Die Wirtschaftsminister der Bundesländer Niedersachsen, Berlin, Sachsen und Hessen, Olaf Lies, Franziska Giffey, Martin Dulig und Kaweh Mansoori (alle SPD), fordern in einem gemeinsamen Positionspapier, die CO2-Grenzen für Neuwagen zu lockern. „Wir fordern die Bundesregierung und die Kommission auf, die geltende abrupte Absenkung des CO2-Flottengrenzwertes durch eine flexible Absenkung zu ersetzen, ohne die Klimaziele in Frage zu stellen“, teilten sie der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ mit. Andernfalls würden die Autokonzerne durch unrealistische Vorgaben in ihrer Entwicklung beschnitten, befürchten die Minister der Länder mit VW-Standorten.
Die EU-Kommission blockt alle Forderungen laut FAZ bislang ab. Daran haben auch mehrere Treffen von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) mit den Chefs verschiedener Automobilkonzerne nichts geändert. Das Ergebnis ist dem Bericht zufolge, dass die Kommission an den Grenzwerten und Strafen für 2025 festhält. Alles andere sei gegenüber Herstellern unfair, die wie BMW, viel investiert hätten, um die Ziele zu erreichen, heißt es dort.
Ernsthafte Schwierigkeiten hätten ohnehin nur anderthalb Konzerne, heißt in Anspielung auf die Renault-Gruppe, die treibende Kraft hinter den Acea-Forderungen, sowie VW. Die EU dürfe keine Managementfehler belohnen. Neben BMW hat sich auch der Stellantis-Konzern, zu dem Fiat, Peugeot und Opel gehören, gegen eine Aufweichung der Flottengrenzwerte gestellt.
Die Flottengrenzwerte sind Teil des „Fit-for-55“-Pakets der Europäischen Union, mit dem die EU von einem Pfad für eine Erderhitzung von über vier Grad Celsius auf einen Pfad umsteuerte, mit dem der Klimawandel auf geringfügig über zwei Grad Celsius begrenzt werden könnte. Im Durchschnitt dürfen alle in der EU zugelassenen Neuwagen aktuell 115,1 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen. 2025 soll der Wert auf durchschnittlich 93,6 Gramm und 2030 auf 49,5 Gramm gesenkt werden. Ab 2035 fällt der Wert auf null Gramm pro Kilometer.
Wie die Forderung der SPD-Politiker, eine „abrupte“ Absenkung zu vermeiden, „ohne die Klimaziele in Frage zu stellen“, umgesetzt werden könnte, war zunächst unklar. Wenn beispielsweise ein früher Flottengrenzwert aufgeweicht würde, müsste der dadurch zusätzlich entstehende CO2-Ausstoß später wieder eingespart werden – was zu abrupteren Absenkungen wie beispielsweise einem früheren Verbrenner-Aus führen würde. Theoretisch möglich wäre auch eine Verschiebung der Einsparungen in andere Sektoren. Dabei gilt für Deutschland allerdings die Maßgabe des Bundesverfassungsgerichts, dass zur Schonung künftiger Freiheit der Übergang zu Klimaneutralität rechtzeitig eingeleitet werden muss und in allen Lebensbereichen Entwicklungen einsetzen müssen, „die ermöglichen, dass von grundrechtlicher Freiheit auch später noch, dann auf der Grundlage CO2-freier Verhaltensalternativen, gehaltvoll Gebrauch gemacht werden kann“. +++