Tappeser: „Die Situation der Milchbauern nachhaltig verbessern“

Fulda. In Fulda beginnt heute die Agrarministerkonferenz (AMK) unter dem Vorsitz des Landes Hessen. Traditionell beraten zum Auftakt die Staatssekretärinnen und –sekretäre in der Amtschefkonferenz, bevor sich am Freitag die Ministerinnen und Minister treffen. Hessens Landwirtschaftsstaatssekretärin Dr. Beatrix Tappeser begrüßte die angereisten Staatsekretärinnen und –sekretäre: „Ich heiße Sie zur Amtschefkonferenz hier in Fulda herzlich willkommen und wünsche uns einen guten Tagungsverlauf, verbunden mit der Hoffnung, dass wir bei den unterschiedlichen Tagesordnungspunkten einen Konsens finden.“ Die vom Land Hessen eingebrachten Beschlussvorschläge gehen unter anderem auf die aktuellen Missstände am Milchmarkt ein. Hier fordert Hessen – zusammen mit sechs weiteren Ländern – eine nachhaltige Verbesserung für die Milchviehbetriebe. Ein weiterer Beschlussvorschlag Hessens befasst sich mit der Bekämpfung der europaweit zunehmenden Verbreitung der Varroamilbe, welche die Bestände der Honigbienen stark gefährdet.

Sichere Grundlage für bäuerliche Milchviehhaltung schaffen

„Die Milcherzeugung trägt wesentlich zum Erhalt der Kulturlandschaft und der biologischen Vielfalt bei. Denn sie erhält das ökologisch wertvolle Dauergrünland in Gunstlagen und bietet in den benachteiligten Regionen oftmals die wichtigste wirtschaftliche Grundlage für die Landwirtschaft. Allerdings gefährden aktuelle Entwicklungen am Milchmarkt die Existenz vieler unserer Milchviehhalter. Die Betriebe leiden vor allem unter den stark gefallenen Milchpreisen, so können sie einem Preise von unter 30 Ct/kg nicht mal die Erzeugungskosten abdecken. Diese Entwicklungen wollen wir mit konstruktiven Beschlüssen aufhalten und so die Situation der Milchviehhalter nachhaltig verbessern“, so Dr. Tappeser. In Zusammenarbeit mit Baden-Württemberg, Bremen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein, hat das Land Hessen einen Beschlussvorschlag zur Sicherung der bäuerlichen Milchviehhaltung erarbeitet.

Die niedrigen Milchpreise resultieren aus einem Überangebot auf dem Milchmarkt. Um die Produktion mit der Nachfrage in Einklang zu bringen, sollten in einem ersten Schritt funktionierende und auf die Situation abgestimmte Instrumente auf EU-Ebene für eine effektive und effiziente Mengenreduzierung im Krisenfall sorgen. Dr. Tappeser setzt sich auch für eine Verbesserung der EU-Marktbeobachtungsstelle ein: „Die Landwirte brauchen einen Überblick, damit sie wissen, wie viel Milch produziert werden kann. Dafür brauchen wir ein Instrument, das auf wissenschaftlicher Grundlage eine Prognose für den Milchpreis entwickelt und so eine Überproduktion rechtzeitig erkennt und hilft zu verhindern“, so Tappeser weiter. Außerdem sollen in Marktkrisen staatliche Liquiditätsdarlehen für die Milchviehhalter bereitgestellt werden. So können befristete finanzielle Engpässe wirksam überbrückt werden.

Effektiver und europaweiter Schutz der Bienen

„Bereits seit Jahrzehnten ist ein weltweiter und Verlust der biologischen Vielfalt zu beobachten. Es ist unsere Verpflichtung, diese Vielfalt an Arten und Lebensräumen zu schützen und für nachkommende Generationen zu erhalten“, betonte Staatssekretärin Dr. Tappeser in Fulda. Ein besonderes Symbol für das Artensterben ist der drastische Rückgang der Wild- und Honigbienen. Deswegen hat sich das Land Hessen zum Ziel gesetzt, dem Bienensterben zu begegnen. Denn neben ihrer außerordentlich großen Bedeutung für die Artenvielfalt, sind Bienen als Bestäuber auch für einen Großteil des Ernteertrags unersetzbar. Gründe für das Bienensterben liegen in den sich ausbreitenden Monokulturen auf landwirtschaftlichen Flächen und dem verstärkten Einsatz von Pestiziden. Aber auch die Schäden durch die weltweit verbreitete Varroamilbe ist eine zentrale Ursache für das Bienensterben. Hessen setzt sich in seinem Beschlussvorschlag auf der AMK für eine europäische Initiative für eine nachhaltige Varroa-Bekämpfungsstrategie ein. Hierbei soll auch die Zusammenarbeit und Vernetzung von Instituten und Verbänden unterstützt werden. Die Initiative soll langfristig ausgelegt sein und eine Forschungsförderung zur Bekämpfung der Varroamilbe initiieren.

