Seehofer fordert härtere Gangart gegen Erdogan

Türkische Gemeinde in Deutschland begrüßt Gabriels offenen Brief

Horst Seehofer (CSU)
Horst Seehofer (CSU)

München. Der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer verlangt eine noch härtere Gangart gegen den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. „Ich unterstütze die Maßnahmen der Bundesregierung, halte aber noch mehr für notwendig, um unsere politische Ernsthaftigkeit unter Beweis zu stellen“, sagte Seehofer der „Welt am Sonntag“. „Wir sollten beispielsweise auch die finanziellen Hilfen an die Türkei, die in Zusammenhang mit dem EU-Beitrittsverfahren stehen, einstellen.“ Es gehe dabei immerhin um knapp 4,5 Milliarden Euro bis zum Jahr 2020. „Auch eine Reisewarnung ist je nach weiterer Entwicklung im Auge zu behalten.“ „Auf jeden Fall ist für mich klar, dass sich eine EU-Vollmitgliedschaft endgültig erledigt hat“, sagte Seehofer. „Was in der Türkei seit Monaten geschieht, ist inakzeptabel und unerträglich. Ich habe immer für Besonnenheit geworben – auch im Interesse der Inhaftierten dort. Aber die Lage hat sich nur verschlimmert. Deswegen muss man jetzt ein Stoppschild setzen.“ Er fürchte nicht, dass Erdogan im Gegenzug das Flüchtlingsabkommen mit der EU aufkündigen könnte. „Aber selbst wenn es so wäre, müsste die EU vernünftig reagieren und den betroffenen Staaten dann helfen. Das gehört zu den Risiken, wenn man einem Nicht-EU-Land den Schutz der EU-Außengrenzen quasi überträgt.“

Türkische Gemeinde in Deutschland begrüßt Gabriels offenen Brief

Die Türkische Gemeinde in Deutschland hofft nach dem offenen Brief von Bundesaußenminister Sigmar Gabriel an die türkeistämmigen Bürger im Land auf einen größeren Zusammenhalt in der deutschen Gesellschaft. „Die Türkische Gemeinde in Deutschland begrüßt die versöhnenden Worte des Außenministers Sigmar Gabriel“, sagte der Bundesvorsitzende Gökay Sofuoglu der Welt am Sonntag. „In der jetzigen Situation ist es richtig, Dialogbereitschaft zu zeigen. Es ist ein positives Signal an die türkische Community.“ „Die Anerkennung und politische Repräsentation von türkeistämmigen Menschen wurde viel zu lang vernachlässigt und ist längst überfällig. Wir würden uns wünschen, dass wir in dieser Krise näher zusammenrücken. Der Außenminister hat einen Anfang gemacht“, lobte Sofuoglu. „Wir dürfen uns hier in Deutschland nicht auseinandertreiben lassen. Der Fokus der türkeistämmigen Menschen muss sich auf Deutschland richten. Unsere Forderungen für bessere Bildungschancen, gerechtere Löhne und die Abschaffung von institutionellem Rassismus können nur hier erstritten werden.“ Außenminister Gabriel hatte den in Deutschland lebenden Türken seine Wertschätzung signalisiert. Seine angekündigte Neuausrichtung der deutschen Türkei-Politik richte sich nicht gegen die Menschen in der Türkei und nicht gegen die Mitbürger mit türkischen Wurzeln in Deutschland, schrieb der SPD-Politiker in einem offenen Brief, den die „Bild“-Zeitung in deutscher und türkischer Sprache veröffentlichte. +++