Rudolph: Selbstgerechtigkeit von Ziegler-Raschdorf Schlag ins Gesicht vieler

FDP: Warum wurde Ehrenamt während der Krise zum hauptamtlichen Posten?

Günter Rudolph (SPD)

Die Beauftragte der Landesregierung für Heimatvertriebene und Spätaussiedler, Margarete Ziegler-Raschdorf (69, CDU) äußert sich in der heutigen Ausgabe der BILD-Zeitung zu ihrem Gehalt. Erwartungsgemäß hält Frau Ziegler-Raschdorf es für angemessen, dass sie für dieselben Aufgaben, die sie zehn Jahre lang ehrenamtlich mit einer Aufwandsentschädigung von 1.000 Euro pro Monat übernommen hatte, nun 7.600 Euro monatlich bekommt. Die Zeitung zitiert die Beauftragte mit den Worten „Manchmal habe ich gedacht: ‚Du wirst ganz schön ausgenutzt‘.“

Dazu sagte heute der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion im Hessischen Landtag, Günter Rudolph: „Den Äußerungen der Beauftragten kann man entnehmen, dass sie die Vervielfachung ihrer Bezüge als späten, aber gerechten Lohn empfindet. Die Aussage, sie habe sich als ehrenamtliche Beauftragte ‚ausgenutzt‘ gefühlt, offenbart neben einer gehörigen Portion Selbstmitleid vor allem, dass Frau Ziegler-Raschdorf das Wesen des Ehrenamtes nicht verstanden hat: Ein Ehrenamt übernimmt man, um freiwillig und ohne materielle Gegenleistung der Gesellschaft zu dienen. Man tut das entweder aus Überzeugung und persönlichem Engagement oder man tut es gar nicht. Die Selbstgerechtigkeit von Frau Ziegler-Raschdorf ist ein Schlag ins Gesicht der vielen, vielen Menschen, die sich in Hessen jeden Tag zusätzlich zu ihrem Beruf ehrenamtlich engagieren und damit unsere Gesellschaft zusammenhalten – zum Beispiel bei den Tafeln, bei der Freiwilligen Feuerwehr oder in der Kommunalpolitik. Deren Zorn auf die CDU-Vetternwirtschaft im Innenministerium ist nur zu verständlich.“ Von Innenminister Peter Beuth (CDU) forderte Rudolph eine detaillierte Darstellung der zusätzlichen Arbeitsbelastungen, denen die Landesbeauftragte für Heimatvertriebene und Spätaussiedler angeblich ausgesetzt sei. „Bisher gibt es keinen Hinweis darauf, dass sich mit der Bezahlung auch der Arbeitsumfang von Frau Ziegler-Raschdorf verachtfacht hat“, sagte Günter Rudolph.

FDP: Warum wurde Ehrenamt während der Krise zum hauptamtlichen Posten?

Yanki Pürsün, sozialpolitischer Sprecher der Fraktion der Freien Demokraten im Hessischen Landtag, will in der nächsten Sitzung des Unterausschusses für Heimatvertriebene, Aussiedler, Flüchtlinge und Wiedergutmachung zur Personalie der Vertriebenen-Beauftragten nachhaken: „Bislang ist noch nicht deutlich geworden, was das Gehalt von Margarete Ziegler-Raschdorf von 7600 Euro monatlich rechtfertigt. Deswegen werden wir gezielt nachhaken, welche Aufgaben Frau Ziegler-Raschdorf wahrnimmt und welchen Umfang diese haben“, kündigt Pürsün an. Die Christdemokratin Ziegler-Raschdorf hatte den Posten zuvor ehrenamtlich inne und hat dafür eine monatliche Aufwandsentschädigung von 1000 Euro bekommen. „Wenn man sich entscheidet, einen Posten von einem Ehrenamt in ein Hauptamt umzuwandeln, sollte man das umsetzen, wenn auch ein personeller Wechsel bevorsteht“, schlägt Pürsün vor. „Das ist in jedem Fall sauberer.“ Pürsün stellt zudem infrage, warum die Beauftragte während der Pandemie ihr Hauptamt angetreten hat. „Die hauptamtliche Stelle war zwar 2019 beschlossen worden, wurde aber erst 2020 während der Corona-Krise angetreten. Warum dieser Wechsel ausgerechnet dann umgesetzt wird, wenn aufgrund der Corona-Krise kaum Termine wahrzunehmen sind, erschließt sich uns nicht. Immerhin hat Frau Ziegler-Raschdorf in einem Interview selbst zugegeben, dass zahlreiche Sitzungen nicht stattfinden konnten“, erklärt Pürsün.

