SPD-Arbeitnehmerflügel lehnt neue Ausnahmen beim Mindestlohn ab

Berlin. Der Bundesvorsitzende der SPD-Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA), Klaus Barthel, ist strikt gegen die von der Union erzwungenen weiteren Ausnahmen beim geplanten gesetzlichen Mindestlohn und fordert den Stopp der vereinbarten Regelungen. „Die angedachten weiteren Ausnahmen beim Mindestlohn belegen, dass es einigen in der Union nicht um die sachgerechte Umsetzung des Koalitionsvertrages geht, sondern um die systematische Durchlöcherung des Mindestlohnes bis zur Unkenntlichkeit“, sagte Barthel dem „Handelsblatt-Online“.

Die neuen Vorschläge, beispielsweise im Hinblick auf die Saisonarbeit, seien eine erneute „Einladung für Umgehungen und Missbrauch, auch zulasten der Sozialkassen“. Die Ausnahmen für Langzeitarbeitslose seien schon „schlimm genug“ gewesen. „Dieselben Unionsparteien würden, wenn sich diese Ideen durchsetzen, in Bälde den von ihnen selbst erzeugten Sozialmissbrauch und die Armutszuwanderung beklagen“, so Barthel weiter. Er erwarte daher, dass die Koalitionsfraktionen in dieser Woche „diesen Unfug stoppen“, forderte der stellvertretende Vorsitzende des Bundestags-Wirtschaftsausschusses. Er setze dabei auch auf den „Sachverstand und die Verlässlichkeit“ in der Union, fügte Barthel hinzu. Die SPD stehe ohnehin im Wort. „Wir dürfen aber jetzt nicht wenige Meter vor dem Ziel Herrn Kauders Jagd nach Siegestrophäen zur Beruhigung nervöser Klientelpolitiker in der Union nachgeben“, sagte Barthel mit Blick auf Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU).

Linkspartei wirft SPD Wählerbetrug beim Mindestlohn vor

Die Einigung der Koalitionsspitzen auf weitere Sonderregelungen beim Mindestlohn stößt auf scharfe Kritik der Linkspartei. „Das Nahles-Gesetz liest sich wie eine Satire auf das SPD-Wahlprogramm. Das ist Betrug an den Wählern und an den SPD-Mitgliedern“, sagte Partei-Chef Bernd Riexinger der „Frankfurter Rundschau“. „Die Ausnahmen haben in Karlsruhe niemals Bestand, weil sie eklatant gegen das Gleichbehandlungsgebot verstoßen“, kritisierte er. Hingegen verteidigte die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Carola Reimann, den Kompromiss: „Es wird keine Branchenausnahmen geben. Überall muss 2017 ein Stundenlohn von 8,50 Euro gezahlt werden“, sagte sie der „Frankfurter Rundschau“. Ausnahmen für Langzeitarbeitslose und Praktikanten seien frühzeitig angekündigt worden und könnten niemand überraschen. Außerdem sei klar gewesen, dass es eine Übergangsfrist bis 2017 geben würde, während derer Branchen mit eigenen Tarifverträgen vom Mindestlohn abweichen dürfen: „Das haben wir im Koalitionsvertrag vereinbart.“

Ramsauer kündigt Nein-Stimmen aus der Union zum Mindestlohn-Gesetz an

Der CSU-Wirtschaftspolitiker Peter Ramsauer hat Nein-Stimmen aus den Reihen der Union zum Mindestlohn-Gesetz von Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) angekündigt. „Das Gesetz geht nach wie vor wirtschaftspolitisch in die falsche Richtung, deshalb werden viele Wirtschaftspolitiker der Union nicht zustimmen“, sagte der Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses der Zeitung „Bild“. Eine Spitzenrunde der Koalition aus Union und SPD hatte am Freitag den Weg für die Verabschiedung des allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns von 8,50 Euro geebnet. Dabei wurden Ausnahmen für die Zeitungsbranche, für Saisonarbeit und für die Beschäftigung von Praktikanten vereinbart. +++ fuldainfo