Scholz: Wesentliche Forderungen im Landesentwicklungsplan nicht berücksichtigt

Landrat kündigt erneute „klare Positionierung“ an

Landrat Thorsten Stolz

Landrat Thorsten Stolz zeigt sich „absolut unzufrieden“ mit den vorgenommenen Änderungen im Landesentwicklungsplan und kann die Entscheidungen, die offenbar am „Grünen Tisch“ gefallen sind, nicht nachvollziehen. „Das Land Hessen verpasst hier die Chance eine kontinuierlich wachsende Region wie den Main-Kinzig-Kreis und die jeweiligen Städte und Gemeinden strategisch, vorausschauend und klar zu positionieren“, mit diesen deutlichen Worten meldet sich Landrat Thorsten Stolz zu den durch den hessischen Wirtschaftsminister Al-Wazir vorgelegten Änderungen zum Entwurf des Landesentwicklungsplans zu Wort. Neben den Städten und Gemeinden im Main-Kinzig-Kreis hatte sich auch der Landkreis selbst in einer klaren Stellungnahme im Sinne der bisherigen Entwicklung und künftigen Ausrichtung des einwohnerstärksten hessischen Landkreises in das Verfahren eingebracht.

Konkrete Forderungen waren unter anderem die Einstufung der Stadt Nidderau als Mittelzentrum, für die Städte Langenselbold und Erlensee ein Mittelzentrum in Kooperation, eine Zuordnung der wirtschaftsstarken Gemeinde Biebergemünd zum verdichteten Raum sowie die Aufstufung der Städte Gelnhausen und Schlüchtern zu „Mittelzentren Plus mit Teilfunktion eines Oberzentrums“. Diese Punkte wurden durch die Änderungen des neuen Landesentwicklungsplans nicht berücksichtigt.

„Vor allem mit der erneuten Nichtberücksichtigung Nidderaus als Mittelzentrum bin ich überhaupt nicht einverstanden. Ebenso wird die Ablehnung der Einstufung der Städte Erlensee und Langenselbold als Mittelzentrum in Kooperation deren tatsächlicher Entwicklung in den zurückliegenden Jahren in keiner Weise gerecht“, macht der Landrat seine Unzufriedenheit mit den vorgelegten Änderungen deutlich. Kritik übt der Landrat auch an der Ablehnung der Anträge der Kreisstadt Gelnhausen und der Stadt Schlüchtern zur Aufstufung zu Mittelzentren mit Teilfunktion Oberzentrum.

Es sei gut, dass Gelnhausen und Schlüchtern als Mittelzentren Plus eingestuft werden, aber hier wurde die Chance verpasst, durch die Berücksichtigung einer „Teilfunktion Oberzentrum“ die beiden zentralen Orte für den Altkreis Gelnhausen und den Altkreis Schlüchtern auch strategisch in der Landesentwicklung zu positionieren. „Hier wünsche ich mir durch das Land mehr Mut, denn das wäre ein klares Bekenntnis zur Stärkung der starken Achse Frankfurt-Fulda gewesen“, so Landrat Thorsten Stolz weiter.

Der Landesentwicklungsplan (LEP) Hessen ist die rechtliche Grundlage der Regionalpläne, die in den Regionalversammlungen und im Regionalverband FrankfurtRheinMain beschlossen werden. Damit ist er auch die wichtigste Orientierung für die künftige Entwicklung der Städte und Gemeinden. Daher kündigt der Landrat an, dass der Landkreis die aktuellen Entscheidungen in Wiesbaden so nicht hinnehmen wird. In der nächsten Beteiligungsrunde in den kommenden Wochen wird sich der Main-Kinzig-Kreis erneut klar zu Wort melden und entsprechend positionieren. „Der Main-Kinzig-Kreis hat sich gut entwickelt und wird dies auch weiterhin tun und genau deshalb gilt es, im neuen Landesentwicklungsplan dafür die Weichen zu stellen. Wir sind ein erfolgreicher Landkreis und das muss auch in den Planungen des Landes zum Ausdruck kommen“, sagt Landrat Thorsten Stolz.

„Das Rhein-Main-Gebiet verfügt vor allem in der östlichen Richtung auf der Achse Frankfurt-Fulda noch über maßgebliches Wachstumspotenzial“, erklärt der Landrat. Das deckt sich mit dem Ausbau der Schienenverbindung im Kinzigtal sowie mit dem Vorschlag im Landesentwicklungsplan, den Raum entlang der A66 zwischen Frankfurt und Fulda als Entwicklungsachse abzubilden und damit als verdichteten Raum einzuordnen.