Modernisierte Lehrpläne für Landwirtinnen und Landwirte

Der Arbeitsalltag von Landwirtinnen und Landwirten hat sich – im Hinblick auf die neuen fachlichen und gesellschaftlichen Herausforderungen in den letzten Jahren – stark verändert. Hessen hat bereits das Lernfeld „Ökologischer Landbau“ an seinen Fachschulen eingeführt. „Wir fordern daher jetzt auch den Bund auf, den Rahmenlehrplan und die Ausbildungsordnung so zu ändern, dass das Themengebiet „ökologischer Landbau“, „Tierwohl“ und „Klimawandel“ zukünftig bundesweit auf dem Lehrplan stehen sollen“, so Dr. Tappeser zum Auftakt der Herbstsitzung der AMK in Fulda.

Fuldaer Milchviehhalter-Resolution

Wenn das Sterben von Bauernhöfen verhindert werden soll, muss sofort gehandelt werden so die Vertreter der Verbände.
Wenn das Sterben von Bauernhöfen verhindert werden soll, muss sofort gehandelt werden so die Vertreter der Verbände.

Seit mehr als 20 Monaten befinden sich die Preise für Milchprodukte und in deren Sog – zeitlich versetzt auch die Milcherzeugerpreise – auf Talfahrt. Sie haben sich zwischenzeitlich mindestens halbiert. In schon gewohnter Manier wird versucht, die Milchviehhalter mit staatlichen Hilfspaketen zu beruhigen. Immer noch stößt jeder Ansatz, das „Milchmarktproblem an der Wurzel zu packen“, auf Ablehnung der deutschen Bundesregierung und einiger Länder-Agrarministerien – vorwiegend unter Leitung von Ministern der konservativen Parteien. Man setzt stattdessen weiter auf Kriseninstrumentarien, die schon in 2009 und 2012 nicht in der Lage waren, riesige Verluste für die Milchviehhalter und die ländlichen Räumen zu begrenzen, geschweige denn zu verhindern.

Den Milchviehhaltern fehlt jedes Verständnis für die Erklärung des Parlamentarischen Staatssekretärs Peter Bleser, die er in einer Bundestagsdebatte als Vertreter der Bundesregierung äußerte: Das von der EU-Kommission vorgeschlagene Maßnahmenpaket sei ausgewogen und es sei sinnvoll, den Export zu verstärken. Zur vorübergehenden Angebotsentlastung wolle man die schon getroffenen Maßnahmen der privaten Lagerhaltung und die zugehörige laufende Intervention unterstützen. Ablehnen würde die Bundesregierung das vom BDM vorgelegte Milchmarkt-Krisenmanagement-Konzept, mit dem die Möglichkeit eröffnet würde, zeitlich befristet die EU-Milchanlieferung zumindest einzugrenzen.

Ist es Augenwischerei oder Marktunkenntnis, die solche „Lösungsvorschläge“ präsentieren lässt? Die aktuelle Marktkrise ist eine globale Krise. Weltweit wurde das Angebot im Vergleich zum Nachfrageanstieg viel zu stark ausgedehnt. Die starke Ausweitung der EU-Milchanlieferungen und damit der europäischen Exportmengen hat maßgeblich dazu beigetragen, dass der Weltmarkt „geflutet“ wurde und die Preise in den Keller gingen. Nötig wäre eine schnelle Erholung der Preise für Milchprodukte und Milcherzeugerpreise. In einem derart überlasteten globalen Milchmarkt noch mehr Exportmengen unterbringen zu wollen, bedeutet aber, dass genau das Gegenteil von dem eintritt, was eigentlich nötig wäre. Diese Vorgehensweise würde mit noch mehr Angebotsdruck unweigerlich zu einer weiteren Abwärtsspirale der Preise für börsennotierte Milchprodukte führen.

