Stahlkonzern Salzgitter fordert weiterhin Industriestrompreis

Er sehe ein Grundproblem in der deutschen Energiepolitik

Der Vorstandschef von Deutschlands zweitgrößtem Stahlkonzern Salzgitter, Gunnar Groebler, spricht sich für einen Industriestrompreis von 40 bis 60 Euro pro Megawattstunde aus. Er sehe Dauersubventionen kritisch, weil sie Innovationen verhinderten, halte diese aktuell jedoch für angebracht, sagte er der „Welt am Sonntag“. „Aber in einer Phase wie jetzt, also mitten in einer industriellen Transformation, bei der die Industrie extrem vulnerabel ist, halte ich es für richtig, für einen begrenzten Zeitraum auf ein solches Instrument zu setzen“, so Groebler.

Das schaffe faire Wettbewerbsbedingungen, die für die Zukunft der Stahlindustrie in Deutschland entscheidend seien. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte zuletzt einen Industriestrompreis von 60 Euro pro Megawattstunde vorgeschlagen. Groebler lobte das Vorhaben: „Das schafft Investitionssicherheit – und das wiederum kann die Transformation beschleunigen.“ Denn viele Projekte würden  aktuell nicht angegangen oder umgesetzt, weil es diese Sicherheit nicht gebe. „Gleichzeitig schaffen aber andere Länder die notwendigen Voraussetzungen, sodass Investitionen aus Europa abwandern, aktuell zum Beispiel in die USA.“ Zugleich kritisierte der Manager die Energiepolitik in Deutschland. „Wir sind nicht synchron in der Frage, was wir alles nicht mehr wollen, und der Frage des Aus- und Aufbaus derjenigen Dinge, die wir wollen“, sagte er.

Er sehe ein Grundproblem in der deutschen Energiepolitik: „Wir setzen uns extrem ambitionierte Ziele, schaffen aber nicht die nötigen Voraussetzungen, um sie auch erreichen zu können. Einfach nur die Ziele hochzuschrauben und dann abzuwarten, was passiert, ist keine zukunftsfähige Lösung.“ Benötigt würden bezahlbare Energie, kürzere Planungs- und Genehmigungsverfahren und weniger Bürokratie, um den Industriestandort im Land zu stützen und zu erhalten. Deutschlands Stahlindustrie steckt unterdessen mitten in einem tiefgreifenden Veränderungsprozess: weg von der klassischen und CO2-intensiven Hochofenroute mit Koks und Kohle und hin zu einer grünen Produktion mit wasserstoffbetriebenen Direktreduktionsanlagen. Das aber erhöht den Strombedarf deutlich. „Die Energie, die wir heute bei der Stahlproduktion im Hochofen über die Kohle einblasen, die müssen wir in Zukunft über Wasserstoff zuführen – und damit über große Mengen Strom, der für die Elektrolyse bei der Wasserstofferzeugung gebraucht wird“, erklärte Groebler. +++