Studie: Stabiler Wohnungsmarkt im Landkreis Fulda

Sozialwohnungen gegenwärtig ausreichend

Wohnhaus

Fulda. Umfangreich, detailliert und aktuell: Im Ausschuss für Arbeit, Soziales und Gesundheit ist gestern Abend eine Untersuchung des Wohnungsmarktes im Landkreis Fulda vorgestellt worden. Das Gutachten des Institutes Wohnen und Umwelt (IWU) aus Darmstadt basiert auf neuesten Zahlen, skizziert die aktuelle Situation in Stadt und Kreis und trifft Prognosen bis zum Jahr 2030. Zentrale Aussagen der Studie: Der Wohnungsmarkt im Landkreis bleibt entspannt. Beim Neubaubedarf ist vor allem die Art der Wohnungen entscheidend, nicht nur deren Anzahl. Sozialwohnungen gibt es gegenwärtig in ausreichendem Maß, ab 2020 ist mit einem kleinen Nachholbedarf zu rechnen.

Dass in der Stadt Fulda die Nachfrage nach Wohnungen anhaltend boomt, der Markt durchaus angespannt ist und auch die Stadtregionskommunen Eichenzell, Künzell und Petersberg im Fokus von Investoren, Bauherren und Mietern stehen, kann man seit einigen Jahren beobachten. Doch wie sieht die Situation in zehn Jahren aus? Welchen Einfluss wird die Tatsache haben, dass immer mehr Menschen in der Region immer älter werden? Was bedeutet das speziell für ländliche Gemeinden? Wie wird sich die Zuwanderung entwickeln? In welchem Maße wird öffentlich geförderter Wohnraum benötigt? Und vor allem: Mit welchen wohnungspolitischen Instrumenten kann ein geeignetes Wohnraumkonzept umgesetzt werden? „Die positive wirtschaftliche Entwicklung des Kreises und der Region bei gleichzeitig fortschreitender Polarisierung zwischen Stadt und Peripherie erfordert eine kontinuierliche Anpassung der Wohninfrastruktur im Landkreis Fulda“, so beschreiben die Gutachter Dr. Philipp Deschermeier und Martin Vaché eine wesentliche Aufgabe ihrer Analyse. Damit gemeint ist, die Ergebnisse mit Blick auf den gesamten Landkreis zu interpretieren.

Der Landkreis in sechs Teilräumen

Die Experten untersuchten die Entwicklung des Kreises Fulda bis zum Jahr 2015 aufgesplittet beziehungsweise zusammengefasst in sechs Teilräume: Stadt Fulda, Stadt Hünfeld, der Nahbereich Fulda mit Eichenzell, Künzell und Petersberg, das Umland Fulda mit Dipperz, Ebersburg, Flieden, Großenlüder, Hofbieber, Kalbach und Neuhof, das weitere Umland Fulda mit Bad Salzschlirf, Ehrenberg, Gersfeld, Hilders, Hosenfeld, Poppenhausen und Tann sowie das Umland Hünfeld mit Burghaun, Eiterfeld, Nüsttal und Rasdorf. Nach der aktuellen Bestandaufnahme unter anderem von Bevölkerungsentwicklung, Wohnungsangebot, Anbieter- und Nutzerstruktur des Wohnungsmarktes, Mieten und Immobilienpreisen hat die Studie Prognosen des Wohnungsbedarfs bis zum Jahr 2030 in Stadt und Landkreis Fulda ermittelt. Zugrunde liegt die Annahme, dass die Bevölkerung im Landkreis bis 2020 um 1,6 Prozent gegenüber 2015 wächst, die Zahl sich jedoch bis 2030 wieder auf dem Niveau von 2015 stabilisiert. Für die Stadt Fulda und den Nahbereich Fulda errechnet die Studie einen Bevölkerungszuwachs von 4 Prozent bis 2030. Unter Berücksichtigung dieser Voraussagen und der Schätzung von Leerständen kommen die Gutachter zu dem Schluss, dass – mit Schwankungen – bis 2030 im gesamten Landkreis 8800 neue Wohneinheiten notwendig sind: In den nächsten 13 Jahren sind das im Durchschnitt etwa 675 pro Jahr. Demgegenüber steht allerdings kreisweit eine Fertigstellungszahl von etwa 650 Einheiten (im Mittel der Jahre 2011 bis 2015). Werden dabei noch die aktuell höheren Fertigstellungen in der Stadt Fulda berücksichtigt, ergeben sich daraus rund 730 Fertigstellungen im Jahr. Die Neubautätigkeit liegt damit derzeit rechnerisch über dem Zielbedarf.

