Söder ruft Regierung zu weniger Streit auf

CSU-Chef Markus Söder hat die Bundesregierung zu weniger Streit aufgerufen und mehr Tempo bei Reformen angemahnt. "Eine Koalition darf nicht im Parteidenken steckenbleiben", sagte Söder der "Bild am Sonntag". "Am Ende zählen nicht taktische Geländegewinne, sondern was richtig und wichtig ist. Land geht immer vor Partei."

Die Politik müsse sich "wieder stärker an der Mitte der Gesellschaft orientieren - an dem, was die Bevölkerung wirklich bewegt", so Söder. "Die Menschen haben ein gutes Gespür für Gerechtigkeit. Es braucht keine akademischen Debatten, sondern pragmatische Lösungen." Söder hielt an den Forderungen seiner Partei zum Gebäudeenergiegesetz (GEG) fest. "Das Heizungsgesetz muss weg. Es war von Anfang an überzogen und falsch", sagte er. "Kein anderes Gesetz hat die Menschen so verunsichert, es ist ein Mahnmal für die bevormundende Verbotspolitik der Grünen."

Zugleich pochte Söder auf die im Koalitionsvertrag festgeschriebene Streichung des Bürgergelds für neuzugezogene Ukrainer. "Wir haben eine klare Vereinbarung - und die muss auch eingehalten werden. Das heißt: Kein Bürgergeld mehr für ukrainische Flüchtlinge", verlangte Söder. Der bayerische Ministerpräsident forderte zugleich mehr Geschwindigkeit bei den geplanten Reformen. "Wir brauchen Tempo, Tempo, Tempo. Die Wirtschaft muss jetzt das absolute Top-Thema für die Bundesregierung sein. Wir müssen sie wieder zum Laufen bringen. Der Grundsatz muss sein: weniger Bürokratie und mehr Vertrauen in die Wirtschaft", so Söder.

Chip-Krise: Söder verlangt mehr Unabhängigkeit von China

Söder hat angesichts der Chip-Krise mehr Unabhängigkeit Europas von China gefordert. "Wir brauchen endlich eigene, verlässliche Lieferketten in Europa", sagte Söder der "Bild am Sonntag" weiter. "Weniger Abhängigkeit und mehr Eigenständigkeit. Weniger Klein-Klein und mehr Stärke." Die Lage sei ernst. "Bayern ist Autoland: BMW, Audi, MAN, die Zulieferer - das ist das Herz unserer Wirtschaft", sagte der CSU-Politiker. "Wenn Chips fehlen, steht es still." Söder kritisierte das EU-Parlament in Brüssel für seine Absage an eine Abschwächung des Lieferkettengesetzes. "Anstatt beim EU-Lieferkettengesetz endlich entschlossen zu entscheiden, hat das Europaparlament wieder nur vertagt, verzögert und gezaudert", sagte der Ministerpräsident. "Wir blockieren uns in Europa viel zu oft selbst. Dabei ist völlig klar: Nur mit einer starken Wirtschaft werden wir international ernst genommen."

Die EU-Lieferkettenrichtlinie verpflichtet große Unternehmen ab 2027, Menschenrechtsverletzungen wie Kinderarbeit und Zwangsarbeit sowie Verletzungen von Umweltabkommen in ihren Lieferketten zu identifizieren und zu verhindern. Außerdem müssen sie darlegen, wie sie klimaneutral werden wollen. Die Vertreter der EU-Mitgliedsstaaten hatten im Juni 2025 vorgeschlagen, die Lieferkettenrichtlinie deutlich abzuschwächen: Künftig sollten demnach lediglich Unternehmen mit mehr als 5.000 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von über 1,5 Milliarden Euro erfasst werden - also rund 70 Prozent weniger Unternehmen als ursprünglich geplant. Außerdem müssten die Unternehmen nicht mehr entlang der gesamten Lieferkette auf die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards achten. Das EU-Parlament lehnte am Mittwoch den Vorschlag vorerst ab.

In diesem Zusammenhang pochte Söder auf eine Abschwächung der CO2-Flottengrenzwerte, durch die ab 2035 der Verkauf von Neuwagen mit CO2-Ausstoß unterbunden wird. "Die derzeitigen Klimaziele sind unrealistisch", behauptete Söder. "Ein Umstieg auf 100 Prozent E-Autos bis 2035 wird nicht klappen." Der bayerische Ministerpräsident pochte auf zügige Entscheidungen. "Wenn wir hier zu viele Kompromisse machen, schaden wir unserem Wohlstand und damit der Demokratie. Profitieren werden nur die Extremen. Deshalb braucht es jetzt mutige Beschlüsse und keine Verzögerungen", sagte er. "Das Verbrenner-Verbot muss weg. Es müssen auch über 2035 hinaus hochtechnologisierte, effiziente Verbrenner zugelassen werden."

Laut Bundesumweltministerium nutzen Benziner rund 20 Prozent der Primärenergie zur Fortbewegung. Brennstoffzellen-Pkws kommen auf einen Wirkungsgrad von 27 Prozent und Elektroautos erreichen eine Gesamteffizienz von 64 Prozent. Entscheidend für den Klimaschutz ist letztlich jedoch der CO2-Ausstoß über den gesamten Lebenszyklus. Dieser ist laut ICCT aktuell bei E-Autos, die 2025 verkauft werden, bis zu 78 Prozent geringer als bei Verbrennern. +++


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