:11 im Fünften verloren hatte. Knapper geht‘s nicht. Der Fuldaer hatte die Sätze eins und drei mit 11:7 und 11:8 gewonnen - und die Handvoll mitgereisten Fans dachten schon: Holt Fanbo unseren ersten Punkt? Ein Krimi in der Vorweihnachtszeit hatte sich entwickelt - und jeder, der wissen wollte, was Spannung und Dramatik sind und bedeuten, der musste hierher kommen. Beim Stand von 7:7 begann die Crunchtime, die Zeit der Big Points, die Zeit der Entscheidung. Auch beim 8:8 war das so. Dann führte Fanbo mit 9:8. Feng glich aus. Jeder der Beiden brauchte jetzt noch zwei Punkte. Ehe sich Feng einen kleinen Vorteil verschaffte: Beim 10:9 hatte er Matchball. Der erst saß. Mit 11:9 gewann er. Und brachte sein Team mit 1:0 in Führung. Bei Fanbo mag sich Frust angestaut haben: Wieder hatte er so ein enges Ding verloren - wie zuletzt gegen den Bremer Schweden Mattias Falck. Positiv aber, dass Fanbos Körpersprache und -haltung besser sind als im vergangenen Jahr - und dass er seine Kontrahenten in enge Spiele oder zu engen Ausgängen zwingt. Ein weiterer Schritt seiner Reifung.
Hätte sein Team mitgespielt, dann hätte er als Matchwinner dagestanden. Klappte nicht ganz. Ausgerechnet Ruwen Filus, den Trainer Qing Yu Meng nach Jonathan Groths Fehlen erneut an 1 setzte, holte zwei Punkte. Steuerte zwei Einzelpunkte für sein Team bei. Ausgerechnet der 37-Jährige, der wochenlang zwar Trainings-, aber wenig Matchpraxis hatte. Der gegen Bremen zurückkam und jetzt in Grenzau lieferte. Dass er dazu in der Lage ist, hat er mehrfach bewiesen.
Gegen den Polen Maciej Kubik siegte er glatt in Dreien. Die Durchgänge zwei und drei waren eng, Filus bewies starke Nerven. Die Spannung kroch unter die Decke der Halle, die Dramatik spitzte sich immer mehr zu - sogar Hitchcock wäre blass geworden in der Endphase des Dritten. Kubik hatte sage und schreibe vier Satzbälle - alle wehrte Filus im Stile eines Champions ab. 4:7 und 5:8 hatte es zunächst schon gegen Filus geheißen - und nun in der Overtime 9:10, 10:11, 11:12 und 12:13. Ehe sich der Fuldaer beim 14:13 Matchball holte. Und gleich den ersten nutzte er. Filus gewann in Dreien und glich zum 1:1 für sein Team aus. Irre.
Dass Dima Ovtcharov anschließend gegen Luka Mladenovic glatt unterlag, überraschte etwas. Doch erstens sind sogenannte „Weltstars“ auch nur Menschen, zweitens machen sich, nicht nur bei Dima, irgendwann Reisestrapazen bemerkbar (was kein Grund für eine Niederlage ist), drittens spielt ein Gegner mit - und die sind in der Bundesliga immer stark - viertens sollte man sich beim 37-jährigen Dima fragen, was sein Körper an welchem Tag verträgt. Und ja, fast vergessen: Gerade im Tischtennis spielen Glück und Pech eine entscheidende Rolle. Nein, die Vorreiter-Rolle kann Dima nicht immer spielen.
Dabei hätte für Dima mit etwas Spielglück mehr herausspringen können. Verlief der Erste noch glatt gegen ihn, standen die Durchgänge zwei und drei auf der Kippe. Im Zweiten führte Dima mit 9:7. Ehe Mladenovic ausglich. Momente später egalisierte Dima zum 10:10. Bis sich Mladenovic beim 12:11 Satzball holte. Und den nutzte er. Auch der Dritte wurde auf den letzten Drücker entschieden. Dima lag 8:7 vorn. Konterte dann mit dem 9:9. Beim 10:9 hatte der verdammt starke Mladenovic Matchball. Und gewann 11:9. So knapp ist halt Tischtennis.
