
Mit einer bewegenden Gedenkfeier haben das Regierungspräsidium Kassel und die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck am Sonntag an den vor sechs Jahren ermordeten Regierungspräsidenten Dr. Walter Lübcke erinnert. Rund 250 Gäste versammelten sich in der Kasseler Martinskirche, um das Andenken an den CDU-Politiker zu ehren, der am 2. Juni 2019 von einem Rechtsextremisten getötet wurde.
In ihrer Ansprache würdigte Bischöfin Dr. Beate Hofmann Lübckes „beherzten und ermutigenden Einsatz für Demokratie, Vertrauen und Zusammenhalt“. Sie rief dazu auf, Demokratie nicht als Selbstverständlichkeit zu betrachten, sondern aktiv für deren Werte einzustehen: „Die Demokratie braucht eine Streitkultur in gegenseitiger Achtung, angstfreiem Dialog und einem gemeinsamen Ringen um die besten Lösungen.“ Kompromisse seien kein Zeichen von Schwäche, sondern von politischer Klugheit.
Auch die Rolle der Kirche hob Hofmann hervor. Diese trage zur Demokratie bei, indem sie Räume für Begegnung schaffe und Menschen in ihren Gremien demokratische Spielregeln nahebringe. Christliche Werte wie Nächstenliebe, Respekt und Gewaltfreiheit seien untrennbar mit einem friedlichen gesellschaftlichen Miteinander verbunden.
Die Veranstaltung wurde musikalisch vom Chor des Regierungspräsidiums begleitet. Junge Auszubildende und Anwärterinnen sowie Anwärter der Behörde trugen persönliche Gedanken über Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie vor – als „Stimme der Zukunft“, wie sie genannt wurden. Sie setzten ein deutliches Zeichen gegen Hass und für die Werte, die Walter Lübcke zu Lebzeiten vertreten hatte.
Regierungspräsident Mark Weinmeister, Lübckes Nachfolger und langjähriger Freund, erinnerte an die tiefe Zäsur, die dessen Ermordung für die Gesellschaft bedeutete. „Walter Lübcke wird nicht vergessen sein, sein Andenken wird weiterleben“, sagte er. Besonders hob Weinmeister das Engagement der jungen Mitarbeitenden hervor: „Sie tragen die Werte von Walter Lübcke weiter. Dafür danke ich ihnen von Herzen.“
Ein symbolischer Moment rundete die Gedenkfeier ab: Auf dem Martinsplatz ließen die Teilnehmer bunte Luftballons mit Postkarten in den Himmel steigen. Wer eine dieser Karten findet, kann über Social Media Kontakt mit dem Regierungspräsidium aufnehmen und ein eigenes Zeichen im Sinne der Aktion „Haltung zeigen!“ setzen.
Seit 2020 ruft die Osannaglocke der Martinskirche jedes Jahr am 2. Juni zur Erinnerung an Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und inneren Frieden. Als größte Glocke des Gotteshauses wird sie nur zu besonderen Anlässen geläutet – ein akustisches Mahnmal gegen das Vergessen. Die jährliche Gedenkfeier geht auf eine Initiative von Pfarrer Dr. Willi Temme zurück.
Walter Lübcke hatte sich stets für eine offene Gesellschaft und ein respektvolles Miteinander eingesetzt. Sein gewaltsamer Tod bleibt ein Mahnmal – und zugleich ein Auftrag: Demokratie braucht Menschen, die für sie einstehen. +++
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