Siemens – Bouffier: „Konstruktive Lösung im Sinne der Arbeitnehmer muss erarbeitet werden“

FDP: Siemens ist kein Einzelfall

Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU)

Wiesbaden. Der Siemens-Konzern hat angekündigt, in seiner Kraftwerkssparte fast 7000 Stellen zu streichen. Betroffen hiervon ist auch der Standort Offenbach, der radikal verkleinert oder ganz geschlossen werden soll. Hier stellt Siemens rund 700 Arbeitsplätze zur Disposition.

In einem Gespräch mit der Unternehmensleitung von Siemens machte Ministerpräsident Volker Bouffier deutlich, dass er für den Siemens-Standort in Offenbach eine konstruktive Lösung im Sinne der Arbeitnehmer erwarte. Bouffier: „Es geht um den Erhalt von zukunftsfähigen Arbeitsplätzen!“ Hessens Regierungschef habe in diesem Gespräch klar formuliert, „dass eine solche Lösung in partnerschaftlicher Weise mit der Unternehmensleitung, dem Betriebsrat und den Gewerkschaften erarbeitet werden muss“. Der Ministerpräsident und die Landesregierung werden den weiteren Prozess intensiv begleiten.

Schäfer-Gümbel: Unternehmerische Versäumnisse dürfen nicht zu Lasten der Beschäftigten gehen

Der Vorsitzende der SPD-Fraktion im Hessischen Landtag, Thorsten Schäfer-Gümbel, kritisierte die Kürzungspläne scharf. Er sagte: „Wieder einmal versucht ein international agierender Konzern, unternehmerische Versäumnisse zu korrigieren, indem er die Beschäftigten die Zeche zahlen lässt. Dass die konventionellen Großkraftwerke, wie Siemens sie baut, beim globalen Umstieg auf erneuerbare Energien nicht mehr im gewohnten Umfang gebraucht werden, ist keine Überraschung, sondern seit vielen Jahren erkennbar. Das Management von Siemens war offensichtlich nicht im Stande, darauf angemessen zu reagieren. Nachdem das Unternehmen wertvolle Zeit hat verstreichen lassen, soll nun ein radikaler Personalabbau die Bilanz und die Dividende der Aktionäre aufbessern. Dabei übersieht das Siemens-Management, dass ein Konzern dieser Größe nicht nur der Kapitalseite verpflichtet ist, sondern auch seinen Beschäftigten und deren Familien. Die hochqualifizierten Fachleute, die am Standort Offenbach hervorragende Arbeit leisten, werden vom Konzern zu einer namenlosen Manövriermasse degradiert. Die Betroffenen können und werden das in dieser Form nicht hinnehmen. Ich solidarisiere mich ausdrücklich mit den Siemens-Beschäftigten, dem Betriebsrat und den Gewerkschaften, die gegen diesen billigen Versuch der Bilanzoptimierung Widerstand leisten. Auch wenn der Konzern im weltweiten Wettbewerb steht, dürfen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von der Unternehmensführung doch intelligentere Lösungen erwarten als den personellen Kahlschlag. Die SPD jedenfalls steht an der Seite der Beschäftigten von Siemens und ist bereit, alle Beteiligten bei der Suche nach einem intelligenten Ausgleich der Interessen zu unterstützen – im Sinne der Siemensianer, der Stadt Offenbach und des Industriestandortes Hessen.“

FDP: Siemens ist kein Einzelfall

Jürgen Lenders, wirtschaftspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion im Hessischen Landtag erklärte: „Mit Siemens verkündet nun ein weiteres Industrieunternehmen binnen nur weniger Monate eine mögliche Standort-Schließung und den Abbau von Arbeitsplätzen. Diese Pläne sind alarmierend: Nach Wella, Mundipharma, Sanofi, Spezialguss Wetzlar, Carl-Zeiss, Rodenstock, Bosch-Rexrodt und Continental reiht sich ein weiteres hessisches Schwergewicht in die Negativserie ein. Auch wenn die Situation in jedem einzelnen Fall eine andere ist – die Leidtragenden sind die Beschäftigten und ihre Familien, die mit Sorge in ihre Zukunft blicken. Die Nachrichten sind alarmierend, denn es zeigt sich, dass der Industriestandort Hessen gefährlich an Wettbewerbsfähigkeit verliert. Die aktuelle Studie der hessischen IHKs belegt diese Entwicklung. Demnach führen zehn Prozent der hessischen Industrieunternehmen bereits einen Jobabbau durch oder planen diesen. Hauptursache hierfür, so das Ergebnis der IHK-Umfrage, sei die Energiewende. Es ist unverantwortlich, den Industriestandort Hessen durch hysterische Klimaschutzpläne zu gefährden. Bei Siemens geht es um insgesamt 7.000 Menschen, denen der Verlust des Arbeitsplatzes droht, weil keine Kraftwerke mehr gebaut werden sollen. Es wird nicht mehr lange dauern und die Grünen werden auch die Chemieindustrie und den Industriepark Hoechst oder die große Eisengießerei in Stadtallendorf in Frage stellen. Hessen braucht eine industrielle Basis, weil hier die Wertschöpfung erzeugt wird, die für alle anderen Branchen – vom Finanzdienstleister bis zur Logistik – die Voraussetzung ist. Die Landesregierung muss endlich aufwachen und etwas für die hessische Industrie tun. Es reicht nicht aus, wenn der Wirtschaftsminister behauptet, dass der Austausch von ein paar Argumenten ausreiche, um den Siemens-Standort in Offenbach zu erhalten. Das ist nicht der Fall. Viel schlimmer ist jedoch: Während Al-Wazir die „Industrieplatzinitiative Hessen“ seines Vorgängers einstellt, lässt die CDU ihn einfach machen.“

Siemens will Arbeitsplätze „sozialverträglich“ abbauen

Die tausenden Stellenstreichungen bei Siemens sollen laut Personalchefin Janina Kugel sozialverträglich durchgeführt werden. „Wir werden jetzt erst in die Gespräche mit den Arbeitnehmern gehen“, sagte Kugel am Freitag dem Fernsehsender n-tv. „Wir haben ein großes Interesse, das so sozialverträglich wie möglich zu gestalten.“ Gleichzeitig verteidigte sie den Stellenabbau gegen Kritik. Die Preise im Energiesektor seien massiv unter Druck. „Und wir sind jetzt in einer Situation, in der es Überkapazitäten auf dem ganzen Markt gibt. Das heißt, nicht nur für uns.“ +++