Doch dann kam Ruwen Filus ein zweites Mal. Und wie. Die beiden ersten Sätze musste er im Spitzeneinzel gegen Feng Yi-Hsin abgeben - acht Punkte bekam er nur in zwei Durchgängen. Jetzt scheint der Käse gegessen im Westerwald, dachte sich so mancher. Feng benötigte noch einen Satz zum Matchgewinn - doch dann schlug Filus zu. Und meldete sich zurück. Und wie. Filus übernahm die Initiative und führte schon mit 4:0 - ehe Feng seinen ersten Punkt machte. Beim 6:2 brauchte Filus noch fünf Pünktchen. Beim 7:4 noch vier. 8:4 - noch drei. 9:5 - noch zwei. Beim 10:5 hatte der Fuldaer fünf Satzbälle. Und Feng dachte sich wohl: komm‘ ich doch mal. Bis auf 9:10 verkürzte er - ehe sich Ruwen Filus den Dritten mit 11:9 schnappte.
Ein kleines Fester, ein kleiner Spalt war jetzt noch offen für den Gast. Der Vierte nahm Fahrt auf, Feng lag schon mit 7:4 und 8:5 vorn. Feng zog wieder weg. ErAber Ruwen Filus wäre nicht Ruwen Filus, wenn er nicht kontern würde - gemäß seines Spielstils. Er dreht das Match. Führt jetzt mit 9:8. Und 10:8. Jetzt aber kontert Feng. 10:10. Grenzau kennt keine Hölle? Oh, doch. Beide brauchen jetzt noch zwei Punkte. Da bekommt Filus seinen dritten Satzball. Und den nutzt er. 12:10. Ein Aufschrei geht durch die Herzen. 2:2 nach Sätzen. Wieder einmal entschied der Fünfte.
Und den spielt Filus, ganz alter taktischer Hase, von oben und vorn runter. Er erspielt und erkämpft sich eine 3:1-, 5:2- und 7:3-Führung. Noch vier Punkte, Ruwen. Beim 8:4 sind es noch drei. Beim 9:5 noch zwei. Beim 10:5 hat er fünf Matchbälle. Und da ist es, das 11:5. Ruwen Filus, aus welchem Holz bist du nur geschnitzt? Er gewinnt den Fünfsatz-Krimi mit 3:2 - nach 0:2-Satzrückstand. Und er sorgt für den 2:2-Ausgleich seines Teams.
Dadurch hat er Dima Ovtcharov und Fanbo Meng die Chance offen gelassen, den 3:2-Sieg für den TTC RhönSprudel mit nach Fulda zu bringen. Den Siegpunkt einzufahren - mit dem nach Verlauf der Partie kaum noch jemand gerechnet hatte.
Doch es kommt anders. Gerade Dima und Fanbo, die zuletzt in dieser Formation so überzeugt und gepunktet hatten, müssen sich Mladenovic/Martin Allegro in Dreien geschlagen geben. Und passend zum gesamten Match, waren auch die drei Sätze eng. Denn sie fetzten sich, diese Vier. 8:8 und 9:9 im Ersten. Die Fuldaer Formation hatte ausgeglichen - und sie holt sich beim 10:9 einen Satzball. Das Grenzauer Duo aber gleicht aus - 10:10. Ehe sie sich mit dem 12:11 einen Satzball erspielen. Und den nutzen sie. Im Zweiten ist der Verlauf ganz ähnlich. Ab dem 7:7 wird‘s ernst. Jetzt aber kommen die Grenzauer. Zwei Satzbälle haben sie beim 10:8. Den ersten wehren die Fuldaer ab. Den zweiten nutzen die Gastgeber, 12:10. Als die Grenzauer im Dritten auf 6:3 leicht wegziehen, wird es eng. 7:3 und 8:4 gar. 10:6 steht es - sogar vier Matchbälle sind es jetzt. Der erste sitzt. 11:6. Mladenovic/Allegro gewinnen das Doppel - und führen den TTC Zugbrücke Grenzau zum 3:2-Sieg.
Nunmehr hofft der TTC RhönSprudel Fulda-Maberzell auf einen guten Tag beim Final Four im Pokal am 4. Januar. In der Tischtennis-Bundesliga wäre es indessen schön, wenn eine kleine Serie gelänge - um das Saisonziel, das Erreichen der Playoffs, nicht frühzeitig aus den Augen zu verlieren.
TTC Zugbrücke Grenzau - TTC RhönSprudel Fulda-Maberzell 3:2
Feng Yi-Hsin - Fanbo Meng 3:2 (7:11, 11:8, 8:11, 11:8, 11:9)
Maciej Kubik - Ruwen Filus 0:3 (5:11, 9:11, 13:15)
Luka Mladenovic - Dima Ovtcharov 3:0 (11:5, 13:11, 11:9)
Feng Yi-Hsin - Ruwen Filus 2:3 (11:3, 11:5, 9:11, 10:12, 5:11)
Mladenovic/Martin Allegro - Ovtcharov/Meng 3:0 (13:11, 12:10, 11:6) +++ rl

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