Stimmen zum Tod von Helmut Kohl

Merkel würdigt Kohl als "Glücksfall für uns Deutsche"

Altbundeskanzler Dr. Helmut Kohl, Michail Gorbatschow und der ehem. US-Präsident George Bush bei der Verleihung des Point Alpha Preis 2005. Archiv: Point Alpha Stiftung

Berlin. Altkanzler Helmut Kohl ist tot. Das bestätigte die CDU am Freitagabend. Kohl war von 1982 bis 1998 deutscher Bundeskanzler. Er galt aufgrund der Mitgestaltung der Wiedervereinigung als „Kanzler der Einheit“. Umstritten war er unter anderem wegen der CDU-Spendenaffäre, nach deren Bekanntwerden er den Ehrenvorsitz seiner Partei verlor. Kohls Tod sorgte parteiübergreifend für Bestürzung.

Merkel würdigt Kohl als „Glücksfall für uns Deutsche“

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat den verstorbenen Altkanzler Helmut Kohl als „Glücksfall für uns Deutsche“ gewürdigt. Kohl sei ein großer Deutscher und ein großer Europäer gewesen, sagte sie am Freitagabend am Rande eines Besuchs in Rom. Sie denke mit „großem Respekt und großer Dankbarkeit“ an sein Leben. Merkel hob vor allem Kohls Rolle bei der deutschen Wiedervereinigung und bei der Einigung Europas hervor. Der ehemalige Bundeskanzler habe sich „um beides wie kaum ein anderer verdient gemacht“. Auch ihr eigenes Leben habe der „Kanzler der Einheit“ entscheidend geprägt. „Ich bin ganz persönlich dankbar dafür, dass es ihn gegeben hat“, so Merkel. „Ich verneige mich vor seinem Angedenken.“

Grünen-Parteitag zollt Helmut Kohl Respekt

Der Grünen-Parteitag hat Helmut Kohl Respekt gezollt. „Wir verneigen uns“, sagte Grünen-Chef Cem Özdemir unter Applaus zu Beginn der Bundesdelegiertenkonferenz im Berliner Velodrom. Bei allem Streit, den die Grünen mit Helmut Kohl und der CDU gehabt hätten, auf eines habe man sich immer verlassen können: „Helmut Kohl war ein großer Europäer“, so Özdemir. Die Grünen würden ihrerseits bei der Bundestagswahl für „ein starkes, ein vereintes Europa“ antreten.

CDU Hessen: Als Vater der Deutschen Einheit war er eine der maßgeblichen historischen Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts

Der hessische CDU-Fraktionsvorsitzende, Michael Boddenberg, und der Generalsekretär der CDU Hessen, Manfred Pentz erklärten: „Die hessische CDU-Landtagsfraktion und die CDU Hessen trauern um Helmut Kohl. Als einer der wesentlichen Väter der Deutschen Einheit und Ehrenbürger Europas wird sein Name stets untrennbar mit der Wiedervereinigung Deutschlands sowie der Einigung Europas verbunden bleiben. Bereits zu Lebzeiten war der Alt-Bundeskanzler eine der maßgeblichen historischen Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts. Mit Standhaftigkeit, Prinzipientreue und einem klaren Wertefundament haben Kohl und die CDU Deutschland stets unerschütterlich an der Deutschen Einheit festgehalten, die andere bereits aufgegeben hatten. Nach der historischen Sternstunde der friedlichen Revolution im Herbst 1989 war es daher auch Helmut Kohl, der die einzigartige, historische Chance erkannte und mit seinem Zehn-Punkte-Programm vom 28. November entschlossen die Initiative zur Wiedervereinigung ergriff und anschließend in einem beispiellosen Akt der Diplomatie die schwierigen Verhandlungen mit den USA, der Sowjetunion, Großbritannien und Frankreich zum Erfolg führte. Mit politischer Klugheit und Weitsicht hat Helmut Kohl in zahllosen Gesprächs- und Verhandlungsrunden das diplomatische Meisterwerk vollbracht, die internationale Staatengemeinschaft 45 Jahre nach Kriegsende von dem historischen Gebot der Wiedervereinigung des geteilten Deutschland zu überzeugen. Die europäische Einheit ist ebenfalls fest mit seinem Namen verbunden. Durch den Vertrag von Maastricht und die Einführung der gemeinsamen europäischen Währung hat Helmut Kohl das europäische Haus mit auf ein starkes Fundament gesetzt. Gerade dieses historische Erbe des Alt-Bundeskanzlers gilt es für uns heute trotz Brexit, Finanzkrise und aggressive Einflüsse von innen und außen zu bewahren. Als Deutsche und als Europäer sind wir Helmut Kohl für sein unermüdliches Wirken und seine beeindruckende Lebensleistung zu großem Dank verpflichtet. Wir werden ihm als CDU-Landtagsfraktion und als CDU Hessen immer ein ehrendes Gedenken bewahren.“