Der BDM hat schon lange auf die Entwicklung hin zu einer erneuten und sehr massiven Milchmarktkrise hingewiesen. Das als Besserwisserei zu deklarieren, wie von Bundesminister Schmidt geäußert wurde, ist nicht in Ordnung. Eine genaue Marktbeobachtung und die Orientierung an der Marktlage ist vielmehr marktwirtschaftliches Verhalten, das den Milchviehhaltern immer nahegelegt wird. Mit unserem Milchmarkt-Krisenmanagement-Konzept haben wir als einziger Verband einen Vorschlag vorgelegt, wie Milchmarktkrisen besser gemanagt werden könnten. Bisher wurde jedoch die Chance vertan, das Sicherheitsnetz rechtzeitig modern auszugestalten. Wir fordern alle in Fulda tagenden Ministerinnen und Minister und insbesondere die Vertreter der Bundesebene auf, endlich Handlungsschritte mitzutragen und Beschlüsse zu fassen, die ohne Wenn und Aber die Milchmarktproblematik an der Wurzel anpacken, d.h. das bestehende Überangebot an Milch in Angriff nehmen.

Einen besonderen Appell richtet der BDM an Bundesminister Christian Schmidt: „Realisieren Sie endlich die Dimension der aktuellen Milchmarktkrise und die damit eintretenden Wertschöpfungsverluste für die Milchviehhalter und die ländlichen Räume! Erkennen Sie endlich an, dass dies dringenden Handlungsbedarf im Sinne der Milchviehhalter bedeutet! Aktives Milchmarkt-Krisenmanagement muss politisch gestaltet werden und hat nichts mit ‚Planwirtschaft‘ oder ‚Kommunismus‘ zu tun! Übernehmen Sie in Ihrem Haus den Führungsanspruch und setzen Sie entsprechende Vorgaben für Ihren Führungsstab! Konzentrieren Sie sich weniger darauf, was nicht geht, als vielmehr darauf, wie eine konstruktive Lösung für diese Milchmarktkrise gefunden werden kann! Werden Sie aktiv und bringen Sie sich für die Installation eines wirkungsvollen Sicherheitsnetzes für den EU-Milchmarkt ein! Berufen Sie auf Bundesebene endlich den schon seit Oktober 2014 von uns Milchviehhalter geforderten Runden Tisch Milch ein. Alle Konzepte, Vorschläge und schon bestehenden Kriseninstrumentarien müssen an einem Tisch überprüft und das Für und Wider abgewogen werden.“

Als Sofortmaßnahmen zur Stabilisierung des globalen Milchmarktes fordern wir: Die Verwendung der Mittel der Superabgabe in Höhe von 900 Millionen Euro für ein Anreizprogramm zur zeitlich befristeten, freiwilligen Rückführung der Milchanlieferung, verbunden mit einer zeitlich befristeten Deckelung der EU-Milchproduktion: Damit ist die Marktwirksamkeit der zeitlich befristeten, freiwilligen Rückführung gewährleistet bzw. wird sogar verstärkt. Um zu verdeutlichen, wie ungleich massiver ein politisches Handeln nun auf bisheriges Nichtstuns ausfallen muss, um überhaupt noch weiteren Schaden von den Milchviehhalter abwenden zu können, formulieren die Milchviehhalter eine Forderung, um noch größeren Schaden abzuwenden, sei auch folgende Überlegung anzustellen: Zeitlich befristete Anhebung des Interventionspreisniveaus in Verbindung Deckelung der Milchanlieferung, eine deutliche Anhebung der Einlagerungsmengen und die Schaffung alternativer Verwendungsmöglichkeiten für die sich anhäufenden Interventionsbestände sowie die Übernahme der Kosten, dafür durch den Allgemeinhaushalt mit deutlich über 30 Cent/kg. Diese Sofortmaßnahmen sind selbstverständlich keine wirklich tragfähige Lösung Bewältigung auch künftiger Marktkrisen. Es müssen daher zusätzlich und unverzüglich notwendige Strukturen geschaffen werden, um ein sinnvolles Marktkrisenmanagement zu installieren. Ebenso wichtig und dringend ist es, die Marktstellung der Milchviehhalter zu verbessern durch eine, verbindliche Vorgabe von Vertragsvereinbarungen über Preis und Menge vor der Lieferung der Milch auch im Genossenschaftsbereich, Preisvereinbarungen müssen die durchschnittlichen Erzeugungskosten sein. Gesetzliche Vorgabe der Trennung von Kapital und Milchanlieferung. Angesichts der massiven finanziellen Verluste auf unseren Betrieben haben wir Verständnis dafür, dass weiter auf bessere Marktzeiten gehofft werden soll. +++ fuldainfo

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