Stegner: Wahl eines Linken-Ministerpräsidenten kein Tabubruch

Ralf Stegner

Berlin. Die SPD sieht kein Problem darin, den Linken-Politiker Bodo Ramelow zum Ministerpräsidenten in Thüringen zu wählen: „Die Zeiten sind vorbei, in denen die Wahl eines Ministerpräsidenten der Linken durch die SPD ein Tabubruch wäre“, sagte der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Die SPD in Thüringen hat sich bisher nicht festgelegt, ob sie nach der Landtagswahl am 14. September die große Koalition unter CDU-Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht fortsetzen oder ein rot-rot-grünes Bündnis eingehen will. Die Linke wäre nach Umfragen mit Abstand die stärkste Kraft in einer solchen Koalition.

Die Thüringer SPD wird nach der Wahl in einer Mitgliederbefragung über eine Koalition entscheiden, kündigte der Landesvorsitzende Christoph Matschie an. „Das Ergebnis wird politisch bindend sein“, sagte er der Zeitung. Die SPD solle die Linke betrachten wie andere Parteien auch, sagte Partei-Vize Stegner. Auch die Spitzenkandidatin der SPD in Thüringen, Sozialministerin Heike Taubert, sagte der F.A.S., die Linke in Thüringen sei „heute eine normale Partei unter anderen“. Der SPD-Landesvorsitzende Matschie sagte, die Linke im Osten habe sich im demokratischen Parteienspektrum etabliert. Deshalb solle die SPD sie „wie andere demokratische Parteien behandeln – nicht besser und nicht schlechter“. Taubert forderte allerdings, in einer möglichen Koalition mit der Linken müsse deren Verhältnis zur DDR-Vergangenheit geklärt werden: „Es ginge auch darum, ob die Linke bereit ist, die DDR als Unrechtsstaat zu bezeichnen.“ Die SPD in Thüringen entscheide, so Partei-Vize Stegner, selbständig darüber, welche Koalition sie eingehe – unabhängig von zukünftigen Koalitionen im Bund. „Rot-Rot-Grün bleibt im Bund für 2017 eine Perspektive“, sagte Stegner. Die SPD wolle dann die Juniorpartnerschaft mit der Union beenden. „Wenn die SPD für eine Fortsetzung der großen Koalition wirbt, dann kann sie gleich eine Familienpackung Schlaftabletten im Wahlkampf verteilen“, sagte Stegner der Zeitung.

Thüringer Grüne schließen Rot-Rot-Grün nicht aus

Die Grünen in Thüringen wollen nach der Landtagswahl am 14. September eine Regierungsbeteiligung nicht ausschließen, auch wenn Linke und SPD eine eigene Mehrheit haben. Es sei zwar „unüblich“, einer Regierung beizutreten, wenn man für eine Mehrheit nicht gebraucht werde, sagte Olaf Möller, grüner Landtagskandidat und Mitbegründer der Grünen in der DDR, der F.A.S.. „Wenn aber Linke und Grüne das wollen, dann müssen wir über diese Frage diskutieren“, sagte Möller. Er widersprach damit einer Festlegung der Fraktionschefin im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt. Sie hatte gesagt, die Grünen wollten nicht der „Ersatzreifen“ einer rot-roten Koalition in Erfurt sein. Es sei sinnlos, über Rot-Rot-Grün zu verhandeln, wenn Rot-Rot eine eigene Mehrheit habe. Sowohl die Linke als auch die SPD werben für eine Beteiligung der Grünen an einer Regierung in Erfurt. Der Spitzenkandidat der Linken, Bodo Ramelow, sagte, die Grünen sollten in einer von ihm geführten Koalition mit regieren, auch wenn es rechnerisch für Rot-Rot reichen sollte. „Ich halte an einem reformorientierten Bündnis von Rot-Rot-Grün fest, nicht aus taktischen Gründen, sondern weil es uns inhaltlich stärker macht“, sagte Ramelow der F.A.S. Auch die Spitzenkandidatin der SPD, Heike Taubert, will die Grünen in einer möglichen Regierungskoalition mit der Linken dabei haben. „Es wäre gut, wenn wir mit den Grünen in einer Regierung zusammenarbeiten könnten“, sagte sie der Zeitung. +++ fuldainfo