Stadtverordnetenversammlung hat sich konstituiert

Kontroverse bei der Änderung der Hauptsatzung

Gestern Abend hat sich die Fuldaer Stadtverordnetenversammlung – bestehend aus der Regierungskoalition CDU, CWE und FDP sowie den Fraktionen SPD, Bündnis 90/Die Grünen, AfD und DIE LINKE. Die PARTEI – in ihrer zweiten Sitzung in diesem Jahr, die Pandemie-bedingt wie schon die Monate zuvor im Stadtsaal stattgefunden hatte, neu konstituiert. Die Wahl der Stadtverordnetenvorsteherin fiel bei 59 Stadtverordneten mit überwiegender Mehrheit (55 Ja-Stimmen, 2-Nein-Stimmen sowie 2 Enthaltungen) erneut auf Margarete Hartmann (CDU). Hartmann wirkt seit 2006 in der Fuldaer Stadtverordnetenversammlung als ehrenamtliche Stadtverordnetenvorsteherin.

Oberbürgermeister der Stadt Fulda, Dr. Heiko Wingenfeld (CDU)
Der Oberbürgermeister der Stadt Fulda, Dr. Heiko Wingenfeld (CDU)

Der Oberbürgermeister der Stadt Fulda, Dr. Heiko Wingenfeld (CDU), hieß die alten und neuen Stadtverordneten im Stadtsaal herzlich willkommen und gratulierte ihnen zu ihrer (Wieder-)Wahl und ihr erworbenes Mandat. Daneben dankte er ihnen, dass sie „in wahrhaft schwieriger Zeit dazu bereit sind, Verantwortung für unsere Stadt Fulda zu übernehmen.“ „Die Konstituierung der Stadtverordnetenversammlung am heutigen Tag wird auch in der historischen Betrachtung bedeutsam sein“, sagte er. In den vergangenen Jahrzehnten habe es keinerlei vergleichbare Situationen mit vergleichbaren Rahmenbedingungen gegeben. Der Einsatz, so Oberbürgermeister Wingenfeld weiter, für die Gesundheitsversorgung, die Bildung, die Wirtschaft, die Innenstadt, den Klimaschutz und die finanzielle Nachhaltigkeit werde die Stadtverordneten fordern und dies unter „zweifelsohne schwierigen finanziellen Rahmenbedingungen in den kommenden Jahren.“

Politische Vielfalt ist Ausdruck einer lebendigen Demokratie

Seit dem Beginn der Demokratie nach dem Zweiten Weltkrieg habe es in der Stadtverordnetenversammlung noch nie eine solche politische Vielfalt gegeben. „Sie als gewählte Mitglieder der Stadtverordnetenversammlung stehen für 11 verschiedenen Wahlvorschläge. Diese Vielfalt ist Ausdruck einer lebendigen Demokratie in Fulda, aber auch Herausforderung und Verpflichtung zugleich“, sagte er. Und weiter: „In der Stadtverordnetenversammlung und im Magistrat sind wir dazu aufgerufen, bei allen unterschiedlichen Wertvorstellungen Positionen und unterschiedlichen Zielen nicht für einzelne oder Partikularinteressen, sondern für das Wohl der Stadt als Ganzes einzustehen.“ In den kommenden Jahren werde es nach Wingenfeld immer wieder notwendig sein, „die Sache in den Blick zu nehmen und Brücken zu den Meinungen und Positionen anderer zu bauen“. Der Fuldaer OB lud alle Stadtverordneten dazu ein, „mit Haltung, Sinn für Verantwortung, Begeisterung für Demokratie, Respekt und Heimatliebe gemeinsam für unser Fulda zu wirken.“

Margarete Hartmann
Margarete Hartmann

Das Mandat der Stadtverordnetenvorsteherin wird auch die kommenden fünf Jahre von Margarete Hartmann bekleidet. Hartmann ist Mitglied der CDU-Stadtverordnetenfraktion und ist parteiübergreifend geschätzt. In ihrer knapp gehaltenen Rede bedankte sich die alte und neue Stadtverordnetenvorsteherin erneut für den Vertrauensvorschuss. „Ich werde mich wie auch in den vergangenen fünf Jahren immer um eine objektive Sitzungsleitung bemühen. In der Hoffnung, dass mir dies auch immer gelingen möge“, sagte sie. Die Stadtverordnetenvorsteherin sprach allen neu gewählten Mitgliedern der Stadtverordnetenversammlung herzliche Glückwünsche aus. „Uns allen ist die Ehre zuteilgeworden, uns pro aktiv für Fulda und ihre Bürgerinnen und Bürger einzusetzen“, sagte sie. Und weiter: „Wir Stadtverordnete sind keine Berufspolitiker. Wir engagieren uns in dem Wissen, dass die kommunale Selbstverwaltung vom Mitmachen der Bürgerinnen und Bürger lebt. Wir gehören zu den Bürgerinnen und Bürgern, die sich dieser Aufgabe stellen und viel Zeit und Energie in unsere ehrenamtliche Arbeit investieren.“