Kardinal Marx würdigt verstorbenen Bundeskanzler a. D. Helmut Kohl

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, hat den verstorbenen Bundeskanzler a. D. der Bundesrepublik Deutschland, Dr. Helmut Kohl, als Persönlichkeit mit historischem Weitblick gewürdigt. Im Namen der Deutschen Bischofskonferenz sprach Kardinal Marx der Witwe des Verstorbenen seine Anteilnahme aus. Mit dem Tod von Helmut Kohl gehe eine Ära zu Ende, schreibt Kardinal Marx in einer Kondolenz. „Die Kirche in Deutschland ist dankbar für das christliche Zeugnis von Helmut Kohl. Wo die Werte einer freiheitlichen Gesellschaft mit den Füßen getreten wurden – wo auch immer auf der Welt –, da setzte er sich für die Beachtung dieser Werte ein. Europa wollte und konnte er aus seinen christlich geprägten Überzeugungen heraus gestalten. Dabei war es dem Verstorbenen ein großes Anliegen, auf der Grundlage der Katholischen Soziallehre für eine Soziale Marktwirtschaft einzutreten, die den Menschen in den Vordergrund stellt“, so Kardinal Marx. Bundeskanzler Kohl sei ein regelmäßiger Gast auf Katholikentagen gewesen und habe sich oft Rat bei Theologen geholt. So sei beispielsweise Kardinal Karl Lehmann ein wichtiger theologischer Wegbegleiter des Verstorbenen gewesen, schreibt Kardinal Marx. Die Kirche sei dankbar dafür, „dass Helmut Kohl mit visionärer Kraft, mit Mut, Beharrlichkeit und großem Verhandlungsgeschick die Einheit Deutschlands befördert und mit anderen herbeigeführt hat. Zugleich wurde er zum Kanzler der ‚europäischen Idee‘. Am Wachsen eines geeinten Europas ohne Grenzen hatte er großen, ja entscheidenden Anteil … Bundeskanzler Helmut Kohl war ein überzeugter und großer Europäer.“

In seiner Würdigung erinnert Kardinal Marx auch an die Begegnungen von Bundeskanzler Kohl mit Papst Johannes Paul II. bei dessen Deutschlandbesuchen 1987 und 1996. „Es war eine historische Stunde, als Helmut Kohl mit Papst Johannes Paul II. 1996 durch das Brandenburger Tor schritt“, so Kardinal Marx. Unvergessen seien bis heute die wegweisenden Worte des Bundeskanzlers, die er damals am Brandenburger Tor gesprochen habe: „Freiheit bedeutet immer auch Verantwortung, sonst schlägt sie in neue Formen der Abhängigkeit um. Gelebte Verantwortung braucht die Besinnung auf das eigene Gewissen, auf den Mitmenschen und vor allem auf Gott. Gerade in diesem Sinne ist die Stimme der christlichen Kirchen auch in einer zunehmend säkularisierten Gesellschaft unverzichtbar. Die Frohe Botschaft Christi ist eine Quelle der Kraft; sie gibt Menschen Orientierung und Halt. Ich wünsche mir, dass von diesem Papstbesuch in Deutschland ein Signal ausgeht – ein Signal der Ermutigung für Christen, Verantwortung in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft zu übernehmen. Christenpflicht und Bürgerpflicht sind nicht voneinander zu trennen! Das gilt nicht zuletzt für den Bau des vereinten Europa!“ Kardinal Marx erinnert in der Kondolenz auch an die herzliche Begegnung mit Papst Benedikt XVI., als dieser 2011 Deutschland besuchte. „Die katholische Kirche in Deutschland verneigt sich vor dem Verstorbenen in Trauer, Anerkennung und Dankbarkeit. Das Handeln Helmut Kohls war vom christlichen Menschenbild geprägt, das ihn so sehr für seine Arbeit gestärkt hat.“

