SPD-Chefin: Bilder aus Moria sind „Schande für Europa“

Union gegen "isolierte Entscheidung" zur Migrantenaufnahme aus Moria

Flüchtlingslager

Nach dem Großbrand im griechischen Flüchtlingslager Moria hat SPD-Chefin Saskia Esken Hilfe vor Ort sowie eine Aufnahme der Migranten gefordert. „Die Bilder aus Moria sind erschütternd, und sie sind eine Schande für Europa“, schrieb sie am Mittwoch auf Twitter. Das Bundesinnenministerium müsse eine Dringlichkeitssitzung der EU-Innenminister herbeiführen, die einen „gerechten Verteilmechanismus“ ausarbeiten sollen. Dieser Verteilmechanismus solle ermöglichen, dass „die Willigen“ bei der Aufnahme von Geflüchteten nicht mehr ausgebremst und „die Unwilligen auf anderem Weg in die Pflicht“ genommen werden. Das Flüchtlingslager auf der Insel Lesbos war in der Nacht zu Mittwoch zu weiten Teilen in Brand geraten. Medienberichten zufolge konnte das Feuer bis Mittwochmittag unter Kontrolle gebracht werden. Laut Feuerwehr wurde offenbar niemand verletzt, das Lager sei allerdings vollständig zerstört.

Kipping verlangt Ende der „Blockadehaltung“ bei Migranten-Aufnahme

Linken-Chefin Katja Kipping hat Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) nach dem Brand im griechischen Flüchtlingslager Moria dazu aufgefordert, sich in der Frage der Aufnahme von Migranten zu bewegen. „Bundesinnenminister Seehofer muss seine Blockadehaltung beenden“, sagte Kipping der „Welt“. Verschiedene Städte und Bundesländer, beispielsweise Thüringen, Bremen und Berlin, wollten seit Monaten Menschen aus dem Camp aufnehmen, so Kipping – „vor allem Ältere und Menschen mit Vorerkrankungen“. Seehofer blockiere dies. „Schon vor Monaten hat die Linke davor gewarnt: Kommt das Virus ins Lager, kann Moria schnell zu einer Intensivstation ohne Ausrüstung und einem Friedhof werden.“ Der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jürgen Hardt (CDU), forderte unterdessen eine Entlastung Griechenlands. „Die Nachrichten über Brände im Flüchtlingslager Moria sind erschreckend, es droht eine humanitäre Katastrophe. Der Brand zeigt aber au ch, dass dringend eine europäische Lösung zur Entlastung Griechenlands gefunden werden muss“, sagte Hardt der „Welt“. Zunächst müsse das genaue Geschehen lückenlos aufgeklärt werden. Sollte sich der Verdacht der Brandstiftung bestätigen, müssten die Täter, die gezielt das Leben so vieler Menschen gefährdeten, zur Rechenschaft gezogen werden. „Deutschland ist mit anderen Staaten in Vorleistung getreten und hat Hunderte Kinder aufgenommen. Es ist Zeit, dass auch andere europäische Staaten ihrer humanitären Verantwortung gerecht werden“, so der CDU-Politiker.

Seehofer bietet Griechenland nach Moria-Brand Hilfe an

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat Griechenland nach dem Großbrand im Flüchtlingslager Moria Hilfe angeboten. Das teilte Seehofers Sprecher Steve Alter am Mittwoch über den Kurznachrichtendienst Twitter mit. „Wir befinden uns seit gestern in intensiven Gesprächen mit der griechischen Regierung“, schrieb er. Man habe Griechenland in der Vergangenheit geholfen und werde selbstverständlich auch jetzt helfen. Der Minister habe dies bereits angeboten, so Alter. Wie genau diese Hilfe aussehen soll, blieb zunächst unklar.

Riexinger fordert Aufnahme von Geflüchteten aus Moria

Linken-Chef Bernd Riexinger hat die Bundesregierung zur Aufnahme der Geflüchteten aufgefordert. „Deutschland muss die Menschen aus dem zerstörten Lager in Moria jetzt schnellstmöglich aufnehmen. Die Not ist akut. Auf eine europäische Lösung zu warten ist weniger denn je eine Option“, sagte der Linken-Chef der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Man habe es mit über 12.000 Menschen in Not zu tun. „In einer Not, die die Regierungen der EU sehenden Auges geschehen ließen.“ Kritik übte der Linken-Chef an Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU): „Einen Teil der Verantwortung trägt auch ganz persönlich Innenminister Seehofer, der es den Bundesländern und Kommunen in Deutschland verbot, freiwillig Geflüchtete aus Moria aufzunehmen. Es ist überfällig, dass Deutschland Verantwortung übernimmt“, sagte Riexinger. Die Verantwortlichen für das Drama auf den griechischen Inseln „sitzen nicht auf Moria“. Die wahren Ve rantwortlichen säßen in den Hauptstädten einer EU, „die dem Elend in Moria über Jahre tatenlos zugesehen hat“, kritisierte der Vorsitzende der Linkspartei. Die EU habe zugesehen, als die Menschen dort auf engstem Raum zusammengepfercht worden seien, und sich geweigert, das Lager zu evakuieren, als mit Corona eine neue Gefahr für die Massenunterkunft aufgetaucht sei. „Die EU hat auch keine Konsequenzen gezogen, als Corona das Lager bereits erreicht hatte“, so Riexinger.