Erlensee und Langenselbold als „Mittelzentrum in Kooperation“

Einen „besonderen Entwicklungsschwerpunkt“ bilden auch die Städte Erlensee und Langenselbold, für die der Kreis eine Festlegung als „Mittelzentrum in Kooperation im Verdichtungsraum“ fordert. Sowohl durch die bedarfs- und nachfragegerechte Bereitstellung von Wohnbauflächen im großen Maßstab als auch durch die sehr erfolgreiche Entwicklung von Gewerbeflächen hat die wirtschaftsräumliche Bedeutung der beiden Kommunen stark zugenommen. „Dies hat bereits einen Ausbau der Infrastruktureinrichtungen zur Folge, für den entsprechend günstige Bedingungen auch landespolitisch zu schaffen sind“, sagt Thorsten Stolz.

„Mehr als überfällig“ ist aus Sicht des Kreises die Einstufung der Stadt Nidderau als Mittelzentrum. Dieser Schritt wird seit Jahren gefordert und begründet, denn die Stadt hat sich im nordöstlichen Rhein-Main-Gebiet zu einem wesentlichen Siedlungsschwerpunkt herausgebildet. „Mit inzwischen deutlich mehr als 20.000 Einwohnern und weiter steigender Tendenz bei sehr aktivem Wohnungsbau und weitreichenden Potenzialflächen kommt Nidderau inzwischen eine neue Zentralitätsfunktion zu, die eine Festlegung als Mittelzentrum mehr als rechtfertigt. Wir werden deshalb hier nicht lockerlassen, um die Landesregierung zu einem Umdenken zu bewegen“, kündigt der Landrat an.

Gute Argumente liefert der Main-Kinzig-Kreis auch für die Einstufung der Städte Gelnhausen und Schlüchtern als Mittelzentren mit Teilfunktionen eines Oberzentrums. „Wir sehen das auch als ein klares Bekenntnis zur Stärkung der Entwicklungsachse Frankfurt/Rhein-Main – Fulda“, erläutert der Landrat. Hier werde in den nächsten Jahren ein überregional deutlich erkennbarer Entwicklungsschwerpunkt rund um die Kreis- und Barbarossastadt Gelnhausen und die Bergwinkelstadt Schlüchtern liegen.

So werden in Gelnhausen bereits zahlreiche Funktionen wahrgenommen, die oberzentrale Bedeutung haben. Dazu gehören die Straßenverkehrsbehörde Hessen Mobil, das Finanzamt mit einer kürzlich erfolgten bedeutenden Erweiterung, der Sitz des Kommunalen Centers für Arbeit, das größte berufliche Bildungszentrum Hessens sowie seit 2005 der zentrale Sitz der Kreisverwaltung.

Bedeutsame Entwicklungsschwerpunkte rund um Gelnhausen und Schlüchtern

Aufgeführt werden außerdem die Main-Kinzig-Kliniken mit einem ständig steigenden Patientenaufkommen und permanent steigender Qualität in der medizinischen Versorgung, die stationäre Hospizeinrichtung seit 2017, das Bildungshaus für lebenslanges Lernen, der fahrgaststärkste Bahnhof zwischen Hanau und Fulda sowie Freizeiteinrichtungen wie Freibad, Hallenbad, Sportstätten, Kino und eine öffentliche Bücherei. Hinzu kommen die künftige Akademie für Gesundheit und Pflege und das Innenstadtprojekt JOH mit einer weiteren Bündelung der Kreisverwaltung und der Einrichtung eines Medienzentrums.

Auch die Bergwinkelstadt Schlüchtern verfügt mit dem Standort der Main-Kinzig-Kliniken mit den Schwerpunkten Psychiatrie, Geriatrie und Palliativmedizin sowie bedeutenden Bildungsangeboten über weitrechnende Funktionen über die Kreisgrenzen hinaus. Auch die Ökologische Forschungsstation mit rund 140 betreuten Examens-, Diplom- und Doktorarbeiten, das Hallenbad und Freibad mit 50-m-Becken, das Bergwinkelmuseum und die Stadthalle mit 500 Sitzplätzen und Theaternutzung sind hervorzuheben. Perspektivisch stehen weitere Projekte mit oberzentraler Bedeutung an: Campuseinrichtung mit Kongress- und Seminarzentrum, Internat, Büros und Multifunktionshalle für Sport und Events, Kleinmarkthalle für die Nahversorgung, ein Haus der Geschichte in der ehemaligen Synagoge, Kultur- und Begegnungszentrum mit kommunalem Kino sowie eine neue Rettungswache.

„Diese Gesamtbetrachtung führt dazu, dass wir mit den aktuellen Entscheidungen zu den Änderungen im Landesentwicklungsplan nicht zufrieden sein können. Dies werden wir jetzt auch sehr deutlich zum Ausdruck bringen und ich hoffe, dass das Land mit dem Kreis, aber insbesondere mit den jeweiligen Städten das direkte Gespräch sucht und nicht nur schriftliche Stellungnahmen abruft“, erklärt Landrat Thorsten Stolz in einer Mitteilung abschließend. +++