SG Barockstadt Fulda-Lehnerz - Der Stachel der Enttäuschung sitzt tief

Der Stachel der Enttäuschung sitzt tief. Alle waren enttäuscht, sofern sie mit der SG Barockstadt fühlten und ihr angehören. Auch Daniyel Cimen war dies. Selten hatte man das dem Trainer der SGB so angesehen wie dieses Mal. Verständlich war das. Absolut verständlich. Wie immer hatte er seinen Platz eingenommen bei der Pressekonferenz - und sollte kundtun, woran es aus der Sicht des Coaches gelegen hatte, wie und warum es zur 1:2-Heimniederlage gegen die SG Sonnenhof Großaspach kam. Viel zu sagen gab es ja nicht, jeder der gut eintausend Zuschauer hatte es gesehen. Aber Fußball-Trainer, die ja auch Menschen sind, sollen Gründe nennen. Die, die ganze Woche über mit der Mannschaft arbeiten, an Abläufen und Mannschaftsprozessen feilen, sich mit dem Portfolio jedes Spielers beschäftigen - die zwar an der Seitenlinie mitspielen, aber eben nicht auf dem Platz sind und keine Entscheidungen treffen. Tore können sie schon gar nicht schießen. Auch keine verhindern.

Wieder einmal war die SGB in Rückstand geraten. Wieder belohnte sie sich nicht für den großen Aufwand, den sie betrieb. Wieder einmal war der Gegner ein Stückchen cleverer, robuster - und er machte das, was im Fußball nun einmal entscheidet: die Tore. Wieder einmal verletzte sich die SGB selbst, indem sie in der Entstehung der Treffer des Kontrahenten und in wichtigen, spiel-entscheidenden Momenten eindeutige Fehler beging. Verhaltensmuster ähneln und wiederholen sich. „In entscheidenden Momenten fehlt uns die Konsequenz“, sagte Cimen, „das ist sehr enttäuschend. Wir müssen da konzentrierter sein. Das schaffen wir nicht, um das Glück auf unsere Seite zu ziehen“. Keine Frage: ärgerlich war der Spielausgang aus Sicht der SGB. Verdammt ärgerlich.

Denn die SGB bot eine starke erste Halbzeit - sagen wir, eine starke erste halbe Stunde. Sehr mutig trat sie auf, war wach in den Zweikämpfen bei tiefem und kräfteraubendem Boden, der Gastgeber arbeitete gut als Team, die letzte Reihe stand hoch, so wie es sein soll. Und sie zwang ihren Gegner wiederholt dazu, zu reagieren. Eine erste Gelegenheit bot sich, als Moritz Dittmann - dieses Mal nicht in der Spitze eingesetzt, sondern auf der rechten Seite - nach einem Angriff über links und weiter Flanke in der Situation blieb, der aufgerückte Innenverteidiger Aaron Frey an den Ball kam in zentraler Position, sein Schuss aber geblockt wurde (9.). Eine „Top-Chance“ - jedenfalls sahen das viele so, weil die Aktion spektakulär war - folgte in Minute 20, und sie stand sinnbildlich für das Engagement der SGB, die aber keinen Lohn dafür erhielt. Über den laufstarken und immens arbeitenden Arcanjo Köhler und den erneut zu selten in torgefährlichen Räumen auftauchenden Leon Pomnitz gelangte die Kugel zu Sebastian Schmitt, der flankte scharf und präzise - und Moritz Reinhards Kopfball lenkte Gästekeeper Maximilian Reule mit einem tollen Reflex über die Latte.

Aber sonst? Die SGB vermochte keinen gefahrbringenden Angriff mehr herauszuarbeiten. Ballgewinne hatte sie einige - allerdings im Mittelfeld, von wo aus der Weg bis zum gegnerischen Tor doch noch ein Stückchen entfernt ist. Pech war zudem im Spiel, als zwei oder drei vertikale Anspiele im Abseits landeten. Dass der Gastgeber nicht mehr verzeichnete, lag auch am Kontrahenten. Großaspach stand defensiv stabil - auf eine gute Innenverteidigung gestützt, um Antonis Aidonis und den sehr präsenten Strategen Arbnor Nuraj. Zudem arbeitete das Zentrum gut. Das Problem: Präsenz, Selbstverständnis und Mut im Spiel mit dem Ball fehlten lange. Nach einer halben Stunde wurde der Gast besser - ohne gut zu sein. Glück aber für die SGB, als nach einer Ecke ein artistischer Fallrückzieher an der Latte landete und der zweite Ball abgepfiffen wurde. In der Nachspielzeit der ersten Hälfte zählte auch ein Abseitstor nicht - nach einem Freistoß und sich anschließendem Kopfball. Das sehr umkämpfte und von der SGB lange leidenschaftlich geführte Duell endete zunächst torlos - Großaspach wirkte eine Spur reifer und abgeklärter.

