Schäuble gesteht Fehler bei Wiedervereinigung ein

Wolfgang Schäuble (CDU)
Wolfgang Schäuble (CDU)

Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) hat Fehler beim Wiedervereinigungsprozess eingestanden. "Wir haben uns zu wenig in die Menschen, die 40 Jahre lang in einem anderen Teil Deutschlands gelebt haben, und auch in diesen anderen Staat, hineinversetzt", sagte der einstige bundesdeutsche Verhandlungsführer beim Einigungsvertrag dem "Tagesspiegel am Sonntag". Man habe nicht hinreichend verstanden, was für ganz andere Erfahrungen die Ostdeutschen hatten. "Man lernt zunehmend als Westdeutscher, dass wir 1990 offenbar geglaubt haben, wir wüssten, wie`s geht. Bei uns hat die Demokratie ja wunderbar funktioniert."

Sabine Bergmann-Pohl (CDU), die Präsidentin der ersten und letzten frei gewählten DDR-Volkskammer und damit auch das letzte Staatsoberhaupt des untergegangenen Landes, entgegnete: "Sie müssen sich einfach in Menschen hineinversetzen, die vorher unter einer Käseglocke gelebt haben, wo der Staat alles für sie geregelt hat. Das veränderte sich bruchartig 1990." Die Menschen seien in die Freiheit entlassen worden und "nicht darauf vorbereitet" gewesen. "Nur kann ich nicht mehr hören, wenn mir Leute sagen, es hätte damals langsamer gehen müssen, man hätte Menschen vorbereiten müssen. Alles Quatsch." Bezogen auf die Flüchtlingskrise sagte Bergmann-Pohl der Zeitung: "Es gibt gute Argumente, warum wir nicht alle Flüchtlinge aufnehmen können. Es gibt so viele Gutmenschen bei uns, die sich von heute auf morgen eine bessere und schönere Welt wünschen." Aber man lebe "nicht auf Wolke sieben".

Auf die Frage nach dem gegenwärtigen Zustand der Presse sagte Schäuble: "Es gibt in der öffentlichen Meinung, auch in der veröffentlichten, schon einen starken Trend zum Mainstream. Das hat mit der unglaublichen Fülle von Informationen und dem Informationswettlauf zu tun." Da werde die Auswahl, welche Nachrichten er wahrnehme und aufnehme, immer schwieriger. "Aber es braucht einen Fokus." Dabei zu helfen bleibe die Aufgabe der Presse. "Sachlich gegen skandalös - man muss versuchen, Widerstandskräfte zu mobilisieren, wenn man da nicht im Mainstream enden möchte." +++


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2 Kommentare

  1. Schäuble übt Selbstkritik. Das ist lobenswert. Es sei hier angemerkt, dass er damals an vorderster Front stand, als es galt, den Einigungsvertrag innerhalb weniger Wochen auszufertigen. Und das war für mich nach wie vor eine der größten Leistungen dieses Mannes. Davor habe ich heute noch größten Respekt. - Die Kritik an den Medien ist sehr berechtigt. Alle schreiben nur das Gleiche; niemand traut sich, vom Mainstream abzuweichen. Auch die Schreiber in den Redaktionsstuben scheinen nur noch geduckt durch das Büro zu kriechen. Gibt es denn wirklich keine anderen Fakten, als diejenigen, die uns die Regierung erzählt? - Warum wird über Deutschland in der ausländischen Presse ganz anders berichtet, als wir es hier tagtäglich serviert bekommen?

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