Stiko verteidigt Astrazeneca-Einschränkung

Entscheidung über Zweitimpfung nach Astrazeneca vertagt

Die Ständige Impfkommission (Stiko) hält auch nach der jüngsten Prüfung des Astrazeneca-Impfstoffs durch die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) an ihrer Empfehlung fest, den Wirkstoff bei unter 60-Jährigen nicht anzuwenden. Das sagte Stiko-Chef Thomas Mertens am Donnerstag im ZDF-Morgenmagazin. „Die EMA bewertet den Impfstoff auf der Grundlage einer sogenannten Public-Health-Überlegung.“ Da gehe es um die Frage, was für die gesamte Bevölkerung der EU vom Vorteil sei. „Da kommt sie zu dem sicherlich richtigen Ergebnis, dass die Impfung positiv zu bewerten ist.“ In Deutschland habe man eine etwas andere Situation: Man sei „nicht so abhängig vom Astrazeneca-Impfstoff“, so Mertens. „Wir können Impfstoffe verschieben und können dadurch erreichen, dass wir den gleichen Effekt haben, aber letztendlich das Risiko für die schwere Nebenwirkung in einer bestimmten Altersgruppe stark reduzieren oder sogar ausschließen können.“ Andere europäische Länder gingen ähnlich vor, fügte er hinzu. Die EMA hatte am Mittwoch weiterhin die Nutzung des Astrazeneca-Impfstoffs ohne Einschränkungen empfohlen.

Bericht: Entscheidung über Zweitimpfung nach Astrazeneca vertagt

Die Gesundheitsminister von Bund und Ländern haben offenbar am Mittwoch eine Entscheidung über den Umgang mit Zweitimpfungen bei Astrazeneca vertragt. Das berichtet das Wirtschaftsmagazin „Business Insider“ unter Berufung auf Teilnehmer. Demnach hatten die Politiker eigentlich entscheiden wollen, ob diejenigen unter 60, die eine Erstimpfung mit Astrazeneca erhalten haben, zwölf Wochen nach der ersten Spritze eine Zweitimpfung mit dem Mittel von Biontech oder Moderna erhalten sollen. Alternativ war auch die Möglichkeit erwogen worden, im Einzelfall nach ärztlichem Ermessen eine Zweitimpfung mit Astrazeneca in Praxen zu ermöglichen. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte seinen Länderkollegen am Mittwoch einen entsprechenden Beschlussvorschlag mit den beiden Optionen zugesandt. Die Ständige Impfkommission (Stiko) hatte vor einer Woche eine Zweitimpfung mit Biontech oder Moderna empfohlen. Laut Teilnehmern sei die Entscheidung darüber nun auf kommenden Dienstag vertagt worden. Dann soll auch Stiko-Chef Thomas Mertens den Ministern Rede und Antwort stehen.

EU-Gesundheitspolitiker begrüßt erhöhte Vorsicht bei Astrazeneca

Der gesundheitspolitische Sprecher der EVP-Fraktion im EU-Parlament, Peter Liese, begrüßt die erhöhte Vorsicht in Deutschland bei dem Impfstoff von Astrazeneca. „Ich finde es richtig, dass die Verantwortlichen in Deutschland vorsichtig sind und den Astrazeneca-Impfstoff nur für die Bevölkerungsgruppen empfehlen, für die er wirksam und nebenwirkungsarm ist“, sagte er der „Rheinischen Post“. „Nach den zwar insgesamt seltenen, aber im Vergleich zur Durchschnittsbevölkerung stark gehäuften Hirnvenenthrombosen ist es richtig, diesen Impfstoff nur dort einzusetzen, wo diese Hirnvenenthrombosen nicht aufgetreten sind“, sagte der CDU-Politiker. Es laufe zwar vieles nicht rund in der Impfkampagne in Deutschland, „aber wir sind in der glücklichen Lage, dass wir Alternativen haben, sodass Jüngere mit Biontech/Pfizer, Moderna und demnächst Johnson & Johnson geimpft werden können und Ältere mit Astrazeneca“, so Liese weiter. Zugleich begrüßte der Gesundheitspolitiker die jüngste Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko), wonach Menschen unter 60 Jahren, die bereits eine erste Astrazeneca-Impfung erhalten haben, beim Zweittermin mit einem anderen Mittel immunisiert werden sollen. „Es spricht vieles dafür, dass diejenigen, die die Erstimpfung mit Astrazeneca erhalten haben und die Zweitimpfung mit Biontech/Pfizer, ähnlich gut geschützt sind.“ Man brauche ja wahrscheinlich auch im Herbst eine Impfung mit angepassten Impfstoffen wegen der Mutationen. „Nach meiner Einschätzung werden das fast nur mRNA-Impfstoffe sein, sodass sich die Frage, die sich jetzt für einen Teil der Bevölkerung stellt, im Herbst für die Gesamtbevölkerung stellt. Ich halte die Empfehlung der Stiko für vernünftig“, so Liese. Experten der Europäischen Arzneimittelagentur EMA hatten zuvor einen Zusammenhang zwischen dem Astrazeneca-Impfstoff und dem Auftreten von Thrombosen festgestellt. Dennoch empfahl die Behörde am Mittwochnachmittag uneingeschränkt die weitere Anwendung des Impfstoffs. In mehreren EU-Ländern, darunter auch Deutschland, bleibt sein Einsatz dennoch beschränkt auf Personen ab 60 Jahren. +++