Im zweiten Abschnitt nahm die Statik des Spiels eine andere Form an. Gästetrainer Pascal Reinhardt erklärte das später so: „In der Halbzeit haben wir etwas in der Struktur geändert. Wir wollten mehr Spieler zwischen die Linien kriegen.“ Und das zeigte - zuvor hatte es gefehlt - Wirkung: Großaspach wurde initiativ, aktiv, gewann mehr Bälle, war oft einen Schritt schneller und wacher in der Situation und bekam Oberwasser. Das sah nicht nach großer Dominanz aus, war aber erkennbar - und es deutete einen Weg an. Die SGB war oft zweiter Sieger, lief hinterher - hatte aber vor dem 0:1 noch zwei gute Offensivaktionen im Abschluss. Zunächst tauchte Reule nach einem Kopfball des gerade erst eingewechselten Tobi Göbel (62.) ab, dann ging Dittmanns Abschluss von der Strafraumgrenze knapp vorbei (65.).

Ehe das Gästeteam das Spiel auf seine Seite zwang. Die SGB verteidigte einen Angriff des Gegners auf ihrer rechten Abwehrseite nicht energisch, Großaspachs fleißiger Luca Molinari flankte - und Michael Kleinschrodt köpfte; das heißt er stieg hoch, gewann das Duell in der Luft gegen einen SGB-Spieler und traf zum 0:1 (67.). Gut 70 Minuten waren vorüber, als Daniyel Cimen nochmals offensiv wechselte - und alles versuchte. Besso und Pourié kamen, Letztgenannter und Göbel bildeten die Spitze, die Vierer- wurde zur Dreierkette. Für die SGB war es so leicht nicht, zurückzukommen. Der Rückstand schien wie ein Schock zu wirken, „es war ja nicht so, dass er sich angedeutet hätte“, sagte Cimen, „man hat das der Mannschaft aber schon angemerkt“. Gleichwohl sah er diesbezüglich Verbesserungsbedarf. „Das ist schon ein Punkt, den wir uns ankreiden müssen. Wir wollten nach den letzten Wechseln auch zu mehr Flanken aus dem Halbfeld kommen.“

Doch den zweiten und spielentscheidenden Treffer erzielten die Gäste. 85 Minuten waren vorüber, als Kleinschrodt ein zweites Mal traf. Über den rechten Halbraum wurde er ins Spiel gebracht - die SGB verteidigte ihren Rückraum im Zentrum nicht gut, Kleinschrodt wurde ins Spiel gebracht und war frei durch. Apropos Kleinschrodt: Der war der bessere Eisele an diesem Tag. Normalerweise ergänzen sich beide sehr gut, Eisele gilt als lauernder, mit Spielverständnis und Torriecher ausgestatteter Angreifer; am Samstag aber führte Kleinschrodt sein Team zum Sieg.

Selbst jetzt gab die SGB nicht auf. Der eingewechselte David Siebert, der manch gute Idee hatte, setzte Dittmann ein - und dessen mit letztem Einsatz gebrachte Eingabe wehrte Aidonis beim Rettungsversuch mit der Hand ab. Sei die Auslegung heute wie sie sei - Marvin Pourié nutzte den Elfer zum späten Anschluss. Und da war sie ja noch, die Chance zum 2:2 für die SGB: Göbels nicht mal eben leicht zu haltenden Kopfball fischte Reul irgendwie raus, hielt den Sieg für sein Team fest, und auch Nick Bergers zweiten Versuch wehrten die Gäste ab. Direkt danach war Schluss. Großaspach hatte nach einer Steigerung im zweiten Abschnitt verdient gewonnen. Als besseres, weil stabileres Team, das besser zusammenarbeitete. Gerade in engen Räumen.

Dass die SGB punktemäßig auf der Stelle tritt, das spiegelte sich schon in den jüngsten Wochen wider. Jetzt aber besitzt sie nur noch ein Pünktchen Vorsprung auf den Viertletzten TSG Balingen; jeder weiß, dass man sich vom viertletzten Rang tunlichst fernhalten sollte, könnte dies doch ein Platz sein am Ende der Serie, der nicht mehr den Klassenerhalt, sondern den Abstieg bedeutet. Mag man der SGB - allen Verantwortlichen, dem Trainer und der Mannschaft - nur zurufen: Ruhe bewahren, innen und außen sowie Kopf hoch.

SG Barockstadt: Duda - Kraft, Habermehl, Frey, Schmitt (71. Besso) - Ivankovic, Pomnitz (86. Berger), Arcanjo Köhler (57. Göbel), Dittmann, Korzuschek (71. Pourié), Reinhard (57. Siebert)

SG Großsapach: Reule - Rahn, Aidonis, Nuraj, Molinari (90.+3 James), Celiktas, Mistl (62. Tasdelen), Kunde, Maier (90.+3 Pollex, Eisele (81. Stoppel), Kleinschrodt

Schiedsrichter: Dominik Genthner

Tore: 0:1 Michael Kleinschrodt (67.), 0:2 Michael Kleinschrodt (86.), 1:2 Marvin Pourié (87., Handelfmeter)

Zuschauer: 1.070 +++ rl


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