Berlin. Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) gibt der deutschen Wirtschaft eine Mitschuld an der niedrigen Geburtenrate. „Ganz viele haben zwar einen Kinderwunsch, realisieren ihn aber nicht, weil sie in der Arbeitswelt an Hürden stoßen“, sagte Schwesig der „Bild am Sonntag“. „Befristete Arbeitsverträge wirken stärker auf die Geburtenrate als die Pille. Wer sich von Jahresvertrag zu Jahresvertrag hangelt, traut sich oft nicht, sich für ein Kind zu entscheiden.“
Die Zahl grundlos befristeter Jobs sei seit 2001 auf 1,3 Millionen gestiegen. Die Ministerin forderte die Wirtschaft auf, befristete Beschäftigung nur noch dann zu machen, wenn es einen Sachgrund gebe, also zum Beispiel eine Schwangerschaftsvertretung. Den derzeitigen Umgang mit unbefristeten Arbeitsverhältnissen hält die Ministerin für familienfeindlich: „Leider ist es heutzutage auch möglich, ohne Grund zu befristen. Die Unternehmer müssen mehr Rücksicht nehmen auf die Belange von Familien. Vollzeit arbeiten, am besten über Handy und Mails rund um die Uhr zur Verfügung stehen, sich gleichzeitig um Kinder und pflegebedürftige Eltern kümmern – das bringt Familien an die Grenze ihrer Belastung. Es wäre ein Riesenfortschritt, wenn in der Arbeitswelt auf Familienzeiten geachtet würde.“
Um berufstätige Frauen zu entlasten, will Schwesig die Vereinbarkeit von Familie und Beruf mit Hilfe eines 100-Millionen-Euro-Programms für Kitas mit langen Öffnungszeiten stärken: „Wir können es den Familien wesentlich einfacher machen, wenn es endlich in ganz Deutschland Kitas und Ganztagsschulen geben würde. Ich will jetzt mit einem 100-Millionen-Euro-Programm Kitas mit Öffnungszeiten am Abend, in der Nacht und früh morgens ausbauen.“ Hätte sie ein unbegrenztes Budget zur Verfügung, würde Schwesig in der Familienpolitik drei Projekte umsetzen: „Deutschlandweit gebührenfreie Kitas und Ganztagsschulen. Eine 32-Stunden-Woche für Eltern als Familienarbeitszeit mit einer kleinen Finanzspritze vom Staat. Ein moderneres Steuerrecht, was alle Familien besser unterstützt und nicht nur einseitig auf das Ehegattensplitting setzt.“ +++ fuldainfo