An die Stadtverordneten adressiert sagte sie: „Durch Ihre Mitarbeit in diesem Parlament zeigen Sie, dass Sie sich mit dieser Stadt verbunden fühlen, sie lieben und voranbringen wollen. Dafür wünsche ich uns allen gutes Gelingen. Die Zusammensetzung dieser neuen Stadtverordnetenversammlung ist eine Mischung aus erfahrenen Stadtverordneten und neuen Kolleginnen und Kollegen. Auch in Zukunft werden wir eine respekt- und vertrauensvolle Zusammenarbeit pflegen. Unterschiedliche Standpunkte sind gewollt und müssen sachlich am Gemeinwohl orientiert diskutiert werden. Wir müssen entsprechend der Würde des Hauses und unserer Vorbildfunktion als ehrenamtlich Engagierende konstruktiv diskutieren. Das sollte bei allen Wortmeldungen in unseren Sitzungen von jedem von uns vorher bedacht werden.“ Vor dem Hintergrund Fuldas als modernes und attraktives Oberzentrum mit vielen Einrichtungen für die Bürgerschaft und der immer noch bestehenden Pandemie, die schwere Einschnitte mit sich gebracht hätte, gälte es, die vielen positiven Entwicklungen zu erhalten und auszubauen. „So werden wir auch in dieser Legislaturperiode über viele Entscheidungen im Sinne und zum Wohle der hier lebenden Menschen zu treffen haben. Wir alle haben eine gemeinsame Aufgabe, die es jetzt erneut anzupacken gilt. In diesem Sinne bitte ich Sie auch in Zukunft um eine gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit.“

Bei der Wahl der drei zu verteilenden Sitze für die Stellvertreter-Position der Stadtverordnetenvorsteherin konnten Stefan Frauenholz (CDU-Fraktion), Michael Grosch (FDP-Fraktion) und Peter Makowka (SPD-Fraktion) das ehrenamtliche Mandat für sich entscheiden. Für den Wahlvorschlag der Regierungskoalition CDU, CWE und FDP, die für das Mandat mit Stefan Frauenholz und Michael Grosch zwei Stadtverordnete vorschlugen, stimmten bei 58 gültigen Stimmen 32 Stadtverordnete, für den Wahlvorschlag der SPD-Fraktion, die mit Peter Makowka einen Kandidaten aus ihren Reihen entsendete, 12, für den Wahlvorschlag der Grünen, die ebenfalls einen Kandidaten aus ihrer Fraktion zur Wahl stellten, neun, und für den Wahlvorschlag der AfD-Fraktion, die ebenfalls einen Kandidaten entsendete, fünf Stadtverordnete. Letztlich reichte es neben den Kandidaten der Regierungskoalition aber nur für die SPD.

Ein breiter Raum nahm in der gestrigen Stadtverordnetenversammlung der Tagesordnungspunkt zur Änderung der Hauptsatzung, durch die die Zahl der ehrenamtlichen Beigeordneten angehoben werden sollte, ein. Die Opposition hat dieses vorgehen scharf kritisiert. Aus Sicht der Grünen widerspräche das Vorgehen dem Wählervotum. Ganz so nach dem Motto: Was nicht passt, wird passend gemacht, kritisierte die Fraktionsvorsitzende der Bündnis 90/Die Grünen Stadtverordnetenfraktion Silvia Brünnel MdL: „Man passt die Hauptsatzung einfach dem Wahlergebnis an, anstatt selbst einen Posten abzugeben.“ Der Vorsitzende der SPD-Stadtverordnetenfraktion, Jonathan Wulff, befand, dass es keinen sachlichen Grund gebe, den Magistrat aufzustocken. Für beide Fraktionsvorsitzende stand fest, dass die CDU die Stadt offenbar als ihr natürliches Terrain ansieht und der Koalitionsvertrag für eine „Weiter so“-Politik stehe. Ebenso kritisierten sie, dass das, was in den Sondierungsgesprächen gesprochen wurde, nicht für die Öffentlichkeit bestimmt gewesen sei. Jonathan Wulff fügte noch hinzu, dass die SPD-Fraktion nicht dazu bereit gewesen wäre, lediglich als Stimmenbeschaffer herzuhalten.

Der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende, Hans-Dieter Alt, bezeichnete die Einwände von SPD und Grüne als „merkwürdig“. Sie seien vergrämt darüber, dass sie nicht mitregieren. Auch stehe Fulda bezugnehmend des Vorwurfs einer „Weiter so“-Politik beileibe nicht schlecht da. Der Vorsitzende der CWE-Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung, Martin Jahn, wehrte sich ebenfalls gegen die Vorwürfe aus den Reihen der Opposition. Bezugnehmend dem Gesagten der Grünen sagte er: „Sie sitzen die nächsten fünf Jahre auf der Ersatzbank ohne Chance auf Einwechslung.“ Der Vorsitzende der FDP-Fraktion, Michael Grosch, wehrte sich gegen den Vorwurf, dass man lediglich Stimmenbeschaffer gewesen sei. „Wir wollen künftig mitgestalten“, sagte er.

Die AfD erklärte zur gestrigen Sitzung, dass man keine Zeit zu verlieren gehabt hätte und man deshalb den Magistrat hätte wählen sollen. „Nur aufgrund der Winkelzüge und Posteninteressen von CDU, CWE und FDP kam die Wahl zum Magistrat nicht zu Stande und wird erst in der kommenden Sitzung Mitte Mai stattfinden. Die Koalition zeigt damit schon zur Auftaktsitzung, was ihr wirklich wichtig ist: Posten, Posten, Posten – und an die eigenen Kollegen zuerst denken. Das Wohl der Bürgerinnen und Bürger ist dieser Koalition egal. Ihnen geht es nur um sich, getreu dem Motto: „Wenn jeder an sich denkt, ist am Ende auch an jeden gedacht“. Die AfD macht dabei nicht mit und hat deshalb gegen die Erhöhung der Magistratssitze gestimmt.“, so der Vorsitzende der AfD-Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung, Pierre Lamely. +++ ja