Sommerlad: Landkreis hält Standortalternativen für möglich

Landrat Woide: "Es geht nicht nur um bloßen Formalismus!"

Landrat des Landkreises Fulda Bernd Woide (CDU)
Landrat des Landkreises Fulda Bernd Woide (CDU)

Fulda. Die Nachricht, „Sommerlad schließt zum 31.07.2017 das Möbelhaus in Petersberg bei Fulda“, hat hohe Wellen geschlagen. Viel wurde im Nachgang darüber publiziert und gesagt, darunter falsches und richtiges. Immer wieder wurde in diesem Kontext der Landrat des Landkreises Fulda Bernd Woide (CDU) genannt. Auch hatte sich der Betriebsratsvorsitzender von Sommerlad Fulda, Karsten Simon, in einem offenen Brief an den Landrat gewandt. Wir baten Herrn Woide – uns die Diskussion um das Möbelhaus, aus seiner Sicht zu konkretisieren und etwas verdeutlichen.

„Herr Frank Sommerlad hat mit der Schließung seines Möbelhauses eine unternehmerische Entscheidung getroffen, die in seiner alleinigen Verantwortung liegt. Seine Entscheidung ist gefallen, bevor der Zentralausschuss der Regionalversammlung den Abweichungsantrag, der von der Gemeinde Künzell gemeinsam mit der Stadtregion Fulda gestellt worden ist, beschieden hat. Die aktuelle Berichterstattung über die von Herrn Frank Sommerlad angekündigte Schließung des Möbelhauses Sommerlad, kann nicht losgelöst von der mittlerweile drei Jahre andauernden Diskussion um das Vorhaben eines Neubaus direkt an der A7 in der Gemarkung Künzell gesehen werden. Ich möchte diese Diskussion, die hinlänglich bekannt ist, nicht noch einmal wiedergeben, aber ich halte es nach wie vor für sehr bemerkenswert, wenn ein Unternehmen einen etablierten Standort aufgibt, ohne die rechtliche Zulässigkeit eines Neubaus an einem anderen Standort abschließend geklärt zu haben“, so Bernd Woide gegenüber fuldainfo.

