
Die SPD verlangt von der Union in einer künftigen Koalition eine gemeinsame Ablehnung von AfD-Kandidaten für den Vorsitz von Bundestagsausschüssen. „Als zukünftige Koalitionspartner stimmen wir uns in sämtlichen Fragen gemeinsam ab“, sagte der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Dirk Wiese der „Bild“. „Das gilt auch dafür, wie wir mit AfD-Kandidaten als Ausschussvorsitzenden umgehen. Das mag Jens Spahn passen oder nicht. Ist aber so.“
SPD-Generalsekretär Matthias Miersch machte deutlich, dass die SPD von der Union eine gemeinsame Ablehnung von AfD-Kandidaten für den Vorsitz von Bundestagsausschüssen erwartet. „Ich kann mir nicht vorstellen, einen Abgeordneten der AfD zum Vorsitzenden eines Bundestagsausschusses zu wählen. Einer Partei, die unsere Demokratie systematisch angreift, werde ich keine herausgehobene Rolle im Parlament zubilligen“, sagte Miersch. „Ich erwarte, dass die künftige Koalition diesen Grundsatz teilt und klar Haltung zeigt.“ Unions-Fraktionsvize Jens Spahn (CDU) hatte zuvor gefordert, mit der AfD „wie mit jeder anderen Oppositionspartei auch“ umzugehen. Als zweitstärkste Fraktion stehen der AfD mehrere Vorsitzposten für Bundestagsausschüsse zu, allerdings müssen ihre Kandidaten von einer Mehrheit der Abgeordneten im Ausschuss gewählt werden.
Die Frage, ob die Mitglieder des Bundestages auch AfD-Politikern zu Ausschussvorsitzenden wählen müssen, beschäftigte 2024 auch das Bundesverfassungsgericht. Die AfD-Fraktion sah sich in ihren Rechten auf Gleichbehandlung als Fraktion verletzt. Die Karlsruher Richter wiesen die Organklage der AfD-Fraktion allerdings ab. Die Durchführung von Wahlen zur Bestimmung der Ausschussvorsitze bewegten sich im Rahmen der dem Bundestag zustehenden Geschäftsordnungsautonomie, argumentierten die Richter. Mit einer freien Wahl wäre es laut Bundesverfassungsgericht „unvereinbar, wenn eine Fraktion das Recht auf ein bestimmtes Wahlergebnis hätte“.
Schweitzer warnt Union vor Normalisierung der AfD
Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD) hat die Union vor einer Normalisierung der AfD gewarnt. Diesen Weg würden die Sozialdemokraten nicht gehen, sagte Schweitzer dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ zur Forderung von Unionsfraktionsvize Jens Spahn (CDU), die AfD im Bundestag wie jede andere Oppositionspartei zu behandeln. „Sie ist eine rechtspopulistische und in Teilen rechtsradikale Partei und damit nicht Teil der demokratischen Mitte.“ Es sei das demokratische Recht der AfD, für das Bundestagspräsidium und Ausschussvorsitze zu kandidieren. „Aber es ist auch das demokratische Recht von frei gewählten Abgeordneten, sie nicht zu wählen“, erläuterte Schweitzer. Union und SPD seien von vielen Bürgern auch dafür gewählt worden, dass die AfD nicht in Mitverantwortung komme.
Bei mehr Nähe der CDU zur AfD drohe der Union die Entwicklung anderer konservativer Parteien in Europa. „Nämlich, dass sie am Ende verdrängt wird von einer rechtspopulistischen Alternative“, sagte der SPD-Politiker. Ferner mahnte Schweitzer, der Tabubruch von CDU-Chef Friedrich Merz durch eine gemeinsame Abstimmung mit der AfD im Bundestag Ende Januar sei nicht vergessen. Das werde für die Sozialdemokraten „noch eine ganze Weile eine Rolle spielen“.
Banaszak kritisiert Umgang der Demokraten mit Rechtsextremen
Nach Einschätzung von Grünen-Chef Felix Banaszak sind die demokratischen Parteien noch ratlos im Umgang mit dem Erstarken von rechtsextremen Kräften. „Es ist offenkundig, dass wir als Demokraten bisher keinen guten Umgang mit dieser Entwicklung gefunden haben“, sagte Banaszak der „Rheinischen Post“. „Rechtsextreme Kräfte dominieren die Agenda und wir stehen wie das Kaninchen vor der Schlange. So schwankt die öffentliche Debatte zwischen Skandalisierung und Normalisierung, aber immer steht die AfD im Fokus“, erklärte der Grünen-Politiker.
Es sei die Aufgabe auch der Grünen, wieder andere Themen auf die gesellschaftliche Agenda zu setzen, anstatt nur über die Vorstellungen der AfD zu sprechen. „Es braucht einen positiven Gegenentwurf einer solidarischen, vielfältigen Gesellschaft, eines erfolgreichen ökologischen Wandels, einer gerechten Verteilung von Wohlstand und Chancen. Und ein neues Miteinander, eine neue politische Kultur – gerade dort, wo sich Antidemokraten breit machen und den öffentlichen Raum dominieren“, so Banaszak.
Der CDU warf Banaszak vor, dem Kurs der AfD nachzueifern. „Die Union ist in den letzten Monaten einem fatalen Irrtum erlegen: Wenn man sich auf das Feld der Rechtsextremen begibt, sich in der Rhetorik annähert und von der AfD so sehr die Agenda diktieren lässt, dass man sie nur noch mit deren Stimmen umsetzen kann – und genau das ist am 29. Januar ja passiert, dann stärkt man am Ende die AfD und nicht die vermeintlich demokratische Alternative.“
Er habe den Anteil der Grünen am deutlich gewachsenen Zuspruch zur AfD nie geleugnet. „Aber ich würde mir auch wünschen, dass sich Friedrich Merz und die Union fragen, was sie aus der Opposition heraus dazu beigetragen haben und diese Erkenntnis in ihre Regierungsarbeit einfließen lassen“, sagte der Grünen-Chef weiter. +++
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