Ziegler-Raschdorf ist nicht verbeamtet

Auf Nachfrage im Hessischem Ministerium des Innern und für Sport hieß es: Die Koalitionsfraktionen von CDU Hessen und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben sich aufgrund des jeweils enormen Arbeitsaufwandes darauf verständigt, die Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderungen, für barrierefreie IT, für Heimatvertriebene und Spätaussiedler sowie für Kinder- und Jugendrechte in Hessen hauptamtlich auszugestalten. Auch im Bund sowie in anderen Bundesländern (bspw. Bayern) nehmen die Landesbeauftragen für Heimatvertriebene und Spätaussiedler diese Aufgaben hauptamtlich wahr. Die Aufwertung der Stabsstelle der Landesbeauftragten für Heimatvertriebene und Spätaussiedler ist Inhalt des Koalitionsvertrags und wurde sowohl von den Regierungsfraktionen als auch vom Kabinett der Hessischen Landesregierung beschlossen. Es handelt sich bei diesem Beschluss um eine bewusste Entscheidung und Schwerpunktsetzung der Landesregierung. Dass Heimatvertriebene und Spätaussiedler feste Ansprechpartner für ihre berechtigten Anliegen haben, ist auch ganz klar ein Zeichen der Wertschätzung für diese Zielgruppe. Ziegler Raschdorf versieht ihr Amt deshalb inzwischen hauptamtlich und erhält eine Bezahlung, die nicht nur dem erheblichen Arbeitsaufwand, sondern auch der Bedeutung dieses Amtes Rechnung trägt. Es geht hier nicht um Gehaltssprünge für eine Einzelne, sondern ein insgesamt verstärktes Engagement des Landes Hessen. An das Schicksal der Opfer von Flucht, Vertreibung und Deportation zu erinnern und die Kultur der Vertreibungsgebiete zu bewahren, zu sichern und im Bewusstsein der Bevölkerung zu erhalten, ist für die Landesregierung nicht nur eine durch Paragraph 96 Bundesvertriebenengesetz auferlegte gesetzliche Verpflichtung, die übrigens in ganz Deutschland gilt, sondern eine ganz bewusste Schwerpunktsetzung. Die Beauftragte kann sich dabei auf ein fünfköpfiges Team in der Stabsstelle verlassen und nimmt die Funktion einer Referatsleitung wahr, die in hessischen Ministerien bis zur Besoldungsstufe B2, in Ausnahmenfällen (Stellvertretung der Abteilungsleitung) auch bis B3 besoldet werden kann. Ziegler-Raschdorf wurde für die hauptamtliche Tätigkeit nicht verbeamtet. Sie ist als Tarifbeschäftigte des Landes mit einem Arbeitsvertrag beschäftigt, der bis zum Ende der Legislaturperiode befristet ist. Die Eingruppierung der Landesbeauftragten ist außertariflich auf Basis einer Festvergütung, deren Höhe sich an der Besoldung der Besoldungsgruppe B 2 anlehnt. Einige Bundesländer haben hauptamtliche Beauftragte, andere haben ehrenamtliche oder verstehen die Anliegen der Vertriebenen als Querschnittsaufgabe. Hessen hat hier eine bewusste Entscheidung getroffen: Wir wollen nicht, dass die Erinnerung und der damit verbundene Kulturschatz verlorengehen. 30 Prozent der hessischen Bürgerinnen und Bürger sind über die familiäre Herkunft von Vertreibung und Aussiedlung betroffen. Aufgrund des demographischen Wandels und des Schwindens der „Erlebnisgeneration“ sind künftig verstärkte Anstrengungen nötig, um die Kultur der Vertreibungsgebiete als Teil des kulturellen Erbes zu erhalten und dauerhaft zu sichern. Die Stabsstelle ist ebenfalls für Zehntausende Spätaussiedler Ansprechpartnerin, die in den letzten Jahrzehnten nach Hessen gekommen sind. Sie willkommen zu heißen und bei der Integration zu unterstützen, ist ebenso eine wichtige Aufgabe der die Landesregierung mit der Stabsstelle nachkommt. +++