Tatverdächtiger von Solingen wendete Abschiebung mühelos ab

"IS"-Propaganda-Video mindestens teilweise in Solingen aufgenommen

Der syrische Tatverdächtige des Messerangriffs von Solingen, Issa Al H., hatte es im vergangenen Jahr offenbar leicht, einer drohenden Abschiebung zu entgehen. Das geht aus einer Stellungnahme des Verwaltungsgerichts Minden hervor, das damals ein entsprechendes Verfahren führte. Ende 2022 reiste Al H., 26, nach Deutschland ein und stellte einen Antrag auf Asyl in Bielefeld. Nach den sogenannten Dublin-Regeln des europäischen Asylsystems wäre allerdings Bulgarien für ihn zuständig gewesen, weil er dort erstmals EU-Gebiet betreten hatte. Die deutschen Behörden stellten ein Übernahmeersuchen, die Bulgaren stimmten dem zu, der Syrer sollte dorthin überstellt werden.

Im Februar 2023 erhielt Al H. einen entsprechenden Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, kurz Bamf. Wenig später, im März 2023, reichte der Syrer dagegen Klage beim Verwaltungsgericht Minden ein, wie eine Sprecherin der Behörde dem „Spiegel“ am Montag bestätigte. Al H. wurde demnach von einer Anwältin aus Dresden vertreten. Die Klage gegen den Abschiebungsbescheid wurde „nicht begründet“, so die Gerichtssprecherin. Im Juni 2023 scheiterte der Versuch, Al H. abzuschieben. Mitarbeiter der zentralen Ausländerbehörde in Bielefeld konnten ihn nicht in seiner Flüchtlingsunterkunft in Paderborn antreffen, in der er damals lebte. Laut Gerichtssprecherin teilte das Bamf dem Verwaltungsgericht im August 2023 – also rund ein halbes Jahr nach der Übermittlung des Abschiebebescheids – in einem Schriftsatz mit, dass die Frist zur Überstellung von Al H. nach Bulgarien inzwischen abgelaufen sei. Da eine Abschiebung des Mannes bislang nicht durchgeführt worden sei, werde der von ihm angefochtene Bescheid aufgehoben. Das Verwaltungsgericht Minden stellte das Verfahren daraufhin ein.

Polizei findet DNA von Issa al H. an Tatwaffe

Kriminaltechniker haben die DNA des mutmaßlichen Attentäters von Solingen an der Tatwaffe sichergestellt. Dabei handelt es sich um ein 15 Zentimeter langes Messer, meldet unter anderem der „Spiegel“. Beim Absuchen der Tatortumgebung fanden die Ermittler außerdem ein Mobiltelefon und ein Tablet unter einem Kanaldeckel. Die Ermittlungen hierzu dauerten an, heißt es in einem vertraulichen Polizeipapier. Nach dem Anschlag auf ein Jubiläumsfest der Stadt Solingen hatte sich der mutmaßliche Täter, der 26-jährige Syrer Issa al H., am Samstag einer Polizeistreife gestellt. Seine Kleidung sei schmutzig und blutverschmiert gewesen, hieß es aus Sicherheitskreisen. Er soll die Tat bei der Festnahme eingeräumt haben. Zuvor hatte die Polizei eine Asylunterkunft gestürmt. Issa Al H. soll bei dem Fest willkürlich auf Umstehende eingestochen haben. Anschließend entkam er im Tumult und in der anfänglichen Panik. Zwei Männer im Alter von 67 und 56 Jahren sowie eine 56 Jahre alte Frau starben. Sechs Menschen wurden schwer verletzt, vier davon lebensgefährlich. Nach der Aussage eines Zeugen soll der Angreifer „Allahu Akbar“ gerufen haben, Gott ist groß. Die Terrormiliz IS hat den Anschlag mittlerweile für sich reklamiert.

„IS“-Propaganda-Video mindestens teilweise in Solingen aufgenommen

Das „IS“-Propaganda-Video zum Messeranschlag in Solingen ist wohl zumindest teilweise wirklich in Solingen aufgenommen worden, damit steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass tatsächlich der Attentäter Issa Al H. darauf zu sehen ist. Das wollen Journalisten der „Welt“ herausgefunden haben, die vor Ort im Zentrum der 160.000-Einwohner-Stadt recherchiert haben. Auf dem am Sonntag auf dem „IS“-Nachrichtenkanal „Amaq“ verbreiteten Video ist in einem Teil der Veröffentlichung eine verpixelte Person zu sehen, für Sekundenbruchteile ist im Hintergrund der Teil eines blauen Plakats mit Buchstaben zu erkennen. In dem Video behauptet die Person, „in wenigen Momenten“ seine Tat zu begehen. Die „Welt“-Journalisten machten den Ort ausfindig: eine backsteinerne Außenwand eines Parkhauses an der Goerdelerstraße/Ecke Florastraße im Zentrum von Solingen. Etwa in acht Metern Höhe hängt dort das Werbeplakat einer Firma, die darauf für ihre Außenreklame wirbt. Blauer Grund, darauf zwei Sätze in gelber und weißer Schrift: „Die nackte Wahrheit“. An der Goerdelerstraße liegt auch die Flüchtlingsunterkunft, in der Issa al H. lebte, nur eine Straßenecke weiter, an der Dorper Straße. Von der Unterkunft – dem einstigen Finanzamt der Stadt – sind es zwei Minuten zu Fuß zur Wand mit dem blauen Plakat. Laut der „Welt“ ist auch den Ermittlern der Ort mittlerweile bekannt. Allerdings ist damit noch nicht bewiesen, dass auch der andere Teil des Videos, in dem der mutmaßliche Attentäter in einer Art Waschküche sitzt und mit einer langen Klinge herumfuchtelt, echt ist. Da die verschiedenen Szenen zusammen von „Amaq“ veröffentlicht wurden, dürfte die Chance allerdings gestiegen sein. +++

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