SPD, Grüne und FDP wollen Koalitionsverhandlungen aufnehmen

Bislang waren nur sogenannte "Sondierungen" durchgeführt worden

SPD, Grüne und FDP wollen echte Koalitionsverhandlungen aufnehmen. Das teilten die Parteien am Freitag mit. „Wir sind eine Konstellation, die drei Parteien mit unterschiedlichen Traditionen und unterschiedlichen Sichtweisen zu einem innovativen Bündnis zusammenbringen kann“, heißt es in einem Papier, das am Mittag verteilt wurde. Bislang waren nur sogenannte „Sondierungen“ durchgeführt worden. Im Unterschied dazu sind sich die Parteien bei echten Koalitionsverhandlungen im Grunde schon einig, eine gemeinsame Regierung bilden zu wollen, dafür werden dann die Details für den Koalitionsvertrag ausformuliert. Beim sogenannten „Jamaika-Aus“ im Jahr 2017 war die Phase der Sondierungen noch nicht beendet, echte Koalitionsverhandlungen hatten noch nicht begonnen.

„Ampel“ einigt sich bei vielen Streitpunkten – Finanzierung unklar

Die „Ampel“-Sondierer von SPD, Grünen und FDP haben sich in ihren Gesprächen auf ein zwölfseitiges Papier geeinigt und wollen in Koalitionsgespräche einsteigen. Eine entsprechende Empfehlung gaben die Spitzen der drei Parteien am Freitagmittag ab. Dabei wurden in den Sondierungen offenbar bereits einige Streitpunkte abgeräumt, die Finanzierung der Vorhaben lässt allerdings Fragen offen. Einerseits soll sich die anbahnende Regierungskoaltion „im Rahmen der grundgesetzlichen Schuldenbremse“ bewegen, andererseits sollen „keine neuen Substanzsteuern“ eingeführt und Einkommen-, Unternehmens- oder Mehrwertsteuer nicht erhöht werden. Die SPD bekommt die von ihr im Wahlkampf versprochene Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro, der Kohleausstieg soll auf das Jahr 2030 vorgezogen werden. Die Grünen verzichten auf ihre Forderung nach einem allgemeinen Tempolimit auf Autobahnen, das Wahlalter für Bundestags- und Europawahlen soll von 18 auf 16 Jahre abgesenkt wer den. SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz sprach vom „größten industriellen Modernisierungsprojekt“, das das geplante Bündnis anstrebe. Verwaltungsabläufe sollten „schneller und digitaler“ werden, Erneuerbaren Energien massiv ausgebaut werden. Dafür sollen künftig Solaranlagen auf allen geeigneten Dächern erlaubt werden, es sind Superabschreibungen für Klimaschutzinvestitionen und 400.000 neue Wohnungen im Jahr geplant.

„Ampel“ will Hartz IV in „Bürgergeld“ umbenennen und Regeln lockern

SPD, Grüne und FDP wollen das bisherige Arbeitslosengeld II umbenennen und einige Regeln lockern. „Anstelle der bisherigen Grundsicherung (Hartz IV) werden wir ein Bürgergeld einführen“, heißt es im zwölfseitigen Sondierungspapier, auf das sich die Sondierungsteams am Freitag geeinigt hatten. Wörtlich heißt es darin: „Das Bürgergeld soll die Würde des und der Einzelnen achten, zur gesellschaftlichen Teilhabe befähigen sowie digital und unkompliziert zugänglich sein.“ Die sich anbahnende künftige Regierung will demnach „prüfen“, welche der während der Coronakrise eingeführten Lockerungen fortgesetzt werden könnten, beispielsweise „großzügige Regelungen zu Schonvermögen und zur Überprüfung der Wohnungsgröße“, wie es im Sondierungspapier heißt. „Mitwirkungspflichten“ sollen allerdings bleiben und „entbürokratisiert“ werden. Auch die Zuverdienstmöglichkeiten sollen verbessert werden, „mit dem Ziel, Anreize für Erwerbstätigkeit zu erhöhen“. +++