Scholz dringt auf weitreichende Ausnahmen von Corona-Beschränkungen

Hausärzteverband verlangt Impfkonzepte für Jüngere

Olaf Scholz (SPD)

Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) dringt auf weitreichende Ausnahmen von den Corona-Beschränkungen. „Geimpfte müssen die gleichen Möglichkeiten haben wie Genesene und frisch Getestete“, sagte der SPD-Kanzlerkandidat den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Ihm sei wichtig, dass sich eine entsprechende Verordnung des Bundes streng an den Grundrechten orientiere. Einschränkungen der Handlungsfreiheit seien nur gerechtfertigt, wenn sie dem Schutz der eigenen Gesundheit und der anderer Bürger dienten. „Wo das nicht der Fall ist, sehe ich wenig Grundlagen für Beschränkungen.“

Als Beispiel nannte Scholz die Ausgangssperren. „Das Infektionsschutzgesetz sieht bereits Ausnahmen von den Ausgangsbeschränkungen vor: für diejenigen, die Angehörige betreuen, von der Arbeit kommen oder Sport machen zwischen 22 und 24 Uhr“, sagte er. „Um Ausnahmen für Personen, die niemanden gefährden, weil sie vollständig geimpft sind, wird man da nicht herumkommen. Die  Argumente, die dagegen ins Feld geführt werden, überzeugen mich nicht.“ Bei der Maskenpflicht wird es allerdings bleiben, wie der Finanzminister deutlich machte. „Wir werden wohl noch länger Abstands- und Hygieneregeln beachten müssen. Das hört nicht von einem Tag auf den anderen auf, auch nicht für die Geimpften, denn ein Restrisiko bleibt bestehen“, sagte er. „Selbst wenn Geschäfte, Restaurants und Hotels wieder offen sind, wenn Kultur- und Sportveranstaltungen wieder stattfinden können, wird es noch Regeln geben zum Schutz für uns alle, die wir zu beachten haben.“ Skeptisch zeigte sich Scholz mit Blick auf Großveranstaltungen wie das Münchner Oktoberfest. Für das Oktoberfest spreche „noch nicht sehr viel“, sagte er den Funke-Zeitungen. „Große Menschenmengen auf engstem Raum sollten wir uns erst mal noch verkneifen.“ Es sei wichtig, bei den Öffnungen schrittweise vorzugehen, „sonst würden wir den Weg aus dieser vermaledeiten Pandemie nur verlängern“.

Saar-Regierungschef: Geimpfte von Beschränkungen ausnehmen

Saar-Ministerpräsident Tobias Hans dringt auf rasche Ausnahmen von den im Infektionsschutzgesetz verankerten Corona-Maßnahmen. „Die weitgehenden Grundrechtseinschränkungen dürfen kein Dauerzustand werden“, sagte der CDU-Politiker den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Vollständig Geimpfte und von Corona Genesene von privaten Kontakt- und nächtlichen Ausgangsbeschränkungen auszunehmen, halte ich für vernünftig und rechtlich auch geboten.“ Wenn wissenschaftlich nachgewiesen sei, dass von vollständig Geimpften und Genesenen keine besondere Gefahr mehr für andere ausgehe, „dann müssen wir diesen Menschen ihre im Grundgesetz verbrieften Freiheitsrechte auch wieder zurückgeben“, forderte Hans. Das Saarland hatte Geimpfte und von Corona Genesene bereits am Freitag mit negativ Getesteten gleichgestellt, etwa beim Zugang zum Einzelhandel. Es sei gut, dass „jetzt auch Bundespläne auf dem Tisch liegen“, so Hans. Diese sollten in dieser Woche i  n Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden.

Hausärzteverband verlangt Impfkonzepte für Jüngere

Der Deutsche Hausärzteverband fordert schnellstmöglich Impfkonzepte für Jüngere. Man beobachte, dass viele jüngere Menschen „nach mehr als einem Jahr im gefühlten Dauer-Lockdown und unter dem Eindruck der Perspektiv- und Aussichtslosigkeit rebellieren“, sagte der Bundesvorsitzende Ulrich Weigeldt dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. Darunter seien auch viele jüngere Menschen mit Migrationshintergrund. Sie seien immer weniger bereit, sich an Quarantäne- oder Hygieneregeln zu halten. „Sie haben, auch weil viele von ihnen in großen Familien unter prekären Wohnverhältnissen leben, ein sehr hohes Risiko, das Virus weiterzugeben, und zugleich hatten und haben sie in der Pandemie extreme Einschränkungen zu erdulden“, sagte Weigeldt dem RND. „Umso wichtiger ist es, sie jetzt zu motivieren und ihnen zu signalisieren, dass sich aus einer Impfung für sie sehr klare Vorteile ergeben, dass sie ihre Grundrechte zurückbekommen und vor allem ihr Leben in Freiheit.“ Er beobachtet aber auch, dass viele sozial Benachteiligte und Migranten Impfangebote dankend annehmen. „Wer schon vor der Pandemie regelmäßig Kontakt zu einem Hausarzt hatte, wer also bereits gut in die medizinische Versorgung integriert war, der meldet sich auch jetzt eher und ist leichter zu erreichen.“ Doch noch mangele es an Impfstoff. „Das ist wahrlich kein Problem der Hausärzte oder der Migranten, sondern einzig der Politik.“ +++