„Dies ist gerade – auch im Rahmen der besonderen unternehmerischen Verantwortung – für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit hohen Risiken behaftet. Herr Sommerlad hat gegenüber den Medien erklärt, im Verfahren Fehler gemacht zu haben. Darin kann ihm nur zugestimmt werden. Der zentrale Fehler lag darin, die Regionalplanung viel zu spät in seine Standortüberlegungen eingebunden zu haben. Ob diese späte Einbindung der zuständigen Behörden bewusst oder unbewusst erfolgte, darüber möchte ich nicht spekulieren. Bei Vorhaben dieser Größenordnung werden regionalplanerische Belange üblicherweise sehr frühzeitig in die Überlegungen von Investoren und Kommunen einbezogen. Dieses Verfahren gibt die Möglichkeit, rechtzeitig mögliche Probleme und vor allem auch Standortalternativen zu diskutieren und zu überprüfen, noch bevor regionalplanerische Entscheidungen getroffen werden müssen. Im Fall des Möbelhauses Sommerlad, ist augenscheinlich anders verfahren worden. Herr Sommerlad hat Grundstücke in Künzell erworben, ohne, dass nur ansatzweise klar war, ob dort regionalplanerisch und städtebaulich großflächiger Einzelhandel zulässig ist. Durch diese – sehr frühzeitige Fokussierung auf einen Standort, ist für alle Seiten ein unnötiger Druck aufgebaut worden, der die gesamte Diskussion – bis heute – erheblich belastet. Dadurch ist auch die Prüfung und Umsetzung möglicher Alternativen erschwert worden. Der zentrale fachliche und rechtliche Einwand, der dem Vorhaben Sommerlad an der A7 entgegengehalten wird, ist der Verstoß gegen das städtebauliche bzw. siedlungsstrukturelle Integrationsgebot für großflächige Einzelhandelseinrichtungen gem. § 11 Abs. 3 der Baunutzungsverordnung. Das Integrationsgebot für Sondergebiete mit großflächigem Einzelhandel, ist sowohl im Landesentwicklungsplan Hessen, als auch im Regionalplan Nordhessen eindeutig definiert und besagt, dass entsprechende Einzelhandelseinrichtungen nur in ‚Vorranggebieten Siedlung‘ zulässig sind. Dies ist bei der Fläche an der A7 zweifelsfrei nicht der Fall, da sie im gültigen Regionalplan als ‚Vorranggebiet für Industrie und Gewerbe Planung‘ ausgewiesen wird und zudem – durch ihre Lage – jenseits der Autobahn über keinerlei Anbindung zu bestehenden Siedlungsstrukturen verfügt. Es handelt sich hier – um den klassischen Fall eines Einzelhandelsvorhabens ‚auf der grünen Wiese‘. Selbst die dem Abweichungsantrag der Gemeinde Künzell zugrundeliegenden Gutachten, räumen den Verstoß gegen das Integrationsgebot uneingeschränkt ein. Diese rechtliche Argumentation mache ich mir zu Eigen und habe sie auch öffentlich und sehr frühzeitig gegenüber den Verfahrensbeteiligten vertreten. Meine Position war und ist immer eindeutig gewesen. Es handelt sich dabei aber nicht um eine bloße persönliche Meinung, sondern um eine fundierte rechtliche Argumentation, die auch von der Regionalplanung beim Regierungspräsidium Kassel geteilt wird, deren Vorgehensweise, ich als Mitglied der Regionalversammlung, ausdrücklich unterstütze“, führt Woide weiter aus.

„Wenn in der öffentlichen Diskussion die These vertreten wird, bei einem Verstoß gegen das Integrationsgebot, handle es sich lediglich um einen bloßen Formalismus, der situationsabhängig überwunden werden könne, so muss ich dem vehement widersprechen. Das Gegenteil ist der Fall: Es handelt sich hierbei um einen zentralen Planungsgrundsatz des deutschen Baurechtes. Zusammenfassend kann man die Diskussion um die rechtliche Zulässigkeit des Sommerladstandortes an der A7 – aus meiner Sicht, wie folgt in einer Frage zusammenfassen: Hätte nicht die Fa. Sommerlad, sondern ein anderes Möbelunternehmen – außerhalb der Region – den Standort an der A7 ausgewählt, wie wäre die Diskussion innerhalb der Region dann geführt worden? Ich meine – grundsätzlich anders. Planungsrecht gilt aber grundsätzlich für alle und ohne Einschränkungen! Das Regierungspräsidium Kassel hat, wie auch in seiner Presseinformation ausgeführt, den Vorhabenträger, die Fa. Sommerlad, darauf hingewiesen, dass es der Regionalversammlung in einer Beschlussvorlage die Ablehnung des Abweichungsantrags der Gemeinde Künzell empfehlen werde, so wie bereits im September 2015. Richtig ist, dass die Regionalversammlung und ihre Ausschüsse, formal nicht an diese Beschlussempfehlung gebunden sind. Richtig ist aber auch, dass sich die Regionalversammlung richtigerweise von den Empfehlungen der Regionalplanung leiten lässt, da sie Sachverhalte aufarbeitet und einer rechtlichen Würdigung unterzieht. In diesem Zusammenhang – möchte ich auf einen Sachverhalt eingehen, der in der öffentlichen Diskussion häufig falsch dargestellt wird: Von manchen wird der Eindruck erweckt, anstelle der rechtlichen und tatsächlichen Würdigung eines Abweichungsantrags, könnten auch politische Erwägungen entscheidungserheblich sein. Dem ist aber nicht so! Die Regionalversammlung ist kein Parlament, sondern ein Gremium, das sich ausschließlich an Recht und Gesetz zu halten hat. Das geltende Planungs- und Baurecht ist der alleinige Maßstab für seine Entscheidungen. Folglich unterliegen die Entscheidungen der Regionalversammlung bzw. ihrer Ausschüsse auch der juristischen Nachprüfung durch die Verwaltungsgerichte. Wie ich bereits deutlich gemacht habe, entscheidet die Regionalversammlung, deren Mitglied ich bin, nach rechtlichen Erwägungen auf der Grundlage einer Vorlage der Regionalplanung des Regierungspräsidiums. Antragsteller von regionalplanerischen Abweichungsanträgen können ausschließlich Kommunen sein, deren Bauleitplanung an den Vorgaben der Regionalplanung auszurichten ist. Die Kommunen der Stadtregion haben durch die Gemeinde Künzell, einen solchen Antrag auf Abweichung vom geltenden Regionalplan gestellt und begründet. Das ist ihr gutes Recht! Es ist aber auch das Recht und die Pflicht der Regionalversammlung, diesen Antrag völlig unabhängig zu prüfen und zu entscheiden. Wäre die Regionalversammlung vom Votum der antragstellenden Kommunen abhängig, so müsste jede ihrer Abweichungsentscheidungen zwangsläufig im Sinne der Kommune getroffen werden. Das ist aber nicht der Fall“, erklärt Bernd Woide.