Schulz: Respekt und Anerkennung für sein politisches Lebenswerk

Der SPD-Vorsitzende Martin Schulz kondolirte der Witwe mit folgendem Schreiben, hier in Auszügen: „Mit Helmut Kohl haben wir einen großen Europäer verloren. Helmut Kohl hat historische Weichen für Deutschland und Europa gestellt und sich Verdienste erworben, die Bestand haben und nicht vergessen werden. Über alle Parteigrenzen und unterschiedliche politische Auffassungen hinweg zollt die Sozialdemokratie Helmut Kohl Respekt und Anerkennung für sein politisches Lebenswerk. Helmut Kohl war der Kanzler der Deutschen Einheit. 1989 war es seiner Geistesgegenwart, seinem politischen Mut und seiner Führungsstärke zu verdanken, dass die Wiederherstellung der deutschen Einheit möglich wurde. Mit seinem Zehn-Punkte-Programm vom Herbst des Jahres 1989 ist es ihm gelungen, unseren Nachbarn, aber auch den Verbündeten klar zu machen, dass auch ein vereintes Deutschland seine Pflichten gegenüber dem Frieden und gegenüber Europa erfüllen würde. Helmut Kohl stand in diesem schwierigen Prozess der Vereinigung stets für die Verlässlichkeit der deutschen Demokratie und für ihre europäische Einbettung. Sechzehn Jahre war Helmut Kohl Kanzler der Bundesrepublik Deutschland. Während seiner Kanzlerschaft ist es ihm gelungen, die Union zur Zustimmung zu den Ostverträgen zu bewegen. Er führte die Entspannungspolitik fort und übte unbedingte Loyalität gegenüber den Vereinigten Staaten. Die Freundschaft mit Frankreich war ihm, als von Jugend an überzeugtem Europäer, dabei das Fundament. Im Deutschen Bundestag hatte Helmut Kohl gesagt „Wer die Vergangenheit nicht kennt, versteht die Gegenwart nicht und kann die Zukunft nicht gestalten.“ Seine Lehre aus dem Krieg war die einer tief empfundenen Friedenssehnsucht und der Erkenntnis, dass man den Frieden in Europa und der Welt nur gemeinsam sichern kann. Kohls Vision von einem europäischen Deutschland, die diesen großen Staatsmann bei der Wiedervereinigung genauso leitete wie beim Vertrag von Maastricht, ist ein Vermächtnis an die deutsche Nation und an ganz Europa. Ich spreche seinen Angehörigen – auch im Namen der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands – mein tief empfundenes Beileid aus.“

Claudia Roth: „Was Europa angeht, da war Helmut Kohl wirklich historisch“

Nach Parteichef Cem Özdemir hat auch die grüne Bundestags-Vizepräsidentin Claudia Roth den verstorbenen Altkanzler Helmut Kohl gewürdigt. „Was Europa angeht, da war Helmut Kohl wirklich historisch, in Fragen der europäischen Integration war er ein wichtiger und weitsichtiger Mann. Insgesamt war Helmut Kohl ein großer Europäer“, äußerte sich Roth am Rande der Bundesdelegiertenkonferenz ihrer Partei im Fernsehsender phoenix. Dies müsse man auch als Grüne festhalten, selbst wenn man innenpolitisch häufig völlig anderer Auffassung als Kohl gewesen sei. Auch in Fragen der Deutschen Einheit habe Kohl großes geleistet und immer an die Wiedervereinigung geglaubt. Der frühere Kanzler habe bei den europäischen Partnern ständig um Vertrauen für das neue Deutschland geworben. Selbst hinsichtlich des Versprechens des Alt-Kanzlers bezüglich blühender Landschaften zeigte sich Roth nachsichtig. „Man braucht in der Politik Visionen, um Akzeptanz für die kleinen Schritte dorthin zu bekommen“, würdigte die Bundestagsvizepräsidentin auch Kohls Leistung bei der Wiedervereinigung. +++