Union gegen „isolierte Entscheidung“ zur Migrantenaufnahme aus Moria

Unionsfraktionsvize Thorsten Frei (CDU) schließt nach dem Brand im griechischen Flüchtlingscamp Moria eine „isolierte Entscheidung der Bundesregierung zur Aufnahme der Migranten“ aus. „Unabhängig davon, wer das Feuer gelegt hat, brauchen die Migranten sofort schnelle und unbürokratische Hilfe“, sagte Frei der „Welt“. Sobald die griechische Regierung Deutschland darum bitte, sei das Technisches Hilfswerk rasch einsatzbereit und könne vor Ort neue Unterkünfte errichten. „Über EU-weite Lösungen wird man möglicherweise sprechen. Schon heute nimmt Deutschland weit mehr Flüchtlinge aus Griechenland auf als die übrigen EU-Staaten.“ CSU-Außenpolitiker Thomas Erndl forderte die Aufnahme einiger Migranten. „Wir müssen als einmaligen solidarischen Akt – wenn möglich gemeinsam mit anderen europäischen Ländern – eine begrenzte Anzahl Flüchtlinge vom griechischen Festland aufnehmen, um damit Kapazitäten für die Unterbringung der Flüchtlinge von Moria zu schaffen“, sagte Erndl. Die Bilder aus Moria seien furchtbar. „Deutschland und Europa müssen jetzt in dieser Situation konkrete Nothilfe leisten und Griechenland bei der Versorgung der Flüchtlinge entlasten.“ Die Lage auf den griechischen Inseln sei für Europa „kein Ruhmesblatt“. Deshalb müsse man endlich mit der Reform des gemeinsamen europäischen Asylsystems weiterkommen und die von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) vorgeschlagene Schnellprüfung in Einrichtungen an den EU-Außengrenzen umsetzen. Konstantin Kuhle, innenpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, nannte den Brand „eine Eskalation, die vorhersehbar war“. Seit Monaten sei die Einrichtung komplett überfüllt und befinde sich in einem unwürdigen Zustand. „Deutschland hat eine Schlüsselrolle für die Lösung dieser Situation auf den griechischen Inseln, weil es derzeit die EU-Ratspräsidentschaft innehat“, sagte Kuhle. Der FDP-Politiker forderte Seehofer und Außenminister Heiko Maas (SPD) auf, kurzfristig eine europäische Migrationskonferenz auszurichten, „um eine politische Einigung für eine neue europäische Asylpolitik zu erreichen“. Dazu gehörten eine Evakuierung weiterer Personen von den griechischen Inseln sowie stärkere diplomatische Bemühungen, um das Verhältnis zwischen Griechenland und der Türkei zu entspannen, aber auch die Themen Grenzschutz und Rückführungen.

IMK-Chef für Aufnahme von Migranten aus Moria

Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Georg Maier (SPD), hat die Bundesregierung aufgefordert, kurzfristig Migranten aus dem Flüchtlingslager Moria auf Lesbos aufzunehmen. Die Bundesregierung müsse anbieten, „kurzfristig Kontingente der Geflüchteten auf Lesbos zu übernehmen“, sagte Thüringens Innenminister der „Welt“. „Die Bereitschaft der Länder und Kommunen ist vorhanden. Thüringen hat angeboten, 500 Geflüchtete zusätzlich aufzunehmen, bundesweit könnten tausende Personen zusätzlich aufgenommen werden.“ Am besten geschehe dies „in Zusammenarbeit mit weiteren europäischen Staaten, die ebenfalls bereit sind, kurzfristig Menschen aufzunehmen“, sagte Maier. Wenn sich einzelne EU-Staaten nicht an einem solchen Mechanismus beteiligen wollten, müsse man das akzeptieren. Es brauche außerdem „sofortige Hilfsangebote“ vonseiten der Bundesregierung. „Das Technische Hilfswerk kann bei der Errichtung von provisorischen Unterkünften unt erstützen, damit die Menschen ein Dach über dem Kopf haben.“ Maier forderte zudem eine „nachhaltige Lösung“ im europäischen Kontext. „Hier ist der Bundesinnenminister aufgefordert, deutlich schneller als bislang zu handeln.“

Grüne machen Bundesregierung und EU wegen Moria schwere Vorwürfe

Die Grünen-Bundestagsabgeordnete und Sprecherin für Flüchtlingspolitik, Luise Amtsberg, sieht die Verantwortung für den ausgebrochenen Brand im Flüchtlingslager Moria bei der Bundesregierung und der EU: „Dass die Menschen nach dem Ausbruch des Coronavirus in Panik geraten, war klar. Die hygienischen und sanitären Umstände sind miserabel, die Menschen konnten sich zu keinem Zeitpunkt ausreichend vor dem Virus schützen“, sagte Amtsberg dem Nachrichtenportal Watson. Außerdem erhebt Amtsberg schwere Vorwürfe gegenüber den Regierungsparteien: „Seit Monaten üben wir Druck auf Union und SPD aus, zu helfen die Menschen in der EU zu verteilen. Die Bundesregierung hat gezögert und sich hinter der Untätigkeit anderer EU-Mitgliedstaaten versteckt.“ Amtsberg fordert nun eine sofortige Evakuierung der Geflüchteten: „Deutschland muss sich sofort auf die Aufnahme aus Griechenland vorbereiten. Ich erwarte von der Bundesregierung, dass sie unverzüglich Maßnahmen ergreift und Griechenland mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln unterstützt.“ +++