Demografie verlagert die Nachfrage hin zu Wohnungen in Mehrfamilienhäusern

Die Veränderung der Nachfrage durch qualitative Aspekte ergibt sich vor allem durch die demografische Entwicklung: Die steigende Zahl der älteren Haushalte hat andere Wohnbedürfnisse als junge, die zunehmende Zahl der Singles andere als Familien. So ist in der Stadt Fulda mit einer Zunahme der Seniorenhaushalte um sechs Prozentpunkte zu rechnen, in den übrigen Teilräumen beträgt der Zuwachs bis zu elf Prozentpunkten. Im Jahr 2030 sind damit zum Teil mehr als 40 Prozent der Haushalte im ländlichen Bereich des Kreises über 65 Jahre alt. Im gesamten Landkreis ist bis 2030 mit 11.000 Seniorenhaushalten mehr zu rechnen, bei einer Zunahme um nur 7.000 Haushalte insgesamt. Das bedeutet, dass sich sowohl in Stadt und Nahbereich, aber auch im ländlichen Raum der Bedarf künftig stärker auf Wohnungen in Mehrfamilienhäusern verlagern wird. Der Neubaubedarf im ländlichen Raum hängt zudem stark von den Wohnalternativen für Seniorenhaushalte ab, die häufig in ihren großen Eigenheimen verbleiben. Prinzipiell bietet sich in den vorhandenen Immobilien die Möglichkeit zum Generationswechsel an, sodass es gute Chancen für Familienwohnen in den Ortsteilen der Städte und Gemeinden des Landkreises gibt. Doch um das zu fördern, braucht es geeignete und kleinere Wohnungen für die älteren Haushalte sowie die Erhaltung und den Ausbau der Infrastruktur in den peripheren Kommunen, die für nachfolgende Generationen wichtig ist. Die Gutachter schlagen unter anderem vor, vor allem in ländlichen Gemeinden das bestehende Wohnungsangebot effizient zu nutzen, etwa durch die Unterstützung von Immobilieneigentümern, große und weitgehend ungenutzte Häuser in mehrere kleinere und altengrechte Wohnungen umzubauen. Eine verstärkte Nachfrage nach speziellen Wohnformen für Senioren, auch in Verbindung mit Pflegedienstleistungen, ist beispielsweise in Bad Salzschlirf bereits jetzt zu beobachten. Deshalb wird die seniorengerechte Anpassung des vorhandenen Wohnraums an solchen Standorten als vorrangig erachtet. Auch hier können Eigentümer unterstützt werden.

Sozialwohnungen gegenwärtig ausreichend

Analysiert wird ebenfalls der Sektor der öffentlich geförderten Wohnungen: Kreisweit stehen aktuell etwa 2.100 zur Verfügung. 1.450 Wohnungen davon (70 %) befinden sich in der Stadt Fulda. Jeweils etwa 10 Prozent entfallen auf den Nahbereich Fulda und die Stadt Hünfeld. Soweit nicht neue Wohnungen gefördert werden, wird sich laut Studie bis 2030 die Gesamtzahl der Sozialwohnungen im Landkreis um rund 470 auf etwa 1.800 reduzieren. Aktuell zeigt sich folgendes Bild: Für die Stadt Fulda ergibt sich ein Mindestbedarf an Sozialwohnungen von etwa 700 Einheiten, der um 740 und damit um mehr als das Doppelte bereits übererfüllt ist. Im Nahbereich Fulda und in den übrigen Gemeinden des Landkreises hat die Untersuchung einen Fehlbedarf von 150 bis 170 geförderten Wohnungen ermittelt. Im gesamten Landkreis gibt es also mehr Sozialwohnungen als laut Studie gefordert. Hochgerechnet auf das Jahr 2030 verzeichnet die Untersuchung für die Stadt Fulda eine Reserve von etwa 380 Sozialwohnungen, für den Landkreis Fulda insgesamt einen Fehlbedarf von etwa 190 geförderten Wohnungen. Dieser Fehlbedarf entsteht jedoch nur dann, wenn bis 2030 keine weiteren öffentlich geförderten Neubauten mehr entstehen. +++ pm