„Anzumerken ist auch, dass die Entscheidung, über den Abweichungsantrag Sommerlad, für mich, keine parteipolitische Frage – sondern eine rechtliche Frage ist. Ich respektiere in diesem Zusammenhang andere Auffassungen, erwarte aber auch, dass meine Auffassung respektiert wird. Als Mitglied der Regionalversammlung, ist es meine Pflicht, mir ein eigenes Urteil über den Abweichungsantrag nach Gesetz und Recht zu bilden. Übrigens tragen die Mitglieder der Regionalversammlung Verantwortung für die gesamte Planungsregion, zu der auch der gesamte Landkreis Fulda gehört. Diese Verantwortung hört für mich nicht an den Grenzen der Stadtregion auf. Ein neuer Möbelstandort an der A7, hat mit hoher Wahrscheinlichkeit auch Auswirkungen auf bestehende Möbelhändler im Landkreis Fulda außerhalb der Stadtregion. Die grundsätzliche Entscheidungsfindung hat Auswirkungen auf alle Entscheidungen in der gesamten Planungsregion. Diese Auswirkungen, werden bei der aktuellen Diskussion, häufig nicht beachtet. Als Landrat setze ich mich auch im Fall Sommerlad für den Erhalt der Arbeitsplätze ein. So habe ich beispielsweise in Gesprächen mit der Fa. Sommerlad und dem Vermieter des bisherigen Standortes, versucht, zu vermitteln und Perspektiven an diesem Standort zu schaffen. Allerdings sind auch die Bindung an Gesetz und Recht der Maßstab meines Handelns. Der Erhalt von Arbeitsplätzen, ist ein hohes Gut! Ich halte es aber für nicht richtig, ihn zur Erlangung von Behördenentscheidungen zu instrumentalisieren und Druck auf Behördenvertreter und Entscheidungsträger auszuüben. Mit dem Betriebsrat der Fa. Sommerlad, bleibe ich weiterhin im Gespräch. Nach wie vor halte ich es für möglich, der Firma Sommerlad Standortalternativen für ihr Vorhaben in der Region Fulda zu bieten. Dazu zählt – neben der Revitalisierung des bisherigen Standortes – auch das Gebiet „Kaiserwiesen“. Gespräche hierzu habe ich bereits in der Vergangenheit geführt und werde es – im Interesse der Arbeitsplätze – auch in Zukunft tun“, heißt es von Seiten des Landrates des Landkreises Fulda gegenüber unserem Medium abschließend. +++ fuldainfo