Die Entscheidung des Familienunternehmer-Verbands, sich für Gespräche mit der AfD zu öffnen, stößt auf scharfe Kritik. "Die AfD ist kein Partner für den Mittelstand", sagte die Bundesvorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT), Gitta Connemann (CDU), dem "Handelsblatt".
"Denn ihr Programm und ihre Haltung schaden dem Standort Deutschland massiv." Sie verwies auf zentrale Risiken für exportorientierte Unternehmen. "Eine nationalistische Wirtschaftspolitik à la AfD würde diese Exporte torpedieren, Lieferketten und Arbeitsplätze zerstören." Ebenso wäre eine Abkehr von Europa und der Ausstieg aus dem Euro für die Betriebe kontraproduktiv.
Der Ökonom Marcel Fratzscher warnte davor, die AfD als normale Partei zu behandeln. Dies "könnte erheblichen Schaden für die deutsche Wirtschaft im Ausland wie im Inland anrichten", sagte der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) dem "Handelsblatt". Verbände und Unternehmen dürften nicht "auf ihren kurzfristigen ökonomischen Nutzen schauen", sie müssten vielmehr "politisch wie gesellschaftlich klare Positionen beziehen und diese öffentlich und sichtbar kommunizieren".
Deutliche Vorbehalte äußerte auch der Unternehmer Martin Herrenknecht. "Die Brandmauer in dieser Situation aufzuweichen, halte ich für das falsche Signal", sagte der Tunnelbauunternehmer dem "Handelsblatt". Man solle "einen kühlen Kopf bewahren" und sorgfältig prüfen, welche Gesprächsformate man zulasse. Herrenknecht kritisierte in diesem Zusammenhang auch die Politik der Bundesregierung. "In der Debatte rund um die Rentenreform zeigt sich einmal mehr, wie schnell politische Unsicherheit Raum für radikale Kräfte schafft", sagte er. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) "steht unter Druck, die Koalition wirkt ideenlos und instabil".
Grüne kritisieren Annäherung von Familienunternehmer-Verband an AfD
Die stellvertretenden Vorsitzenden der Grünen-Bundestagsfraktion Konstantin von Notz und Andreas Audretsch haben den Schwenk des Verbandes der Familienunternehmer zur Gesprächsbereitschaft mit der AfD kritisiert. "Eine gesichert rechtsextreme Partei, vor der unsere Sicherheitsbehörden vehement warnen, kann kein Gesprächspartner für Demokratinnen und Demokraten sein", sagten sie dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland" und fügten mit Blick auf die Präsidentin des Verbandes, Marie-Christine Ostermann, hinzu: "Wir sind der festen Überzeugung, dass Frau Ostermann mit ihren Aussagen ihre persönliche politische Agenda betreibt und nicht für die große Mehrheit der Familienunternehmen spricht."
Von Notz und Audretsch ergänzten: "Die rund 6.500 Unternehmen, die im Verband organisiert sind, sollten sich sehr ernsthaft überlegen, ob Frau Ostermann als Vorsitzende des Verbandes tatsächlich in ihrem Namen einer solchen gefährlichen Relativierung und Entwicklung das Wort redet. Insofern erhoffen und erwarten wir eine Korrektur dieser jüngsten, geschichtsvergessenen Aussagen."
Extremismus zu bekämpfen und den liberalen Rechtsstaat zu verteidigen, sei jedenfalls Aufgabe der gesamten Gesellschaft. Und gerade die deutsche Geschichte zeige, dass der Wirtschaft hierbei eine zentrale Rolle zukomme, so die Grünen-Politiker. Viele deutsche Unternehmen seien im Übrigen ein Bollwerk gegen den Rechtsextremismus. "Sie wissen, dass wir nur mit internationalen Fachkräften, mit Vielfalt, Offenheit und den besten Ideen aller eine Chance haben, auch künftig erfolgreich zu sein." +++

Hinterlasse jetzt einen Kommentar