Sportmediziner sieht Fußball als Vorreiter in Coronakrise

Linke und Grüne zweifeln an Bundesliga-Plan wegen Corona-Fällen

Der Sportmediziner Jürgen Steinacker sieht eine mögliche Sonderrolle des Fußballs bei der Öffnung des Sports in der Coronakrise als Chance. „Wir alle müssen wieder Vertrauen ins Sporttreiben gewinnen. Hier können die Fußballer uns viel geben“, sagte der Leiter der Sektion Sport- und Rehabilitationsmedizin am Universitätsklinikum Ulm der „Südwest Presse“. Er sieht den Profisport als Testfeld für weitere Lockerungen im Lockdown. „Natürlich müssen die Leistungssportler anfangen. Und wenn man sieht, das funktioniert dort und ist sicher, kann man die Gruppen erweitern und das Ganze nach und nach für die Jugend und den Breitensport öffnen.“

Profis seien daher „Modelle für die Gesellschaft“ und könnten „Regeln für die breite Masse erproben“. Zudem fordert der Vorsitzende des Sportmedizin-Komitees im Welt-Ruderverband Fisa die baldige Öffnung des Vereinssports auch für ältere Menschen. „Aktuell bewegen wir uns in einem Bereich, in dem wir zwar  die Verbreitung des Virus verhindern, aber etwas anderes bewirken: Dass sich die Älteren kaum noch aus dem Haus trauen. Davon müssen wir schnell wieder wegkommen und Wege zurück in den Vereinssport finden“, sagte Steinacker. Das Sofa sei auch ein gefährlicher Ort, „bei langer Untätigkeit stirbt man an Krankheiten, die mit dem Bewegungsmangel einhergehen“, so der Sportmediziner.

FDP pocht auf Wiederaufnahme der Fußball-Bundesliga

Die FDP dringt auf eine weitreichende Lockerung der Corona-Beschränkungen, auch für die Fußball-Bundesliga. „Wenn es verantwortungsvolle Hygienekonzepte gibt, sollte jedes Lokal, jede Kita, jede Schule, jeder Laden und jeder Betrieb wieder öffnen dürfen“, sagte der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Alexander Graf Lambsdorff den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Sport sollte davon nicht ausgenommen werden, Bundesligaspiele vor leeren Rängen müssen möglich sein, wenn die Behörden das Hygienekonzept der Liga genehmigen.“ Der Fußball habe keinen Bonus, aber auch keinen Malus verdient. Die Lage sein jetzt eine andere als am Beginn der Pandemie, so Lambsdorff. Wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten am Mittwoch beraten, sollten sie „einen klaren Fahrplan vorlegen, wie unser Land wieder Fahrt aufnehmen kann“.

Linke und Grüne zweifeln an Bundesliga-Plan wegen Corona-Fällen

Der sportpolitische Sprecher der Linksfraktion im Bundestag, André Hahn, hat angesichts von drei positiv auf das Coronavirus getesteten Personen beim 1. FC Köln Zweifel am Geisterspiele-Plan der Bundesliga zur Beendigung der Saison geäußert. „Das zeigt die ganze Kalamität dieser Sonderrolle, die man jetzt dem Profifußball einräumen will“, sagte er dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. Dass der 1. FC Köln nur die drei Betroffenen in Quarantäne schicke, alle anderen Mitglieder des Teams aber nicht, sei „eine Ungleichbehandlung gegenüber Normalbürgern“. Denn gebe es beispielsweise in einer Familie einen Infektionsfall, dann werde die ganze Familie in Quarantäne geschickt, hier nicht. „Das ist das falsche Signal“, sagte Hahn. Es zeige: „Eine Lex Bundesliga kann es nicht geben.“ Der Linken-Politiker, der selbst beim FC Bundestag spielt, fügte hinzu, wenn es bei der Fortsetzung der Bundesliga nur darum gehe, Fernseh- und Sponsorengelder zu bekommen, dann müssten die Profifußballer den Amateurfußballern zumindest etwas abgeben. Die dürften nämlich nicht spielen. Die sportpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Monika Lazar, nimmt die Profis selbst in die Pflicht. „Jetzt ist genau das eingetreten, was man befürchtet hatte: dass sich die Bundesliga ihre eigenen Bedingungen schafft.“ Das könne nicht sein. „Ich würde mir wünschen, dass die Spieler des Vereins deshalb sagen: Da machen wir nicht mit“, so die Grünen-Politikerin.